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Daredevil: Gehören die Marvel-Serien von Netflix zum Kanon des Marvel Cinematic Universe?

Es war ein Paukenschlag: Im Februar wurde bestätigt, dass Marvel-Serien wie Daredevil, Jessica Jones und The Punisher aus dem Netflix-Portfolio entfernt werden. Seit diesem Monat sind die Titel nicht mehr beim VoD-Anbieter verfügbar. Sehr wahrscheinlich werden sie auch hierzulande bald bei Disney Plus Star landen. Doch gehören diese Serien eigentlich zum Kanon des Marvel Cinematic Universe?

Das Vermächtnis von Marvel Television

Um diese Frage vernünftig beantworten zu können, müssen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen. Ehe Marvel Studios mit WandaVision ins Seriengeschäft einstieg, entstanden die ersten MCU-Serien noch bei Marvel Television. Beide Abteilungen waren voneinander unabhängig, doch die TV-Produktionen hatten über den Verlauf der Jahre keinen leichten Stand innerhalb des Franchise.

Mit Agents of SHIELD konnte das MCU zwar erstmals erfolgreich auf die Mattscheiben expandieren, allerdings wurde im Laufe der immerhin 7 Staffeln klar, dass die Abenteuer von Agent Coulson und seinem Team keinen nennenswerten Einfluss auf das große Universum hatten. Das hielt die Verantwortlichen im Hintergrund jedoch nicht davon ab, die Serienecke dieser Welt weiter auszubauen.

Ein Teil dieser Bestrebungen waren die eingangs erwähnten Netflix-Serien rund um Daredevil, Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist, die sich bekanntlich in The Defenders zusammenschlossen. Obwohl viele Fans glauben, hierbei handle es sich um Netflix-Eigenproduktionen, stimmt das nicht: Diese Serien wurden von Marvel Television und ABC Studios („Lost“) für den VoD-Dienst produziert. Entsprechend liefen nun schlicht die entsprechenden Lizenzen aus und Netflix muss die Serien abgeben.

Der Bruch zwischen Marvel Studios und Marvel Television

Ursprünglich wurde von den Machern kommuniziert, alle Ableger des Marvel Cinematic Universe seien miteinander verbunden und würden entsprechend in derselben Welt spielen. Somit waren „Agents of SHIELD“, „Daredevil“ & Co. anfangs auf jeden Fall ein Teil des MCU. Fans dürften sich jedoch daran erinnern, dass große Crossover eher die Ausnahme waren. The Avengers-Regisseur Joss Whedon begründete dies damit, dass Serien nur „die Überreste“ bekämen (via Screen Crush).

„Agents of SHIELD“ war die erste MCU-Serie © Marvel Television/ABC Studios/Disney

Dass Überschneidungen zwischen Kinofilmen und Fernsehserien nur selten vorkamen, lag zudem unter anderem an den angespannten Beziehungen hinter den Kulissen. MCU-Mastermind Kevin Feige und Marvel-Boss Ike Perlmutter vertraten beispielsweise unterschiedliche Ansichten über die Ausrichtung des Franchise. Wie Feige dem Hollywood Reporter verriet, wollte er sich für mehr Diversität in den kommenden Leinwand-Ablegern einsetzen, während Perlmutter dies nicht allzu wichtig gefunden habe.

Später kam es zur klaren Trennung zwischen Marvel Studios und Marvel Television, woraufhin Kevin Feige noch größeren Einfluss auf die Blockbuster-Produktionen nehmen konnte. Die TV-Serien konnten da, unter anderem wegen Fehlschlägen wie Inhumans, nicht mithalten und verschwanden immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Letztendlich wurde Marvel Television geschlossen und die letzten Projekte des Unternehmens wurden beendet oder vorzeitig eingestellt und entsprechend nie veröffentlicht.

„Marvel’s Inhumans“ blieb hinter den Erwartungen zurück © Marvel Television/ABC Studios/Disney

Letztes Jahr sollte jedoch nochmal gehörig Bewegung in die Kanon-Frage kommen. Verantwortlich dafür waren vor allem das Buch „The Story of Marvel Studios: The Making of the Marvel Cinematic Universe“ sowie der Blockbuster Spider-Man: No Way Home und die MCU-Serie Hawkeye. Diese warfen ein neues Licht auf den Kanon des Franchise und ihre Auswirkungen dürften uns deshalb noch einige Zeit begleiten.

Nach Hawkeye & No Way Home: Wie steht es um Daredevil im MCU?

Beginnen wir mit dem Buch: Dieses widmet sich der Entstehung des Franchise und geht dabei auch auf die Frage ein, ob etwa Agents of SHIELD zum Kanon des MCU gehört. Die Antwort hierauf lautet nein, diese Serie wurde inzwischen, wie auch andere Marvel-Shows, aus der Timeline gelöscht. Die einzige Ausnahme hierbei ist Agent Carter, an der Kevin Feige, im Gegensatz zu den übrigen Serien, mitbeteiligt war. Das Buch untermauerte somit nochmal eine von Feige im Dezember 2019 getätigte Aussage, in der er klarstellte, sämtliche bisherigen Marvel-Serien seien kein Teil des MCU-Kanons (via ScreenGeek).

„Agent Carter“ zählt als einzige alte MCU-Serie noch immer zum Kanon © Marvel Television/ABC Studios/Disney

Diese Informationen wurden von den Fans mit gemischten Gefühlen aufgenommen, immerhin konnten einige Ex-MCU-Shows im Laufe der Jahre eigene Communitys aufbauen. Für etwas Verwirrung sorgte dann die Hawkeye-Serie, in der Wilson Fisk (Vincent D’Onofrio) sein Comeback feierte. Kurz darauf kehrte in No Way Home auch Matt Murdock (Charlie Cox) ins MCU zurück. Unklar ist aktuell allerdings, ob es sich bei ihnen um dieselben Charaktere wie in der Daredevil-Serie handelt.

Geht es nach D’Onofrio ist die Sache klar: Ja, sein Kingpin ist dieselbe Figur wie im eingestellten Netflix-Hit. Offiziell bestätigt wurde dies von Marvel Studios bisher jedoch nicht und deren Wort ist in dieser Angelegenheit entscheidend. Deshalb gilt trotz der Stellungnahme des Schauspielers weiterhin, dass alle Marvel-Produktionen, die ohne Marvel Studios-Einfluss entstanden, kein Teil des MCU-Kanons sind.

„Marvel’s Daredevil“ gehört nicht mehr zum MCU-Kanon © Marvel Television/ABC Studios/Disney

Kevin Feige hatte in der Vergangenheit zwar betont, dass er einige Netflix-Darsteller gerne ins Marvel Cinematic Universe holen möchte, allerdings scheint es so, als müssten sich Fans auf ein Soft-Reboot der Figuren einstellen. Es wären dann zwar dieselben Schauspieler, etwa D’Onofrio und Cox, doch nicht unbedingt dieselben Charaktere, sondern eher Varianten. Im Klartext bedeutet das, es wären alternative Versionen der uns vertrauten Figuren und nicht die, die Fans bereits kennen.

Kommen wir nun zurück zur eingangs gestellten Frage: Gehört die The Defenders-Saga, wie die Netflix-Serien bei Disney Plus genannt werden, zum Kanon des Marvel Cinematic Universe? Jein. Die Netflix-Shows wie wir sie kennen, wurden aus dem MCU-Kanon gelöscht. Deshalb sollten sich Fans bei kommenden Auftritten wohl auf einige Änderung hinsichtlich der Vergangenheit der Figuren einstellen. Durch das Multiversum, das Marvel Studios aktuell in seinen Filmen und Serien erforscht, können „Agents of SHIELD“, „Daredevil“ & Co. nun jedoch auch in einem Paralleluniversum fortbestehen.

Wünscht ihr euch, dass „Daredevil“ und die übrigen Netflix-Serien wieder in den MCU-Kanon integriert werden? Verratet uns eure Meinung gerne in den Kommentaren!

Sven Raabe

Anime-Liebhaber, Dragon Ball-Fan auf Super-Saiyajin Blue-Level, Videospiel-Enthusiast mit einem Hang zu Action-Adventures und abgedrehten Hack'n'Slays. Außerdem Sith-Lord (oder vielleicht doch Jedi?) mit einer Schwäche für DC- und Marvel-Adaptionen.
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