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Layers of Fear 2: Grusel, Grauen, Gänsehaut: Weshalb das Horrorspiel gut ist und doch enttäuscht

Viel sehen, weniger hören

Atmosphärisch macht „Layers of Fear 2“ so schnell kein vergleichbarer Titel etwas vor. Ständiges Unwohlsein begleitet uns, wenn das verlassen scheinende Kreuzfahrtschiff in den Wellen hin und her schaukelt, Türen vor unserer Nase plötzlich zuschlagen oder gar aus den Angeln fallen, verfehlen ihre Wirkung nicht. Auch die Farbwechsel in den Umgebungen oder die mechanischen Puppen, die ein sonderbares Eigenleben führen und uns immer wieder im Schrecken zu einem Schritt nach hinten verleiten, sind an Intensität kaum zu überbieten. Erstaunlich ist dabei besonders, dass sich die oft Jump-Scare-artig inszenierten Elemente später in ähnlicher Form wiederholen und dennoch nie wirklich abnutzen, wie etwa die metallischen Fake-Sounds in einem „Dead Space“.

Eine unverständliche Blöße leistet sich „Layers of Fear 2“ beim Sound trotzdem, obwohl das Spiel ansonsten mit tollen Soundeffekten, passender Musik und guten englischen Sprechern punktet. Denn im Stereobetrieb reicht oft eine minimale Drehung nach links oder rechts, um selbst massive Effekte wie das grölende Hämmern eines riesigen Schiffsdieselmotors komplett auszublenden. Das schadet der Atmosphäre insgesamt nur zum Teil, drückt die Atmosphäre aber eben doch immer wieder ein unnötiges Stück nach unten. Das sollten die Frauen und Männer bei Bloober Team bis zum Launch am 28. Mai 2019 auf PC, Xbox One und PS4 in jedem Fall noch per Patch korrigieren.

Lily und die Piraten

Natürlich möchten wir euch über die Story nicht zu viel verraten. Was wir euch aber sagen können, ist, dass es nicht bloß um euch und den letztlich ersetzbar wirkenden Schauspieler, sondern besonders um Lily und ihren jüngeren Bruder James geht. Die beiden haben sich aus hier nicht genannten Gründen nämlich dazu entschieden, eine alternative Identität oder –um im Sprachgebrauch des Spiels zu bleiben –  einen alternativen Charakter zu entwickeln. Die beiden Kinder spielen deshalb letztlich die zentralste Rolle in der Geschichte. Sie verkörpern quasi die Grundfragestellungen nach dem Sein oder Nichtsein und danach, ob wir nicht bloß eine Rolle in dieser Welt spielen oder jeder sein können, der wir sein wollen.

Ähnlich zentral ist aber auch der Bezug zu bekannten Filmen oder Theaterstücken, insbesondere aus dem Grusel- und Horrorbereich. So gibt es immer wieder Referenzen auf Werke wie Stanley Kubricks Verfilmung des King-Romans „The Shining“, aber ebenso auf Tragödien wie Shakespeares „Hamlet“. Viel mehr als kleine Referenzen, die Genre-Fans auffallen und Spaß machen werden, dürft ihr aber nicht erwarten. „Layers of Fear 2“ setzt solche Anspielungen gezielt ein und sorgt zudem dafür, dass sie nicht nur bei den Kennern der Vorlage ihre Wirkung erzielen. Dass diese mysteriösen Eigenheiten des Spiels dabei nicht immer Sinn ergeben, sondern Interpretation oder Spekulation durchweg Tür und Tor geöffnet werden, ist nach dem Ansatz von Teil 1 und dem Horrorspiel-Genre allgemein keine Überraschung.

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Benjamin Braun

Wortkarger Lange-Texte-Schreiber. FC-Fan und Piranha-Bytes-Vergötterer. Heizt mit Spielekonsolen statt mit Gas. Könnte täglich Pizza futtern, hat aber nie mehr als fünf Tage am Stück geschafft.
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