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Kena: Bridge of Spirits sieht aus wie ein interaktiver Disney-Animationsfilm – und das ist auch nicht verwunderlich. Dahinter steht das Animations-Studio Ember Lab, das eigentlich in der Produktion von animierten Kurzfilmen und Werbespots zuhause ist und zum Beispiel den beliebten Fan-Trailer „Terrible Fate“ zu The Legend of Zelda: Majora’s Mask kreierte. Nun setzt das Indie-Studio erste Schritte in die Gaming-Branche und gibt mit „Kena: Bridge of Spirits“ das eigene Videospiel-Debüt. Und das ambitionierte Projekt ist nicht nur ein richtiges Indie-Highlight, sondern sogar die größte Gaming-Überraschung des Jahres!
Kena: Bridge of Spirits im Test – Ein Disney-Film zum Zocken
Dass das Action-Adventure „Kena: Bridge of Spirits“ schon in den ersten Trailern fantastisch aussah, davon konnten wir uns bereits ein gutes Bild machen. Doch wie sich das Game für PS4, PS5 und PC am Ende spielt, das war bis zum Release eine große, offene Frage. Gameplay war nur spärlich zu sehen und das Studio hatte immerhin noch keine aussagekräftige Erfahrung mit der Entwicklung von Videospielen. So stieg die Angst, dass uns schlicht ein Grafikblender erwarten würde.
Doch die Sorgen sind unbegründet: Kena spielt sich genauso gut wie es aussieht und hat damit definitiv meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Hinter Ember Lab steht ein sehr fähiges kleines Team aus 14 Mitarbeiter*innen, dessen erstes Spiel bereits rund auf den Markt kommt (was selbst bei großen Blockbuster-Studios überhaupt nicht selbstverständlich ist). Kena besticht mit einer tollen spielerischen Qualität, bei der man auf den ersten Blick nicht ahnen würde, dass da ein Indie-Entwickler dahintersteckt, welches damit gerade erst sein Videospiel-Debüt feiert.
Kurzum: Kena hatte man zwischen den vielen großen Blockbuster-Titeln vorher wohl eher nicht auf dem Schirm, aber die Qualität des Spiels spricht für sich. Ember Lab liefert die größte Überraschung des Jahres und ihr solltet keinesfalls einen Bogen um dieses zauberhafte, kleine Abenteuer machen.
Kurz(weilig)es Abenteuer
In der rund 10 bis 15 Stunden langen Handlung schlüpft ihr in die Rolle der jungen Geisterführerin Kena. Sie hilft den Seelen der Verstorbenen ihre letzte Ruhe zu finden und führt sie ins Jenseits. Auf der Suche nach dem heiligen Bergschrein durchquert die junge Heldin ein verlassenes Dorf und muss herausfinden, was mit der in Vergessenheit geratenen Gemeinschaft geschehen ist.
Das Land wurde von einer wuchernden Verderbnis vergiftet und einige der verstorbenen Bewohner des Landes brauchen Kenas Hilfe. Die Protagonistin muss sich dafür auf eine erkundungsreiche Reise voller Rätsel, hitziger Kämpfe und düsteren Schicksalen begeben.
Die Länge der Story empfand ich für das Spiel genau richtig: Am Ende hatte ich nicht das Gefühl, dass der Spannungsbogen sich irgendwo verirrt und sich das Spiel in die Länge gezogen hätte. Ember Lab hat seine Stärken ausgespielt und die Handlung in wundervoll kreierten und absolut kinoreifen Cutscenes verpackt.
Einziges Manko: Zum Schluss bleiben doch noch so einige Fragen unbeantwortet, aber das sollte den Spielspaß dennoch nicht trüben.
Zauberhafte Spielwelt lädt zum Entdecken ein
Denn ein großes Hauptaugenmerkt liegt in der Erkundung der fast schon magisch anmutenden Spielwelt. Vor euch erstreckt sich ein Land voller verwinkelter Wege, die vor Details nur so strotzen. Ob ihr nun in den Wäldern, zwischen den Häusern des Dorfes oder auf dem eisigen Bergpfad umherlauft, an den Schauplätzen kann man sich nur schwer sattsehen.
Insbesondere lohnt es sich immer wieder von den Wegen abzuweichen. Ihr werdet für das Erkunden stets belohnt, denn an jeder Ecke gibt es Geheimnisse zu finden, seien es kleine Rätsel, Collectables oder neue Rott.
Nach der Story bleibt genug Zeit zum Erkunden: Nachdem ihr die Handlung beendet habt, könnt ihr die Spielwelt weiter bereisen und nach Collectables absuchen. Die Gebiete sind miteinander durch das Dorf verbunden und Schnellreisepunkte gibt es ebenso.
Süß, süßer, Rott
Die kleinen flauschigen Waldgeister namens Rott unterstützen Kena bei ihrem Abenteuer. Nicht nur sehen sie sehr knuffig aus, die kleinen Kerlchen erweisen sich darüber hinaus als sehr nützlich, wenn es darum geht, versteckte Dinge in der Spielwelt zu finden, schwere Lasten zu tragen oder in Kämpfen für Unterstützung zu sorgen.
Bevor ich das Spiel für diesen Test anspielte, hatte ich die Sorge, dass die Rott hauptsächlich für den marketingwirksamen Niedlichkeitsfaktor vorhanden wären, aber glücklicherweise wurden sie aber gut ins Gameplay integriert. Klar, süß sind sie auf jeden Fall und jedes Mal, wenn ich einen der kleinen Waldgeister aufspüre und sie mich mit ihren großen Kulleraugen anlächeln, kann ich auch nicht anders, als sie zu mögen. Da macht es mir sogar Spaß, ihnen kleine Pfannkuchen, Tannenzapfen oder andere „Hüte“, die man in der Spielwelt findet, auf den Kopf zu setzen.
Die Rott erinnern ein wenig an die Pikmin aus der gleichnamigen Nintendo-Reihe, kommen hier aber deutlich abwechslungsreicher zum Einsatz. So könnt ihr sie herumkommandieren, um beispielsweise verloren gegangene Statuen wieder auf ihren angestammten Platz zu bugsieren oder aber die ganze Gruppe in eine Geistergestalt zu verwandeln, um Rückstände der Verderbnis zu beseitigen und neue Orte zugänglich zu machen. In Kämpfen könnt ihr sie auf Gegner hetzen und damit in Schach halten oder aber eure eigenen Angriffe mit ihrer Macht verstärken.
Flottes und forderndes Kampfsystem
Trotz der harmlos anmutenden Animationsoptik verlangen euch die Echtzeit-Kämpfe schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad einiges an Können ab und bieten vor allem bei den Bossen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Dank der sehr präzisen Steuerung kommt aber nie Frust auf. Kena reagiert immer punktgenau auf eure Eingaben, bewegt sich flott und die verschiedenen Angriffsarten (Stabschläge, Bogen und mehr) lassen sich gut in den Gefechten abwechseln. Wenn ich mal versage und den Bildschirmtod sterbe, liegt es nicht am Spiel, sondern an mir selbst.
Das Kampfsystem macht Laune und gestaltet sich abwechslungsreich, da ihr im Abenteuer eine steigende Bandbreite an unterschiedlichen Angriffen nutzen könnt und gewisse Gegner sogar mit einer anderen Kampfstrategie bekämpft werden müssen. Allerdings wäre Aim Lock praktisch gewesen. Insbesondere bei mehreren Feinden um euch herum, müsst ihr euer Ziel stets selbst anvisieren, auch wenn sie hinter euch erscheinen.
Wer es etwas gemächlicher angehen und den Fokus auf Erkundung legen möchte, kann praktischerweise auf einem leichteren Schwierigkeitsgrad spielen.
Wunderschöne Flötenmelodien
Ein paar abschließende Worte zum Soundtrack und zur Technik:
- Musikalische Untermalung: Der Soundtrack passt hervorragend zur malerischen Spielwelt und vor allem wenn die Flötenmelodien einsetzen, kommt eine schöne Atmosphäre auf. Definitiv eine der Stärken des Spiels.
- Technikpatzer: Trotz der technisch hohen Qualität des Spiels kamen mir ab und zu einige grobe Patzer unter die Augen. Einmal bin ich mit Kena unter einem Steg stecken geblieben, sodass ich das Spiel resetten musste. Und einige Male kam es vor, dass die Rott einfach durch den Felsen hüpften, auf dem ich stand. Aber das Team hinter Ember Lab stellt sehr schnell Patches zur Verfügung, um die Qualität weiter zu steigern. Dafür ein dickes Lob.
- Synchronisation: Keine Frage, die Sprecher erledigen einen sehr guten Job. Ich persönlich fand die Synchro aber an vielen Stellen zu leise und nicht immer gut verständlich. Übrigens: Es gibt deutsche Untertitel, allerdings müssen wir auf eine deutsche Sprachausgabe leider verzichten. Euch wird eine englischsprachige Synchro geboten.