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Need for Speed Payback: Der neueste Ableger der Rennspiel-Reihe bei uns im Test!

Coole Karren, qualmende Reifen und eine pumpende Nitro-Einspritzung – es ist wieder Zeit für Need for Speed. Mit Need for Speed: Payback wagen die Entwickler von Ghost Games erneut einen Versuch, um die legendäre Arcade-Racing-Reihe zum neuen Leben zu erwecken. Dabei setzen sie unter anderem auf eine Story im Stile von Fast & Furious – leider zündete der Titel in unserer Testsession nahezu überhaupt nicht. Warum das der Fall ist, lest ihr in unserem Test!

Kaum eine Rennspielreihe steht für Tradition und jahrelangen Erfolg wie Need for Speed. Bereits vor mittlerweile 23 Jahren erschien der Erstling der Reihe und zog mehr als 20 weitere Ableger für verschiedenste Plattformen nach sich. Dabei hat wohl jeder Jahrgang seinen Lieblingsableger der Serie, doch der Kanon lautet meist, dass Need for Speed 3 und die beiden Underground-Teile immer noch nostalgisch positiv in den Köpfen verwachsen sind.

Der Erfolg bei Kritikern und Fans wollte in den letzten Jahren einfach nicht wirklich zurückkehren und so entschlossen sich EA und Ghost Games im Jahr 2015 zu einem Reboot mit dem einfachen Namen ‚Need for Speed‘. Jedoch konnte auch dieser Titel nicht bei der Masse ankommen, was an unterschiedlichsten Faktoren lag. Mit der Ankündigung zu Need for Speed: Payback wurde indirekt versprochen, dass in diesem Jahr alles besser gemacht würde und wieder ein großes Auto- und Action-Feuerwerk ansteht. Dafür ließen sich die Entwickler offenbar von Action-Filmen, wie der Fast & Furious-Reihe inspirieren.

Hollywood hätte Tränen in den Augen

Direkt zu Beginn ist an dieser Stelle anzumerken, dass die unglaublich schäbigen Zwischensequenzen mit realen Schauspielern aus dem letzten Spiel nicht mehr enthalten sind. An der klischeeüberladenen und völlig peinlichen Story ändert das jedoch überhaupt nichts: Drei Freunde stehlen ein Auto eines wohlhabenden Mannes, werden von einer Komplizin verraten, schließen sich mit dem Besitzer des gestohlenen Wagens zusammen und versuchen die Könige der Straßenrennen im Ort Fortune Valley zu werden. So weit so langweilig. Erneut wirkt die Geschichte einfach nur wie ein Leitfaden, der genutzt wird, um von einer peinlichen Situation in die nächste zu geraten und dann schlussendlich mehrere Rennen zu absolvieren, damit die öde Story fortgesetzt wird.

Untermalt wird dieser Aufbau durch geskriptete Sequenzen, in denen unser Fahrer auf möglichst imposante Art und Weise über Klippen springt oder für Explosionen sorgt. Darüber haben wir jedoch keinerlei Kontrolle und schlussendlich enden diese Filmsequenzen meist damit, dass Cops auftauchen, die es entweder abzuschütteln oder aus dem Verkehr zu werfen gilt. Das ist zwar ganz nett, aber wirklich überzeugen kann dieses Prinzip nicht. Sicherlich lässt sich so für die ein oder andere spannende Situation sorgen, aber es wäre um ein Vielfaches interessanter, wenn sich dies durch das Fahren des Spielers ergäbe.

Apropos fahren: Überhaupt wirkt das gesamte Gameplay von Need for Speed: Payback eher schwach. Das Fahrgefühl der ca. 80 enthaltenen Boliden kommt nahezu überhaupt nicht rüber und wirkt aufgrund seiner Schwammigkeit völlig austauschbar.
Dafür ist die Auswahl wirklich gut gelungen, denn vom guten alten VW Golf GTI bis hin zum wahren Monster, dem Koenigsegg Regera, wird einiges geboten und jeder Fan von motorisierten Fahrzeugen dürfte sein persönliches Schätzchen finden. Dabei werden die unterschiedlichen Autos in fünf Klassen aufgeteilt, wobei die unterschiedlichen Rennen nur mit der jeweils passenden Gattung bestritten werden können. Bei den Klassen handelt es sich um Racer, Offroad, Runner, Drag und Drift. Für Abwechslung ist also auch bei den Rennen gesorgt und jede der Klassen hat in gewisser Weise ihren Charme – auch wenn uns das typische Racing noch am ehesten gefallen hat.

Wie man ein Tuning-System zerstört

Doch wie verbessere ich die freigeschalteten Autos? Bietet Need for Speed: Payback erneut massig Möglichkeiten zum Tuning? An dieser Stelle wird der Titel so ernüchternd, wie nur irgend möglich. Nach den Rennen erhaltet ihr eine Auswahl aus drei sogenannten Speedcards. Eine davon dürft ihr ziehen und hinter ihr versteckt sich ein zufälliges Bauteil für euer Fahrzeug, das für Verbesserungen der unterschiedlichen Werte sorgen kann. So ein System dürfte vielen Spielern mittlerweile bekannt vorkommen und ist ganz deutlich an Lootboxen angelegt. Es ändert nun mal nichts, ob ich sie Kisten nenne oder als Karten bezeichne. Wenn wir bereits im Besitz einer besseren Karte sind oder diese nicht benötigen, können wir sie verkaufen und erhalten dafür Ingame-Währung. Diese können wir wiederum in Tuning-Shops gegen andere Karten eintauschen.

Heißt das, dass es also doch Tuning-Shops gibt, in denen gezielt Bauteile erworben werden können? Zu früh gefreut, denn auch das Inventar der Shops wird zufällig generiert und ändert sich erst nach einem gewissen Zeitraum. Außer natürlich der Spieler ist bereit und kauft sich mithilfe von Mikrotransaktionen neue Waren in den Shop, die möglicherweise den persönlichen Präferenzen mehr liegen.
Dieses System ist dermaßen frustrierend und nimmt nahezu jeden Spaß aus dem Tuning-Prinzip. Klar, das Tuning lohnt sich wirklich sehr und ein komplett aufgemotztes Fahrzeug ist deutlich stärker als das Grundmodell, aber es lässt sich eben nie abschätzen, welche Teile wir jetzt erhalten werden. So funktioniert kein spaßiges Spielprinzip – sehr, sehr schade.

Wem es hingegen nur um die Optik der Fahrzeuge geht, kann etwas beruhigt werden, denn das Arsenal an Bauteilen fällt überhaupt nicht gering aus und im Laufe der Zeit schaltet ihr immer mehr Teile frei, die ihr an eure Karosserie schrauben und den eigenen Wagen individualisieren könnt. Besonders gefiel uns hier die Möglichkeit, eigene Designs hochzuladen und sie anderen Spielern zur Verfügung zu stellen. So zauberten wir aus unserem einfachen Golf GTI schnell einen wahren Rennwagen.

Schöne Spielwelt ohne Leben

Optisch kann Need for Speed: Payback stellenweise durchaus überzeugen und sorgt aufgrund der optionalen Crash-Kamera für einige atemberaubende Szenen, bei denen die Funken nur so sprühen und die Boliden auf imposante Art und Weise in viele Teile zerbersten. Überhaupt ist das Design der Fahrzeuge gut gelungen und beweist, dass hier ein großer Stellenwert auf die Umsetzung der Originale gelegt wurde. Schön ist auch die abwechslungsreiche Umgebung von Fortune Valley. Ob kleine Städtchen, Wüsten, Berge oder riesige Gebäude – den erkundungsfreudigen Spielern wird einiges geboten. Diese Erkundungen lohnen sich sogar, denn im Laufe des Spiels erhalten wir immer wieder Informationen über die sogenannten Derelict Cars. Dabei handelt es sich um legendäre Fahrzeuge, deren Einzelteile überall in der Spielwelt versteckt sind und gefunden werden müssen. Dazu erhalten wir ein Foto und eine Markierung eines bestimmten Straßenabschnitts, den es aufzuspüren gilt. Auch wenn dies im ersten Moment eher nervig und stupide klingt, motivieren die tollen Fahrzeuge dennoch zum Erkunden und Suchen der alten Rostlauben.

Doch auch dieses spaßige Feature wird stark gestört, denn die zwar durchaus große Spielwelt fühlt sich einfach zu stringent an. So können wir nicht von hohen Bergen herunterfahren oder sehr waghalsige Sprünge wagen. Hier hätte das Spiel stark punkten können, denn eine offene Spielwelt ruft doch geradezu danach, dass man in ihr Blödsinn anstellt und eben jene Dinge macht, die in der Realität möglich sind. Bei einem so absurden, klischeebehafteten und völlig unrealistischem Setting wäre doch sowas das mindeste gewesen.

Und als wäre das noch nicht genug, wirkt die gesamte Umgebung völlig leblos. Selten taucht ein Verkehrsteilnehmer oder ein rennwütiger Kollege auf, der unbedingt spontan einen Wettbewerb starten will. Gut, aber Polizei wird ja wohl in der offenen Welt sein – falsch gedacht, denn auch diese wird nur durch bereits angesprochene Skriptsequenzen aktiviert und die Officer gönnen sich scheinbar lieber eine ordentliche Kaffeepause als den Rasern auf das Lenkrad zu schauen. Uns ist unerklärlich, wie man solche Möglichkeiten liegen lassen kann, die zumindest dafür gesorgt hätten, dass die Open World spaßig und mehr als abwechslungsreich ist.

Wenig positive Aspekte

Technisch gibt es bei Need for Speed: Payback ansonsten wenig zu meckern, denn das Spiel läuft flüssig, sieht nett aus und je nach Entwicklungsgrad der eigenen Boliden kann das Adrenalin hin und wieder in den Adern pumpen. Hier liegt die klare Stärke der Need for Speed-Reihe, die offenbar weiterhin beherrscht wird.

In den letzten Jahren wurde oftmals kritisiert, dass ein gewisser Online-Zwang bestand und die Spieler sich dauerhaft in einer mit dem Internet verbundenen Welt befanden. Auf dieses Feature wurde glücklicherweise bei Need for Speed: Payback verzichtet und der Titel lässt sich auch ohne Netzwerkzugang problemlos spielen. Doch natürlich wird auch ein Multiplayer geboten, der als Menüpunkt enthalten ist und erwähnte fünf Rennklassen bietet. Einerseits ist diese Simplizität durchaus gut, doch irgendwie bleibt ein fader Beigeschmack und die gesamte Aufmachung der Rennen wirkt ernüchternd. Schon nach kürzester Zeit entfernten wir uns wieder aus den Lobbys und schauten uns lieber wieder die offene Welt von Fortune Valley an.

Es bleibt ein enttäuschter Blick auf Need for Speed: Payback, das endlich wieder alles besser machen sollte. Stattdessen wirkt der Titel an einigen Stellen noch schlechter als der Vorgänger und konnte nur wenig begeistern. So viele Design-Entscheidungen sind einfach nicht nachvollziehbar und schon kleinere Stellschrauben hätten für ein deutlich spaßigeres Spielgefühl gesorgt. Auch das Tuning hätte wunderbar funktionieren können, doch erwähntes Lootbox-System steht dem Ganzen deutlich im Wege und somit tritt Need for Speed weiterhin auf der Stelle – oder geht gar noch weitere Schritte zurück.

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