Artikel

Mass Effect 3: Test: Auf zum finalen Gefecht, Commander!

Die Welt hält den Atem an. Commander Shepard kehrte gerade von seiner Forschungsreise aus Teil zwei von Mass Effect zurück, da starten die Reaper schon den nächsten Streifzug. Die Übernahme der Erde hat oberste Priorität. Willkommen in Mass Effect 3. Der dritte Teil der Saga, das Finale einer cineastisch großartigen Spiele-Serie von Rollenspiel-Experte BioWare. In unserem ausführlichen Test verraten wir Euch, was wir vom letzten Abenteuer Shepards halten, ob der Titel den Erwartungen gerecht wird und ob das gewohnte Spielprinzip auch fünf Jahre nach der Veröffentlichung des Erstlings noch greift.

Der emotionale Anfang vom Ende

Der Plot von Mass Effect gehört seit dem Serien-Start im Jahr 2007 zum absoluten Aushängeschild. Die cineastischen Zwischensequenzen, die tiefgründigen Charaktere und ein Held, welchen wir über viele Jahre hinweg selbst aufgebaut haben, kommen in Mass Effect 3 zum absoluten Höhepunkt. Klar wird dies auch, wenn wir die ersten Szenen des Spiels auf dem Bildschirm sehen. Die Reaper, die verhasste und fast schon übermächtige Maschinen-Rasse, stellt auch in Mass Effect 3 eine Bedrohung für die Menschheit, wie wir sie kennen, dar. Die ersten Szenen könnten locker aus einem apokalyptischen Hollywood-Streifen stammen, wie man sie in Zeiten von Weltuntergangstheorien fast reihenweise vor die Nase geklatscht bekommt. Hochhäuser und vermeintlich stabile Gebäude fallen in sich zusammen. Riesige Raumschiffe der Reaper belagern weltweit mehrere Großstädte. Einige Metropolen wurden bereits übernommen, die meisten Menschen dort bis zum Tode gefoltert. Die Sachlage ist klar: Die Erde ist zum Scheitern verdammt!

Shepard latscht mit Admiral Anderson gerade durch die Flure der Kommandozentrale, als die Meldung eintrifft. Die Reaper haben Europa erreicht. Teile Englands sind nicht mehr in der Hand der Regierung. Es sind Bilder zu sehen, welche einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Kinder und Frauen werden gefangen genommen. Männer werden kaltblütig an Ort und Stelle ermordert. Commander Shepard ist sich der Sache bewusst und fordert den Rat auf, Hilfe auszusenden. Doch die stellen sich quer, sehen keinen Sinn darin, anderen zu helfen, wenn die eigene Haut in Gefahr ist. Plötzlich fallen die Stromgeneratoren aus und ein riesiger Schatten stört den Sonneneinfall in das moderne Anwesen des Rates. Ein riesiges Mutterschiff der Reaper kracht auf den Boden, sendet zahlreiche Schergen aus und setzt die gesamte Kommandobrücke außer Gefecht. Shepard wird klar: Jetzt müssen wir selbst handeln und den kleinen Hoffnungsschimmer, welcher der Menschheit noch bleibt, nutzen! Besser, emotionaler und beeindruckender kann ein Action-Rollenspiel im Jahre 2012 nicht starten – wir waren total baff!

Emotionen im Blickpunkt

BioWare weiß spätestens seit Star Wars: Knights of the Old Republic, wie man den Spieler vor dem Bildschirm berührt. Wir lernen Charaktere kennen, fühlen mit ihnen, kämpfen mit ihnen und erleben zahlreiche Abenteuer. Doch was, wenn diese plötzlich in eine Gefahrensituation geraten? Wenn die Freundschaft vor dem Ende steht? Genau mit diesen und vielen weiteren Punkten werden die Spieler von Mass Effect 3 konfrontiert. Mehr wollen wir zu diesem Thema an dieser Stelle nicht sagen, da die Spoilergefahr doch sehr groß ist. So viel sei gesagt: Wer Spielstände aus vorherigen Teilen importiert, dem wird die ein oder andere getroffene Entscheidung noch großes Kopfzerbrechen bereiten – wir sprechen aus Erfahrung!

Zusammen sind wir stark

Das Hauptaugenmerk der Story liegt immer noch darin, dass Shepard alle noch verbliebenen Völker der Galaxie zusammenführt, um eine riesige standhafte Armee gegen die Reaper zu bilden. Doch das ist keinesfalls ein Kinderspiel, wie wir schon des Öfteren im Vorgänger erleben mussten. Viele Rassen sind untereinander stark verstritten – und das bei vielen Völkern, wie etwa den Turianer, welche verhindern wollen, dass die Kroganer sich vermehren. Shepard steht quasi zwischen den Fronten, will seine Heimat, die Erde, vor der Invasion der Reaper retten. Gleichzeitig muss er aber auch zusehen, wie sich viele Völker untereinander ausrotten. Einmal mehr ist das Geschick unseres Commanders gefordert. Wir absolvieren viele kleine Aufträge für die einzelnen Rassen. Hier eine Alienplage, da ein verschollenes Artefakt und im Handumdrehen haben wir ein neues Völkchen auf unserer Seite. Oft müssen wir viel Überzeugungsarbeit leisten, damit die Seiten ihr Kriegsbeil begraben und auf unserer Seite kämpfen – schließlich sind wir in ihren Augen nur ein Mensch, dessen Planet sowieso nur auf technologischer Basis an den alternativen Lebewesen im Weltall interessiert ist.

Die Vielfalt der Aufträge ist groß. Mal müssen wir bestimmte Ziele auf fernen Planeten zerstören. Da dies mit unserem Raumschiff, der Normandy, nicht von außen möglich ist, greifen wir auf unsere Waffen zurück und betreten schließlich das jeweilige Anwesen. Neben actionreichen Kampfsequenzen liefert Mass Effect 3 aber auch Atmosphäre. In einer Szene müssen wir zum Beispiel ein altes, verfallenes Raumschiff erforschen. Bewaffnet mit einer Taschenlampe begeben wir uns mit Shepard in das Wrack. Überall kracht und knarrt es und wir sehen nur im kleinen Radius unserer Taschenlampe, was vor uns passiert. Diese Szenen sind selten, aber dafür sehr gut platziert. Und der absolute Clou: Mit der Absolvierung dieser Story-basierten Quests entscheiden wir schon sehr früh im Spiel, wie das Ende aussieht, welcher Begleiter den finalen Kampf überlebt. Stimmig, mitreißend und dauerhaft motivierend!

Dreh und Angelpunkt. Oder auch: die Normandy!

Die Hauptzentrale von Mass Effect 3 ist erneut die Normandy – das schöne Raumschiff von Commander Shepard, welches uns in aller Treue bei den ganzen Ereignissen begleitet hat. Von dort aus können wir erneut Verbesserungen an unserem Charakter durchführen, die Begleiter wechseln, ferne unerforschte Planeten anfliegen oder einfach nur nett mit unserer Crew plaudern. Die hat in einigen Situationen viele nette Tipps für unseren Commander. Außerdem können wir auf der Normandy Waffen-Upgrades durchführen. Diese reichen von einfachen Muntionserweiterungen bis hin zu kraftvollen Schadensverbesserungen wie Feuer- oder Laserschaden. Zwar sind diese Verbesserungen ganz nett, jedoch könnten sie ein bisschen intensiver und tiefgründiger sein, da man manchmal das Gefühl bekommt, man würde diese gar nicht oder nur in den seltensten Fällen benötigen.

Action, Rollenspiel oder Story – Ihr habt die Wahl!

Während der erste Teil der Mass Effect-Saga noch als Rollenspiel angepriesen wurde, nahm Entwickler BioWare viele Elemente der Charakterentwicklung in Mass Effect 2 raus und man konzentrierte sich mehr auf die Dramatik, die Geschichte und flotte, actionreiche Kämpfe gegen die Aliens. Viele Fans und auch die Fachpresse waren sehr enttäuscht darüber. Fast überall wurde das dem Spiel negativ angekreidet, weshalb sich BioWare für die vielleicht beste Variante entschieden hat. Zu Beginn von Mass Effect 3 wählen wir, ob wir das Spiel auf Basis von Action, Story oder Rollenspiel erleben wollen. Action, wie der Titel schon sagt, ist für die Haudegen unter Euch. Jeder, der flotte Kämpfe und wenig Charakterentwicklung möchte, ist hier genau richtig. Als waschechter Rollenspieler sollte man sich für den RPG-Part des Spiels entschieden, da hier die Weiterentwicklung des Commander Shepards in allen Belangen eine wichtige Rolle spielt. Wer lieber die Geschichte von Grund auf mit entscheidet, der wählt zu Beginn des Finales den Story-Part. Hier können, wie auch in der Rollenspiel-Variante, Dialoge mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten beeinflusst werden. Insgesamt sind wir BioWare sehr dankbar für diese Auswahl, da so jeder Mass Effect-Fan auf seine Kosten kommt.

Verbesserte Talentierung gefällig?

Wie bereits erwähnt, wurde vor allem am Rollenspiel-Part des SciFi-Action-Spektakels gearbeiet. Viele Fans haben dies bereits kurz nach dem Release von Mass Effect 2 gefordert, weshalb Entwickler BioWare sich dieser Problematik annahm. So finden wir im Rollenspiel-Part nun einen überarbeiteten Talentebaum vor. Je nach Klasse müssen wir uns ab der vierten Entwicklungsstufe eines Talents für eine Spezialisierung entscheiden. Diese verbessert die Wirkung der jeweiligen Fertigkeit dauerhaft und bietet weitere Ausbaustufen. Insgesamt wirkt das Talentesystem um einiges durchdachter, da durch die Spezialisierungen viele neue Wege der Charakterentwicklung möglich sind. Vor allem für Rollenspieler eine absolute Offenbarung!

Deckungsfeuer hinterm' Gemäuer! 

Spielerisch hat sich nur wenig getan, wobei dies nicht so negativ aufgefasst werden sollte, wie es vielleicht im ersten Moment klingt. Das Spielprinzip und die Mechanik funktionieren auch nach rund fünf Jahren prächtig. Dank dem Kreismenü zücken wir Waffen oder Macht-Sprüche im Handumdrehen, während das Spiel in einen Pause-Modus geschaltet wird. Außerdem können wir unseren Begleitern erneut Anweisungen geben, welche Schritte sie befolgen sollen. Neu sind bedienbare. stationäre Geschütze, welche wir des Öfteren für eine kleine Massenschlacht benötigen. Diese bringen ein wenig frischen Wind in das sonst sehr lineare Kampfsystem. Wie in einem modernen Spiel aus der Third-Person-View üblich, hechten wir auch mit Commander Shepard per Knopfdruck in Deckung und feuern anschließend aus dieser heraus. Einen Kritikpunkt hätten wir dann aber doch im Angebot. Commander Shepard steuert sich, vor allem auf dem PC, in einigen Situationen doch sehr ungenau und schwammig. Oftmals wollen wir nur durch eine einfache Tür latschen und kleben plötzlich an der Seitenwand fest. Ein Problem, welches mit einem Patch in der Zukunft aber leicht behoben werden kann.

Vier-Spieler für ein Hallelujah

Die Neuerungen in Mass Effect 3 findet man nur im Detail. Hier ein überarbeitetes Talentsystem, dort eine neue Nahkampf-Aktion für Commander Shepard. Als zusätzliches Feature jedoch wurde mit „Galaxy at War“ erstmals in der Serie ein Multiplayer-Modus implementiert. Dank diesem könnt Ihr mit bis zu drei weiteren Freunden in speziell für den Online-Part entwickelten Missionen gegen Reaper- & Husk-Horden antreten und Festungen übernehmen. Der Clou: Durch die erfolgreiche Absolvierung dieser Online-Missionen steigert Ihr die Chance, mit allen Begleitern aus der finalen Schlacht lebend herauszukommen. Allerdings sind die Koop-Missionen kein Muss für eine erfolgreiche Finalschlacht.

Technisch solide Leistung

Spielerisch ist weitestgehend alles paletti, das Talentsystem samt Auswahl der Spielweise funktioniert auch prima. Bleibt also nur noch die Frage, wie es denn um die technische Seite von Mass Effect 3 steht? Nun, sicherlich gehört Mass Effect 3 zu den grafisch anspruchsvollsten Spiele überhaupt auf dem Markt. Die cineastischen Zwischensequenzen sind wunderbar inszeniert und sie bringen den Spieler durch die Emotionalität und Dramaturgie des Öfteren zum Nachdenken. Allerdings muss man auch ganz klar festhalten, dass Texturen oder auch Gesichtsanimationen an einigen Stellen eher zum alten Eisen gehören. Als Fan hätte man hier sicherlich mehr erwartet, vor allem wenn man sich Spiele wie L.A. Noire anguckt. Allerdings ist die Gesamtoptik von Mass Effect 3 weit über dem Durchschnitt. Vor allem auf dem PC läuft der Titel von BioWare butterweich über den Bildschirm. Dass die visuelle Seite von Mass Effect 3 auf ganzer Linie überzeugt, brauchen wir an dieser Stelle nicht mal näher zu erläutern, da man nichts anderes von der Serie gewohnt ist. Abschließend kann man sagen: Technisch nicht mehr ganz so beeindruckend, dafür aber immer noch ein absoluter Hingucker mit cineastischen Zwischensequenzen auf ganz hohem Niveau!

Welche Edition darf es denn sein?

Mass Effect 3 erscheint in insgesamt vier verschiedenen Verkaufsversionen. Da wäre zum Beispiel die normale Retail-Fassung, welche neben dem Hauptspiel keinerlei Extras bietet. Wer etwas mehr für sein Geld möchte, der legt sich die sogenannte „N7 Collectors Edition“ zu. Für 69,99 EUR (PC) bekommt man eine hochwertige Pappbox, in welcher neben der Mass Effect 3-Version in einem Steelbook noch jede Menge Extras wie ein Artbook, eine Hochglanzkarte der Normandy oder auch zahlreiche digitale Spielinhalte enthalten ist. Für fünf Euro Aufpreis gibt es die N7-Edition auch als digitalen Download via Origin. Zwar bekommt man keinerlei physischen Inhalte, dafür jedoch einige nette digitale Features wie die exklusive N7-Warfare-Ausrüstung. Das absolute Highlight ist jedoch die sogenannte „Space-Edition“, welche es nicht im Handel gibt. In einer aufwändigen PR-Aktion wurden in verschiedenen Städten wie Berlin oder New York Editionen ins Weltall gejagt. Über das Internet konnte man per GPS verfolgen, wann und wo die Edition in der Nähe zurück auf die Erde kommt. Eine wahrlich außergewöhnliche Aktion!

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"