Der Fernsehsender RTL hat den Suizid eines neunjährigen Jungen zum Anlass genommen, um vor dem Spiele-Klassiker Minecraft zu warnen. Für einen konkreten Zusammenhang liegen jedoch keine Beweise vor.
In Nordrhein-Westfalen beging ein neunjährige Junge Suizid – ein tragisches Ereignis, dessen Umstände noch nicht geklärt sind. Trotz der laufenden Ermittlungen, die laut Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis noch andauern würden, hat der Fernsehsender RTL einen Zusammenhang erkannt: Minecraft sei mitverantwortlich für den Tod.
In einem Beitrag warnte der Sender vor Minecraft und fragte: „Wie gefährlich ist das Online-Spiel?“. Grund für den Tod des Kindes sei, dass ihn Freunde nicht in Minecraft mitspielen ließen.
Schnelle Ausgrenzung in Minecraft
RTL-Reporterin Caroline Gall erklärt in dem Beitrag, dass Kinder und Jugendliche leicht mit anderen Spielern kommunizieren könnten. Die Möglichkeit, dass Spieler die eingebauten Chat-Funktionen nicht zur Kommunikation mit einem nutzen würden, könne dazu führen, dass man „sich schnell ausgegrenzt fühle“.
Zusammenhangslos nutzt RTL den Vorfall, um Minecraft außerdem als mögliches Netzwerk für Pädophile zu bezeichnen. Grund dafür ist der 2016 tatsächlich passierte Fall, bei dem ein Mann das Spiel nutzte, um ein Kind zu entführen und zu vergewaltigen.
Kein direkter Zusammenhang zwischen Suizid und Minecraft
Der Zusammenhang zwischen Minecraft, dem Suizid und dem Vergewaltigungsfall ist eher aus der Luft ergriffen. Dieser Ansicht ist auch der Medienblog Übermedien, der Zweifel an dem Sinn des Beitrags aufkommen lässt.
Die Staatsanwaltschaft Essen sehe laut Übermeden keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Suizid des Jungen und Minecraft:
„Die Ermittlungen haben zwar ergeben, dass der Junge auch an dem Tag wie gewöhnlich Computerspiele u.a. auch Minecraft spielte. Offenbar hat die RTL-Mediengruppe auf einen kausalen Zusammenhang zwischen PC-Spielen und dem Tod des Jungen geschlossen. Einen solchen kausalen Zusammenhang sehen wir zwar grundsätzlich als eine theoretisch denkbare Möglichkeit für eine Erklärung an. Belegbare Fakten haben allerdings bisher diese Erklärungsmöglichkeit nicht erhärtet.“
RTL verteidigt sich
RTL erklärt den Beitrag folgendermaßen und verweist darauf, dass der Beitrag als allgemeine medienpädagogische Warnung gelte:
Der kausale Zusammenhang zwischen dem Mobbing beim Online-Spiel und dem Suizid liegt nahe, eine Tatsachenbehauptung ist jedoch journalistisch nicht einwandfrei. Wir haben allerdings diesen tragischen Fall eher als Aufhänger genutzt, um konstruktiv ein Problembewusstsein für Computerspiele zu schaffen. Wie bei anderen Verbraucherthemen auch, wurden dazu mehrere Experten befragt.
Der gesame Beitrag ist ohnehin medienethisch äußerst fragwürdig. So wird der Vorname des Jungen, Art des Suizids und mögliche Gründe erwähnt. Dies kann zu Nachahmungstaten führen, wovor Psychologen schon seit längerer Zeit warnen.
Wichtig: Solltest Du Probleme haben, depressiv sein oder über Suizid nachdenken, könnt ihr euch unter 0800-1110111 oder 0800-1110222 an die Telefon-Seelsorge wenden. Dort erhaltet ihr Hilfe und werdet beraten.