Ein verhängnisvolles „Unglück“
Kaum haben wir uns an Sean als steuerbaren Charakter gewöhnt und die verschiedenen Zimmer seines Zuhauses in aller Ruhe durchforstet, ertönen von draußen laute Stimmen. Ein Blick aus dem Fenster offenbart, dass Daniel aufgrund eines kleinen Missgeschicks von dem deutlich größeren Nachbarsjungen angebrüllt wird. In so einem Fall kann die Party warten, schließlich ist Blut dicker als Wasser. Die anschließende Auseinandersetzung zwischen Sean und dem verärgerten Teenager gerät allerdings nach kurzer Zeit völlig außer Kontrolle. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, Schüsse fallen, ein markerschütternder Knall und dann Stille.
Was genau passiert ist, verraten wir euch an dieser Stelle natürlich nicht. Schließlich solltet ihr die erste Episode in jedem Fall selbst erleben. Allerdings sieht Sean in seiner Panik keinen anderen Ausweg als die nötigsten Sachen zu packen und gemeinsam mit seinem Bruder zu flüchten.
Das ist die Ausgangssituation von Life is Strange 2, die wir zwar bereits von einer Präsentation her kannten, die uns allerdings auch während unseres Tests wieder ganz schön aus dem Konzept gebracht hat. Die nachfolgenden zwei bis drei Stunden hat euch die erste Episode fest in ihrem emotionalen Griff und konfrontiert euch mit einer Situation, die immer komplexer und auswegloser erscheint.
„Alles ist politisch“
Vor dem Hintergrund, dass Sean und Daniel die Söhne eines mexikanischen Einwanderers sind und Life is Strange 2 einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen spielt, bei denen Donald Trump am 20. Januar 2017 schließlich zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten ernannt wird, entfaltet sich die ganze Tragweite der vor uns liegenden Geschichte.
Trump ist schließlich derjenige, der eine Mauer als Grenze zu Mexiko errichten möchte. Dabei schreckt Dontnod nicht davor zurück, die gesamte politische Brisanz in das Spiel einfließen zu lassen und den Spieler in verschiedenen Situationen immer wieder auf diesen Hintergrund hinzuweisen.
Wie genau sich die Handlung in den nächsten Episoden noch entwickeln wird, kann bislang aber noch unmöglich vorausgesagt werden. Wir sind uns dennoch sicher, dass die nächsten Happen genau so schwer verdaulich ausfallen werden.
Doch es gibt nicht nur politische Anspielungen. Vor allem zahlreiche Videospiele werden von Sean und Daniel immer wieder aufgegriffen. Prominent vertreten ist beispielshalber Mojangs Klötzchentitel Minecraft, der vor allem von dem 9-Jährigen sehr gerne gespielt worden ist. Doch auch der Survival-Shooter The Last of Us aus dem Hause Naughty Dog bekommt einige nette Anspielungen verpasst.
Das zugrundeliegende Technikgerüst sind wir bereits von den Vorgängern gewohnt. Grafische Highlights dürft ihr auch bei Life is Strange 2 nicht erwarten, trotzdem sind die verschiedenen Schauplätze atmosphärisch jederzeit perfekt auf den Punkt umgesetzt worden. Gesichtsanimationen, zum Teil hölzerne Animationen oder matschige Texturen müssen in Kauf genommen werden, auch wenn diese Punkte im Spiel oft gut kaschiert sind oder bedingt durch die packende Handlung weniger stark als in anderen Titeln auffallen. Wirklich gestört hat uns nur die etwas störrische Kamera, die ab und an ein Eigenleben zu entwickeln schien.