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Miasmata: Der Survival-Titel im Test

Eine mysteriöse Insel, eine tödliche Krankheit und verfolgt von einer gefährlichen Bestie. In dem Indie-Survival-Game Miasmata besinnen wir uns auf das Nötigste, durchstreifen das Eiland namens Eden auf der Suche nach einem Heilmittel und synthetisieren Pflanzen, Kräuter sowie Pilze zu nützlichen Präparaten und Medikamenten. Unter scheinbar größter Anstrengung erheben wir uns vom Boden, untersuchen zittrig unseren Körper, unsere Hände und lassen einen ersten Blick über die Umgebung schweifen. Tausend Gedanken scheinen in Lichtgeschwindigkeit durch unseren Kopf zu rasen. Wo sind wie hier? Was ist passiert? Und warum in Teufels Namen geht es uns so verdammt mies? Die Beine fühlen sich tonnenschwer an und der Kopf dreht sich noch immer als wären wir vor kurzem Achterbahn gefahren.

Scheinbar sind wir an der Küste einer Insel gestrandet. Hinter uns im Sand liegt ein total zerstörtes Holzboot, offenbar die einzige Verbindung zur Außenwelt. Mangels Möglichkeiten bleibt uns keine Wahl, wir müssen die mysteriöse Insel erkunden und uns auf die Suche nach Hilfe begeben. Immer wieder treffen wir auf alte Statuen und riesige Steingesichter – die Insel scheint schon vor Jahrhunderten bewohnt gewesen zu sein. Die ersten Meter zu Fuß gestalten sich zunächst ungewohnt. Obwohl sich Protagonist Robert Hughes aus der bekannten Ego-Perspektive steuern lässt, fällt die Steuerung realistischer aus als in anderen Spielen. Laufen wir beispielshalber einen Abhang hinauf, stöhnt und hechelt unsere Spielfigur vor Anstrengung. Bergab hingegen erhöht sich unsere Geschwindigkeit innerhalb kurzer Zeit. Es gilt also möglichst aufzupassen nicht zu schnell zu werden, ansonsten verliert Robert das Gleichgewicht, überschlägt sich und verliert sämtliche mühsam gesammelten Gegenstände in seinen Händen. Neben der Tatsache, dass dies schon beim Zuschauen ungesund aussieht, sollte man solche Stürze also wenn möglich vermeiden. Das größte Problem mit dem man sich als Spieler von Beginn an herumschlagen muss, ist allerdings weniger die Schwerkraft, als vielmehr eine schwere Krankheit an der unsere Spielfigur leidet.

Der Faktor Mensch

Die Suche nach dem lebensrettenden Medikament stellt fortan die Motivation und Hauptaufgabe des Spiels dar. Wir werden relativ früh im Spiel uns selbst überlassen. Als einziger roter Faden im Spiel dient die Suche und Erforschung von möglichen passenden Pflanzen und Pilzen um das so dringend benötigte Heilmittel zu synthetisieren. Schnell wird klar, dass Miasmata keineswegs versucht das Gameplay eines Slenders oder Amnesia zu verkörpern oder zu kopieren, sondern viel eher in die Sparte eines DayZ abzielt. Allerdings geht es hier keineswegs um Zombies oder den Kampf gegen feindlich gesinnte Überlebende, als vielmehr um das nackte Überleben und das Erkunden einer frei begehbaren Insel.  Überall auf dem Eiland verstreute Notizen, Tagebuchseiten sowie Briefe stellen wichtige Bausteine im Hinblick auf vergangene Geschehnisse und die Herstellung des begehrten Heilmittels dar. Es gilt die Augen offen zu halten und nach möglichen hilfreichen Informationen zu suchen. Weitere Tipps oder Hilfen gibt es nicht, wodurch unerfahrene Spieler einiges an Geduld und Ausdauer mitbringen sollten. Lediglich einige Anleitungen über die korrekte Standortbestimmung oder der fachgerechten Synthetisierung von Pflanzen und Pilzen erklären dem Spieler in Textform die grundlegenden Spielmechanismen. Was wir letztendlich daraus machen ist uns überlassen.

 

Miasmata dürfte dementsprechend durchaus als Survival-Simulation betitelt werden, allerdings weniger als Kampf gegen andere, sondern viel eher als Wettlauf  gegen die unnachgiebig verrinnende Zeit. Dass uns eben jenes Gefühl  der Einsamkeit schon nach kurzer Zeit derart intensiv packt, liegt in großen Teilen an dem Faktor Mensch, der stark in das Spiel miteinfließt. Denn wie bereits angerissen liegt hier ein Großteil der Spielmechanik. Wir müssen jederzeit aufpassen im richtigen Moment abzubremsen um nicht zu stolpern, hören den rasselnden Atem des kranken Roberts bei Belastung wie Schmerz, sowie das laut pochende Herz bei unmittelbarer Gefahr. Stoppen wir im Lauf zu abrupt ab, rutscht unsere Spielfigur noch ein kurzes Stück weiter ehe sie endgültig stehen bleibt. Andersherum verhält es sich beim Laufen, so bauen wir erst nach und nach Geschwindigkeit für einen Sprint auf.

Als Konsequenz der Krankheit müssen wir von Zeit zu Zeit Flüssigkeit zu uns nehmen. Wasser findet sich in der Regel in kleinen Teichen und Frischwasserseen. Meereswasser können wir wegen des hohen Salzgehalts hingegen nicht trinken. Für längere Märsche füllt sich Robert seine am Notizbuch befestigte Feldflasche auf. Durch die fortschreitende Krankheit und zu wenig Wasseraufnahme kann es durchaus vorkommen, dass unsere Spielperson Fieber bekommt und wir die Welt nur noch als farbarmes und verschwommenes Abbild ihrer selbst wahrnehmen. In diesem Fall hilft lediglich genügend Flüssigkeitsaufnahme sowie ein ausgiebiges Nickerchen in einer der spartanisch ausgestatteten Blockhütten.

So spannend dieser Aspekt auch klingt, fehlt die letzte Konsequenz im Hinblick auf das Überleben. Zwar bekommen wir Fieber, können schlafen und müssen regelmäßig trinken, doch wie sieht es mit der Nahrungsaufnahme aus? Obwohl die Insel unzählige Möglichkeiten dazu bietet, scheint sich Robert nichts aus Vegetariern zu machen und scheint sich dementsprechend nur von den selbst zubereiteten Medikamenten und Präparaten zu ernähren. Wie wäre es da mal mit einem Eichhörnchenbraten? Und warum können wir lediglich an Fieber erkranken, uns aber bei schweren Stürzen keine Knochen brechen oder durch unbekannte Pflanzen vergiften werden? Gerade ein Survival-Spiel sollte auf solche Aspekte eingehen. Auch die schnöden Texteinblendungen bei Erschöpfung, Durst oder Fieber wirken hier fehl am Platz und reißen aus der ansonsten so dichten Insel-Atmosphäre. Hinzukommt dass Miasmata ausschließlich in englischer Sprache bei Steam heruntergeladen werden kann. Besonders bei Tagebucheinträgen oder Anleitungen fällt das Verständnis so regelmäßig schwer.

Botaniker und Wissenschaftler

Nachdem wir uns ein wenig akklimatisiert und an die zunächst noch befremdlich erscheinende Steuerung gewöhnt haben, folgen wir einem ausgetretenen Pfad, während wir von einem putzigen Eichhörnchen mit neugierigen Augen beobachtet werden. Wenige Minuten später stehen wir inmitten einer der überall auf der Insel verstreuten Blockhütten. Unser Blick schweift durch den Raum: Ein Mikroskop, Erlenmeyerkolben, eine Waage, Aluminium Tabletts – wir befinden uns ganz offensichtlich in einem provisorisch eingerichteten Labor. Verteilt auf den Schränken finden sich Notizen mit Tipps und Erklärungen wie die Gerätschaften zu verwenden sind. Einen Moment später fühlen wir uns ein wenig in der Zeit zurückversetzt. Als würden wir wieder die Schulbank drücken, lernen wir nicht nur Pflanzen zu untersuchen, sondern auch aus einigen von ihnen nützliche Präparate herzustellen. Motiviert stürzen wir uns daraufhin in den ersten Praxisunterricht und durchsuchen die nähere Vegetation nach benutzbaren Pflanzen und Pilzen. Zum Glück finden sich gleich in der Nähe des Labors zwei unterschiedliche Pflanzen, mit dessen Hilfe sich ein Medikament herstellen lässt um Fieber zu senken. Wir legen also die zwei Pflanzen auf die Tabletts und beginnen mit der Synthetisierung. Hübsch animiert schneidet Robert das Grünzeug in kleine Teile, zerstampft die Bestandteile und erhitzt den Rest in einem großen Glaskolben. Als Resultat erhalten wir einige rote Tabletten, die flugs in eine dafür vorgesehene, kleine Schatulle in unserem Notizbuch verschwinden. Für das erste gut gewappnet, machen wir uns auf die Suche nach weiteren verwendbaren biologischen Materialien.

 

Geographiekenntnisse

Um uns auf der zunächst riesigen und unübersichtlichen Insel orientieren zu können, entfalten wir bestätigt durch erste Erfolge mit M unsere Karte. Da wir bisher allerdings lediglich einen kleinen Teil der Insel erkundet haben, verhält es sich mit der Karte noch recht jungfräulich. Um auch unbekannte Orte auf der Karte anzeigen zu lassen triangulieren wir mithilfe zwei markanter Punkte in unserer näheren Umgebung die derzeitige Position.

Wir bekommen nämlich ähnlich wie in DayZ nicht jederzeit bequem unseren genauen Aufenthaltsort präsentiert, sondern müssen uns dafür mittels Karte und Kompass durch das Gelände schlagen. Da unsere Sicht oft durch Bäume und Gestrüpp behindert wird, erweitert sich die Karte nach und nach nur um kleine Teile der Insel. Somit erhalten wir schnell das Gefühl, dass wir wirklich auf uns alleine gestellt sind und keinerlei Hilfe zu erwarten haben. Dafür befriedigt es allerdings auch ungemein, wenn wir nach etlichen Spielstunden mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht auf unsere Karte blicken, auf der wir schon einen Großteil erkundet haben und uns bereits tief im Herzen der Insel befinden. Wohlgemerkt nur mit unseren Pfadfindertricks und dem scharfen Orientierungssinn eines waschechten Spieleredakteurs. Befinden wir uns mal auf bisher unbekanntem Terrain und haben gerade keine Hütte oder eines der skurrilen Steingesichter im Fokus, so synthetisieren wir uns ein passendes Tonikum. Zeitlich begrenzt können wir somit unsere genaue Position anzeigen lassen. Neben diesem hilfreichen Mittelchen, gibt es weitere Präparate, die sich mithilfe verschiedener Pflanzen, Kräuter und Pilze zubereiten lassen. Während eines unseren Verstand schärft, um uns auf der Karte lokalisieren zu können, lässt uns ein anderes weitere Strecken schwimmen oder an Land längerer Zeit  der Erschöpfung davonlaufen.

Beobachtet und gejagt

Der eine oder andere wird sich nun wohl fragen, wozu man auf der Insel die Beine in die Hand nehmen sollte, da man ja sowieso nur als Botaniker über die Insel spaziert. An dieser Stelle sei gesagt, dass wir es zwar zu keiner Zeit mit Untoten oder Banditen zu tun bekommen, uns aber trotzdem ständig auf der Jagd befinden. Allerdings mitnichten als Jäger, sondern viel eher als wehrloses Opfer. Schon als wir das zu Beginn gefundene Labor untersuchen, lesen wir auf einer Tafel: „You are being watched“. Ein davonlaufen gibt es nicht, es gilt also extrem vorsichtig und vor allem leise vorzugehen. Besonders die überall auf dem Waldboden verteilten Äste wecken beim fröhlichen Spaziergang durch den Wald die Neugier unseres ständigen Verfolgers. Wie die mysteriöse Kreatur tickt und nach welchem Schema diese nach uns sucht, ist zunächst unmöglich zu bestimmen. Sind wir erst einmal entdeckt worden, ist es schwer unseren Verfolger wieder loszuwerden. Zwar können wir uns die Bestie durch brennende Reisig-Fackeln kurzzeitig von der Pelle halten, die Flucht nach hinten stellt jedoch jederzeit die bessere Alternative dar.

Als wir bei unserem ersten Aufeinandertreffen ein lautes Fauchen hinter unserem Rücken vernahmen und uns daraufhin umdrehten, erschien das Messer in unserer Hand plötzlich lächerlich unterdimensioniert und mickrig. Gerade diese Momente sind es, die Miasmata von dem ständig gleichen Shooter-Einerlei abheben und in dem Spieler tiefe Gefühle in Form von Angst und Furcht herbeirufen. Doch auch hier fehlt der letzte Schliff, den Miasmata benötigt hätte um noch einige Ecken besser zu sein. So hätte die Bestie noch deutlich bedrohender ausfallen können. Störend fallen somit auch die gelegentlichen Aussetzer der KI auf, besonders wenn das Monster mal wieder an einem Baum oder Abhang hängen geblieben ist und wir mit aller Ruhe von dannen ziehen können. Doch trotz der gelegentlichen Bugs und dem großen Hardwarehunger von Miasmata, ist es beeindruckend wie intensiv das recht simple Gameplay und die Handlung ineinander greifen und eine packende Atmosphäre erzeugen.

Patrik Hasberg

Schreiberling, Spieleentdecker, praktizierender Perfektionist und Mann fürs Grobe. Außerdem laufender Freizeit-Hobbit, der Katzen liebt. – Hunde gehen auch. „Auch sonst eigentlich ganz ok“.
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