Gegen den Entwickler von Kingdom Come: Deliverance werden schwere Vorwürfe erhoben. Innerhalb des Studios sollen leitende Personen agieren, die sich zu Rassismus, Sexismus und Neonazi-Ideologien bekennen. Kritisch wird besonders der Chefentwickler gesehen.
Mittlerweile wurde ein Statement veröffentlicht, in dem sich Vávra für seine Aussagen entschuldigt und erklärt, er habe unüberlegt gesprochen. Sein Statement sowie zusätzliche Aussagen liegen den Kollegen der GameStar vor. Wir verweisen an dieser Stelle also an die Erklärung Vávras.
Hier geht es zum Statement von Warhorse Studios, Daniel Vávra und weiteren Mitarbeitern.
Wir weisen noch einmal daraufhin, dass wir lediglich über die Vorwürfe sowie die Diskussion berichten. Unsere Meinung dazu gibt es weiter unten. Worum es in der Kontroverse eigentlich ging, könnt ihr hier ebenfalls lesen.
Ursprünglicher Artikel über die erhobenen Vorwürfe
Mit Kingdom Come: Deliverance versprechen die Warhorse Studios das authentischste Historienspiel aller Zeiten – doch selbst scheint man es damit nicht genau zu nehmen, wie der Blog „Lepeticapo“ aufgriff. Gegen den leitenden Entwickler des Rollenspiels werden schwere Vorwürfe erhoben: Rassismus, Sexismus und Neonazi-Ideologien mache er salonfähig, so die Ansicht.
Mit der Mafia-Reihe wurde Daniel Vávra weltbekannt, dann gründete er die Warhorse Studios, um seine Vision eines Mittelalter-Rollenspiels umzusetzen. Diese könnte aber überschattet werden von seiner persönlichen Ideologie, die er nicht zu verstecken versucht.
In die Nazi-Schublade gesteckt
In einem Interview mit „Game Two“ trug Vávra unter anderem ein Shirt der norwegischen Band „Burzum“. Diese gehört dem Genre des Black Metals an, steht vorrangig aufgrund des Gründers Varg Vikernes in der Kritik, der sich selbst als Neonazi bezeichnet, einen realsozialistisch denkenden Freund ermordete und mehrere Kirchen in Brand setzte. Kritiker sehen das als eindeutiges Zeichen für Vávras Ideologie, auch wenn die Verbindung zunächst keinen direkten Zusammenhang erschließen lässt.
funk, die als öffentlich-rechtlicher Träger von ARD und ZDF hinter Game Two stehen, sahen darin kein Problem. Man wolle weder Partei für Daniel Vávra geschweige denn für Burzum ergreifen und distanziere sich von seiner Ideologie, wolle den Titel aber deshalb nicht mit einem journalistischen Boykott bestrafen. Mittlerweile berate sich die Redaktion aber intern über eine Berichterstattung zur Kontroverse.
Von Verschwörungstheorien und Rassenkunde
Vávras YouTube-Account weist zudem Verbindungen zu abstrusen historischen Verschwörungstheorien auf, die klar gegen eine authentische Darstellung des Mittelalters sprechen. Außerdem sind Videos zu radikalen Metal-Bands, Genderdefinitionsgegnern und Vorherrschaft der „weißen Rasse“ aufzufinden.
Des Weiteren ist Vávra der Ansicht, dass die europäische Historie keinerlei Menschen aufweise, die nicht einer weißen Hautfarbe angehören. In Nord- und Westeuropa solle es keine farbigen Personen gegeben haben, so die Ansicht Vávras. Historische Fakten versucht er damit zu widerlegen, dass er an der deutsch-polnisch-böhmischen Grenze aufgewachsen sei und es deshalb besser wissen würde. Der historische Zensus ist, dass tatsächlich nur sehr wenige farbige Menschen im nördlichen und westlichen Europa lebten – ihre Fähigkeiten im medizinischen Bereich wurden jedoch geschätzt und zu Hilfe gezogen.
Sexismus und Klischees
Historische Genauigkeit scheine man bei den Warhorse Studios ohnehin nicht sonderlich ernst zu nehmen, berichtet „Lepeticapo“. Man bediene sich eher an Klischees als an der Realität, behaupte jedoch, letztere als Vorbild zu sehen. Man wolle eher so wirken, als wäre man eine historische Abbildung als es tatsächlich zu sein.
Kingdom Come: Deliverance sei Vávras Ansicht zufolge zudem kein Spiel, dass für Frauen gedacht sei. Nur echte Männer würden an dem Titel Gefallen finden: Es handle sich um ein Spiel über Männer in einer Zeit, in der Männer noch Männer waren und Frauen Männer anhimmelten. Männer würden so auch die „lokalen Mädchen befriedigen“ können. Das ursprüngliche Kickstarter-Versprechen, neben männlichen auch weibliche Charaktere spielen zu könne, verwarf Vávra im Laufe der Entwicklung offenbar zugunsten seiner Ideologie, erklärt „Lepeticapo“.
Breitbart statt GameSpot
In einem Interview erklärte Vávra passend dazu seine Unterstützung für die GamerGate-Bewegung und erklärte, dass die Opfer gleichzeitig auch Täter wären. Menschen, die es nicht einfach im Leben hätten, seien selbst Schuld an ihrem Schicksal und hätten kein Recht zur Beschwerde.
Seine Interviewpartner scheint der Chef-Entwickler in Einklang mit seinen Ideologien zu wählen: Gespräche mit rechtspopulistischen Magazinen der „Alt Right“-Bewegung wie Breitbart scheine er zu bevorzugen, „Mainstream-Medien“ wie Polygon, IGN oder GameSpot lehne er gezielt ab und bezeichnete sie als „manipulierend“. Die Wahrheit würde man eher in sozialen Netzwerken finden, so Vávra.
Vávra ist bei weitem nicht der einzige, der innerhalb der Warhorse Studios fragwürdige Meinungen zu Tage legt. Ondrej Malota, Programmierer von Kingdom Come: Deliverance, sehe sich ebenfalls als Unterstützer der GamerGate-Bewegung.
So oder so: Das Spiel hat großes Potenzial, das hoffentlich nicht verdorben wird. Warum wir das denken, erfahrt ihr hier:
Kingdom Come: Deliverance: Ein sperriges Rollenspiel mit großen AmbitionenVideo-Tipp
Wir empfehlen außerdem dieses sehr differenzierte Video der Kollegen von 4Players. Darin wird diskutiert, wie man mit den Vorwürfen umgehen sollte. Wir möchten darauf hinweisen, dass wir mit diesem Beitrag lediglich eine Diskussion um den Umgang mit radikalen Positionen fördern wollen. Unsere Berichterstattung zu Kingdom Come: Deliverance und der Qualität des Spiels ist hiervon unbeeinflusst.
Der Umgang mit dem Thema ist in der Tat schwierig, da die Trennung zwischen Kunst und Künstler umstritten ist. Ob man darüber berichten sollte, wenn ein gewisser Grad an Aufklärung erzielt wird oder nicht, weil die Vorwürfe nichts mit der Qualität des Spiels zu tun hätten – darüber herrscht keine Einigung.
Zu hoffen ist, dass Kingdom Come: Deliverance aus qualitativer Hinsicht dennoch überzeugen kann. Der Titel erscheint übrigens am 13. Februar 2018 für PlayStation 4, Xbox One und PC. Vorbestellungen sind bei Amazon, Steam und weiteren Vertriebsplattformen möglich.
Hinweis: Dieser Artikel wurde um 20:55 Uhr aktualisiert. Hinzugefügt wurde der Video-Tipp, einige Formulierungen wurden zudem abgeändert. Eine weitere Aktualisierung erfolgte gegen 21:20 Uhr, um das Statement von Várva zu beleuchten.