Nachdem wir im letzten Ableger der diesjährigen KAZÉ Anime Nights noch dem legendären Meisterdieb Lupin III. auf einem spannenden Abenteuer gefolgt sind, wird es diesmal romantisch. In „Josie, der Tiger und die Fische“ erleben wir eine berührende Liebesgeschichte mit Freude, Drama und dem Streben nach Träumen.
Ein emotionales Charakterdrama
Zunächst lernen wir den Studenten Tsuneo kennen, der in seiner Freizeit verschiedene Nebenjobs hat. Diesen geht er nicht nur nach, weil er unbedingt Geld braucht, sondern auch, weil er einen Traum hat, den er sich unbedingt erfüllen will. Er möchte in Mexiko weiter Meeresbiologie studieren und dort mit den Fischen tauchen. Sein Leben soll sich jedoch für immer verändern, als ihm auf dem Nachhauseweg eine junge Frau namens Kumiko in die Arme fliegt.
Ihr Rollstuhl ist eine steile Straße heruntergesaust und Kumikos Großmutter bekam ihn nicht mehr rechtzeitig zu fassen. Zum Dank wird Tsuneo zum Essen eingeladen und bekommt von der alten Frau ein Jobangebot unterbreitet. Fortan hilft er ihrer Enkelin, die Josie genannt werden möchte, etwas im Alltag. Dabei lernen sie sich im Laufe der Zeit immer besser kennen und verstehen. Allerdings soll das Schicksal noch einige Überraschungen für sie bereithalten.
„Josie, der Tiger und die Fische“ lebt in erster Linie von seinen zwei Hauptcharakteren, die sehr gut ausgearbeitet wurden. Beide besitzen starke und recht gegensätzliche Persönlichkeiten, die deshalb anfangs immer wieder aufeinanderprallen und für das eine oder andere Wortgefecht sorgen. So wird ein gutes Fundament für ihre Beziehung gelegt, die im Laufe des Films so manche Hürde nehmen muss. Es fällt leicht, sich beiden Figuren verbunden zu fühlen und beide zeigen wiederholt, dass uns oftmals die vermeintlich kleinen Momenten am stärksten in Erinnerung bleiben.
Selbiges gilt allerdings nicht unbedingt für die Nebenfiguren, die im direkten Vergleich etwas zu kurz kommen. Streng genommen durchläuft nur eine von ihnen sowas wie eine Charakterentwicklung. Darüber hinaus ist die Handlung zwischenzeitlich ziemlich vorhersehbar. Das wollen wir dem Film an dieser Stelle jedoch nicht allzu sehr zum Vorwurf machen, denn dafür sehen wir Geschichten wie diese mit Protagonisten wie Josie im Anime-Bereich viel zu selten.
Träume können Flügel verleihen
Die Tatsache, dass Josie im Rollstuhl sitzt, fügt der Handlung eine einzigartige Perspektive hinzu. Dabei gelingt es den Verantwortlichen gut, uns die Herausforderungen, mit denen sie sich alltäglich konfrontiert sieht, herauszuarbeiten. Sie braucht Hilfe für Dinge, die für die meisten von uns völlig normal sind, etwa beim ein- und aussteigen aus einem Zug. Somit sind einige der traurigsten Augenblicke des Films jene, in denen diese Hindernisse aufgezeigt werden oder in denen die Charaktere erklären, was Unabhängigkeit oder auch (beruflicher) Erfolg für sie wirklich ausmachen.
Gleichzeitig schaffen die Macher es, die junge Protagonistin durchaus eigenständig wirken zu lassen. Sie ist zwar gerne mit Tsuneo zusammen, allerdings ist sie nicht abhängig von ihm und hat, genau wie er, einen Traum, den sie sich trotz aller Widrigkeiten unbedingt erfüllen will. Das ist zugleich das bestimmende Thema des Films, denn beide sehen sich verschiedenen Erschwernissen gegenüber. Von diesen wollen sie sich jedoch um keinen Preis unterkriegen lassen, sondern sich durchbeißen, um ihre Träume eines Tages Wirklichkeit werden zu lassen.
Unterstützt wird die emotional packende Geschichte von wunderschönen Bildern, die im Studio Bones („My Hero Academia“) entstanden sind. Der Film lebt von seinen warmen Farben und seiner wundervollen Pastelloptik. Bezüglich der Animationen ist es zwar nicht die beste Arbeit des Studios, doch alles wirkt sehr harmonisch und wie aus einem Guss. Abgerundet wird dies von einem hervorragenden Soundtrack und gut aufgelegten deutschen Sprechern, die ihren Figuren glaubhaft Leben einhauchen und uns somit dabei helfen, uns ihnen verbunden zu fühlen.
Mit „Josie, der Tiger und die Fische“ erwartet uns sicherlich kein perfekter Anime-Film, dafür hätten gerade ein paar Nebenfiguren mehr Aufmerksamkeit benötigt. Dennoch vermag er es, uns Zuschauer zu packen sowie zu berühren und uns zum Ende ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Beiden Hauptcharakteren sind wir gerne auf diesem zum Lachen wie zum Weinen gleichermaßen anregenden Abenteuer gefolgt und allein für Josie, die eine Perspektive in diese Geschichten bringt, die wir viel zu selten sehen, lohnt es sich, diesem Film eine Chance zu geben.
„Josie, der Tiger und die Fische“ läuft nur am 30. November 2021 in teilnehmenden Kinos.