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Kingdom Come: Deliverance: Realismus um jeden Preis?

Die Quests

Die eigentlichen Helden von Kingdom Come: Deliverance sind allerdings die Spielwelt, die Quests und deren Dialoge. Nachdem der Kampf eher schlecht als recht funktioniert, erkennt ihr schnell, dass das Wort mächtiger ist als das Schwert. In den Dialogen überzeugt ihr euren Gegenüber per Aggressivität, Rhetorik oder Status.

Das wiederum erlaubt das Formen eures Hauptcharakters und  vor allem das Umgehen manchen Kampfes. Jede Mission bietet vielfältige Herangehensweisen, jedoch ist ein Großteil der Quests extrem dialoglastig. Man schickt euch also von einem Ort zum nächsten, wo ihr Hinweise suchen oder Personen befragen müsst. Der Spielfortschritt gestaltet sich eher langsam und ihr werdet sowohl Pferd als auch Schnellreisefunktion schätzen und lieben lernen. Sehr schön: Zufallsereignisse unterbrechen die Schnellreisen und sorgen so für Abwechslung.

Die Quests wiederum geizen nicht mit interessanten Charakteren und entführen euch mitten hinein in ein Spinnennetz aus Intrigen, Machtspielen und kleineren Banalitäten. Beim Aufklären eines furchtbaren Massakers etwa versucht Heinrich, dem örtlichen Pater gebeichtete Informationen zu entlocken. Das gelingt aber erst nach einer gehörigen Sauftour mit Wein, Weib und Gesang. Später entführt es euch gar in ein Benediktinerkloster. Hier müsst ihr euch vor allem die Tagesabläufe der Mönche merken und diese zu eurem Vorteil nutzen. Kingdom Come: Deliverance besitzt viele Adventure-Elemente, erwartet aber auch von euch Initiative und Mitdenken.

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Zwar gibt es Wegpunkte und Hinweise auf der Karte, doch diese sind meist sehr allgemein gehalten. Anstatt also das Lager der Banditen bei Neuhof zu markieren, zeigt das Spiel lediglich das Waldgebiet an. Wollt ihr Heinrichs tote Eltern beerdigen, müsst ihr die Schaufel erst suchen. Dadurch können sich bestimmte Aufgabe ziehen und die Sucherei nervt mitunter auch deswegen, weil gerade die Navigation in unwegsamem Gelände nicht immer ideal ausfällt. Überhaupt finden sich in der aktuellen Version noch viele kleine Unsauberkeiten wie beispielsweise Textur- und Clipping-Fehler, gelegentlich falsche Sprachausgabe oder eben Schwierigkeiten bei Laufwegen. Aber Warhorse reagierte bereits und versprach weitere Veränderungen.

Kingdom Come: Deliverance erweist sich trotzdem nicht als typisches Rollenspiel, da Loot und das Charaktersystem eher im Hintergrund stehen. Natürlich könnt ihr bestimmte Fertigkeiten – also etwa Fechten, Bogenschießen, Tränke brauen oder Lesen – gezielt bei Lehrern trainieren, eine klassische Spezialisierung des eigenen Charakters gibt es aber nicht. Letztlich müsst ihr für euch selbst herausfinden, welche Werte spannend und welche Staffage sind.

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Olaf Bleich

Seit über 20 Jahren Spielejournalist, der sich in Polen die Hand gebrochen und trotzdem weiter Artikel geschrieben hat. Videospielgeschmack mäandert zwischen Shootern, Spaß und Stardew Valley – abgesehen davon besitzt er eine obskure Vorliebe für Wrestling.
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