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League of Legends: Daher lassen Riot Gier-Vorwürfe kotzen

Dass der Silvesterabend oft mit langem Warten auf den eigentlichen Höhepunkt der Nacht verbunden ist, motiviert manchen Mitmenschen doch tatsächlich dazu, die langen Stunden vor Mitternacht mit Sinnvollem zu verbringen. Marc Merrill scheint eine dieser Persönlichkeiten zu sein. Wer ist Marc Merrill? Nun, eigentlich müsste sein Name im göttlichen Lichte über uns allen schweben, denn sein Unternehmergeist hat die Welt der Onlinespiele in den letzten Jahren maßgeblich auf den Kopf gestellt und ein wahrlich neues Zeitalter eingeleitet. Kurz gesagt: Merrill ist einer der beiden Gründer von Riot Games und damit Initiator von League of Legends. Den letzten Tag des Jahres 2013 ließ er mitunter im sozialen Netzwerk Reddit ausklingen. Über 100 Kommentare verwickelten ihn in ein Gespräch mit der Community und wir wollen nicht zögern, euch eine kleine Zusammenfassung des Gesagten zu bieten. Denn interessant waren viele von Merrills Aussagen.

Merrill über Geld und Gier

Aus dem Nichts sprang League of Legends 2009 in das große Licht der Öffentlichkeit. Bekannt war der Name Riot Games zum damaligen Zeitpunkt kaum einem Videospieler, denn das Studio wusste keine anderen Referenzen vorzuweisen. Dass dessen MOBA das Zeitalter der Onlinespiele nachhaltig verändern würde, hatte man nicht wirklich auf dem Schirm. Unterdessen ist das Unternehmen eines der beliebtesten Arbeitgeber und mitunter führend unter den Entwicklern. Damit verbunden ist oft der Vorwurf der großen Gier nach Geld. Wenig verwunderlich, dass Merrill (rechts im Bild), der mit der Unternehmensgründung auch ein Risiko einging, sich das Recht auf emotionale Antworten nicht nehmen lässt und derartige Vorwürfe in die Kategorie „frustrierend“ einstuft.

Fünf mächtige Gründe führt er an, um sich von den Anschuldigungen loszureißen. Man habe so ziemlich das erste kostenlose erfolgreiche Onlinespiel im Westen geschaffen, das von der Kernspielerschaft gemocht und gespielt wird. Erreicht habe man dies durch viele Investitionen und konstanten Ehrgeiz. Vergleiche man den Preis, den Kunden pro Stunde zahlten, mit anderen Medienformaten, dann käme die Community in League of Legends noch am allerbesten davon. Nennenswerte Beispiele seien hier Filme, Magazine, Bücher und natürlich auch Boxspiele, die einem gerne 60 Dollar für zehn Stunden Spielzeit abverlangten. Millionen von Spielern zahlten keinen einzigen Cent für den Konsum der MOBA und hätten endlosen Spaß. Völlig in Ordnung sei dies, so Merrill. Man müsse kein Geld in League of Legends lassen, es handele sich um eine völlig freiwillige Alternative. Geld braucht natürlich aber auch Riot Games. Zweistellige Millionenbeträge seien alleine in den Aufbau der E-Sport-Szene geflossen, um einigen der besten Spieler die Möglichkeit zu bieten, zu weltweiten Superstars mit sechsstelligem Einkommen zu avancieren. Sportler wie der Spanier Ocelote liegen mittlerweile gar im Millionenbereich. Zuletzt verschlang die Produktion der eigenen TV-Show Millionen. Der Verzicht auf Werbeeinblendungen trage hier nicht gerade dazu bei, das Projekt zu refinanzieren. Ein Dienst für die Community also.

Viele Unternehmen konzentrierten sich in ihrem Tun auf die Kennzahl ARPU (Average Revenue Per User), also auf den durchschnittlichen Umsatz pro Spieler, und richten ihre gesamte Organisation nach Zielvorgaben dieser Ziffer aus. Ein Beispiel sei Zynga. Die Mitarbeiter von Riot Games reiße man von derartigen Vorstellungen los, um ein werthaltiges Spiel zu schaffen. So entstehe bei der Community von ganz alleine die Bereitschaft, mit Geld im Shop von League of Legends zu zahlen. Jeglicher Vorwurf der Gier kotze Merrill folglich an, nachdem er acht Jahre seines Lebens investiert habe, um dieses Unternehmen aus der Asche zu heben.

Merrill über Riot Games

Gegründet wurde Riot Games nicht nur von Marc Merrill, sondern auch von dessen Kumpel Brandon Beck. Allein den vielen Beiträgen auf Reddit merkt man dabei bereits an, dass den Beiden viel daran liegt, die eigenen Kunden zu verstehen und den Überblick nicht zu verlieren. Folgt man Merrill gar auf Twitter, so erlebt man, wie engagiert dieser selbst noch als Spieler des eigenen Produktes unterwegs ist. Auch die Unternehmensspitze sei demnach immer dran am Geschehen. Wenn die Server den Geist aufgeben, dann flippe man auch aus. Wenn etwas Versprochenes nicht eingelöst wird, dann flippe man auch aus. Wenn man die E-Sports-Verträge zu stark verklausuliert und den Sportlern ein zu enges Korsett anlege, dann gestehe man sich Fehler ein und behebe diese.

Dennoch ist allen Fans klar, dass die beiden Gründer nur das Aushängeschild des Unternehmens sind. Über den Kurs von League of Legends richten letztlich maßgeblich die eigentlichen Entwickler. Diese seien der Schlüssel zum Erfolg, so Merrill. Weder könne man mal eben 100 Leute einstellen, noch ein anderes Unternehmen aufkaufen und erwarten, dass die Arbeit damit erledigt sei. Viel Zeit verbringe man damit, neue Arbeitnehmer von alten Gewohnheiten zu trennen und ihnen die Unternehmenskultur verständlich zu machen. Der Auswahlprozess und die Besetzung von Stellen werden damit zum zeitintensiven Teil des Ausbaus von Riot Games, was sich aber auszahle. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Blick hinter die Kulissen, denn beim Stichwort Stellenbesetzung darf man sich auch fragen, was die Fleißigen bei Riot Games denn so verdienen. Ein Jahresgehalt in Höhe von 50.000 Dollar für einen Entwickler, der Arbeiten am eigentlichen Client durchführt, sei demnach eine völlig falsche Vorstellung. Gerade im Falle von besonders gut ausgebildeten Mitarbeitern in diesem Bereich befände man sich im sechsstelligen Bereich. Gemeint sei nicht die unterste Grenze im Feld zwischen 100.000 und 999.999 Dollar. Dabei sei nicht gerade ein kleiner Teil mit derartigen Aufgaben betraut. Anders sieht es etwa bei Skins aus. Monetarisierte Inhalte genössen nur eine geringe Priorität im Studio und etwa zehn Prozent des Teams seien damit betraut, Skins zu erschaffen. Allerdings seien diese Inhalte für den Spieler natürlich besser sichtbar als Ergebnisse am Code.

Der Code ist gerade in League of Legends ein heikles Thema, denn der Client war in der Vergangenheit nicht immer nur mit Lob konfrontiert worden. Selbst von offizieller Seite aus gesteht man sich ein, nicht das Optimum geschaffen zu haben, was der Tatsache geschuldet sei, dass es zu Beginn auch am Kapital fehlte. Seit sich Riot allerdings das nötige Know-how an Bord geholt hat, habe man aber auch in der Vergangenheit abgeschlossene Entwicklungsarbeiten wieder auf den Prüfstand gestellt, um sich ständig zu verbessern. Spielerisch biete League of Legends im Front End, also dem von Nutzer maßgeblich wahrgenommen Teil des Clients, aber eine Ausstattung, die beispielsweise nicht mit Dota 2 konkurrieren könnte, so ein Reddit-Nutzer. Inhalte wie das Coaching, die Features für das Anschauen von Wiederholungen, spielereigene Vertonungen oder Skins seien einige Beispiele, die die Frage in den Raum stellten, wieso League of Legends hier nicht nachziehe. Merrill streitet nicht ab, dass Dota 2 im Front End mehr zu bieten hätte, hält aber dagegen, dass Valve eine reifere Technik nutze, eine geringere internationale Reichweite aufweise und sich weniger um die Lokalisierung des Clients kümmere. Beispielsweise merke man dem chinesischen Client von League of Legends einen deutlich anderen Aufbau an, um den dortigen Gewohnheiten entgegenzukommen. Das Front End von League of Legends gänzlich neu aufzusetzen, lehnt Merrill dennoch ab.

Auch mit Blick auf die Konkurrenz durch Blizzard sieht man sich dadurch im Nachteil, dass es Riot in der Ausgangslage an einer reifen und über Jahre hinweg ausgebauten Technik fehlte, um in die Entwicklung von LoL zu starten. Hier sei man aber in der Lage, den Rückstand nach und nach aufzuholen und die Lücke zu schließen. Generell liege es ihnen aber nicht am Herzen, anderen Spielen Schaden zuzufügen. Es sei gut, andere Unternehmen zum Aufbau von E-Sport-Titeln zu motivieren. Dass Blizzard etwa die IGN Pro League in seinen Besitz übergingen ließ, sei gut für die Community von StarCraft 2 gewesen. Insgesamt hätten verschiedene Unternehmen verschiedene Ansätze und verschiedene Ziele, was gut sei. Valves oft zitierte 330 Mitarbeiter konzentrierten sich etwa auf die technische Seite und verzichteten darauf, Dutzende Mitarbeiter zu E-Sport-Events zu fliegen. Bezogen sind die 330 Mitarbeiter allerdings nicht auf den Teil, der auf Dota 2 entfällt, sondern auf das gesamte Unternehmen Valve.

Wie auch die Community der vielen MOBAs schaut man also auch bei Riot Games mit scharfen Augen auf die Konkurrenz. Doch Missgunst scheint hier fernab aller Realität. Es scheint, als schätzten die Entwickler ihre Unterschiede und die Tatsache, dass sich bestimmte Spieler in bestimmten Spielen wohlfühlen. Auch Merrill stimme nicht immer den Gründen zu, aus denen heraus sich Kunden für ein anderes Spiel entscheiden. Allerdings respektiere er die Entscheidung. Und das ist doch ein gutes Schlusswort für uns alle und für den ersten Tag im neuen Jahr.

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