Film 3: Roma
Wenn ihr die Oscars oder andere Film-Award-Shows in den letzten Wochen verfolgt habt, dann wird euch der Film „Roma“ dabei wahrscheinlich immer wieder begegnet sein. Das mexikanische Drama von Regisseur Alfonso Cuarón, der für Filme wie „Children of Men“ und „Gravity“ bekannt ist, war der erste große Awards-Mitspieler bei Netflix und konnte bei den 91. Academy Awards am drei Oscars abräumen: Beste Regie, Beste Kamera und Bester ausländischer Film.
Dadurch konnte Netflix Geschichte schreiben, denn somit wurde erstmals ein Streaming-Film, die von vielen Award-Shows, Filmfestspielen und Kritikern als nicht würdig angesehen werden, erstmals mit dem größten Filmpreis ausgezeichnet. Somit können nun auch Streaming-Anbieter in der großen Liga der Filmwettbewerbe mitspielen. Doch was macht „Roma“ so besonders?
In dem faszinierenden mexikanischen Drama, das in Mexiko-Stadt im Jahre 1970 spielt, folgen wir der Geschichte der jungen Mixtekin (indigene Kultur aus Südamerika) Cleo, die als Kindermädchen und Haushälterin für eine siebenköpfige Familie im Stadtteil Roma arbeitet. Hierbei erleben wir ihren Alltag, wie sie sich um die Kinder kümmert, das Haus in Ordnung bringt und mit Nachbarn und Freunden agiert.
In einer ruhigen und fast harmonischen Atmosphäre erzählt der Regisseur die Geschichte einer jungen Frau, die ihre erste Liebe und Beziehung erfährt, Begegnungen mit Verlust und Tod macht und versteht was es heißt, in einer Familie zu leben, die nicht immer unbedingt biologisch verbunden sein muss. Cuarón behandelt hier mit wunderschöner Kameraführung und subtilem Drehbuch außerdem Themen wie Rassismus und Revolution, die aber nicht auf die Nase gedrückt zu sein scheinen.
„Roma“ ist ein überwiegend langsam erzählter Film und hat außer zwei, drei Höhepunkten eine recht ruhige Erzählstruktur. Was den Film ausmacht ist seine unglaubliche Cinematographie und Kameraführung, mit der Cuarón Mexiko der 1970er Jahre in epischer Form zum Leben erweckt. Roma besteht fast ausschließlich aus langen Szenen mit wenigen Schnitten, links-rechts Kameraschwenks, die den Film wie ein einziges Panoramabild wirken lassen und Nahaufnahmen der HauptdarstellerInnen, die somit in intimster Form jede Emotion rüberbringen können.
Weiterhin wirkt die Geschichte, die auf dem echten Leben des Kindermädchens des Regisseurs und seiner Familie basiert, viel weniger wie ein Film, sondern fast schon wie ein direkter Einblick in das Leben der jungen Cleo, die beeindruckend von der Schauspieler-Newcomerin Yalitza Aparicio gespielt wird, die mit ihrer ersten Rolle sogar eine Oscar-Nominierung erhalten konnte.
Wegen seinem beeindruckenden Bild solltet ihr „Roma“ möglichst auf einem großen Bildschirm genießen. Der Film war in wenig ausgewählten Kinos unter anderem in Deutschland zu sehen und abermals kam die Frage auf, ob Streaming-Anbieter ein guter Weg sind, mehr Leuten Filme nahe zu bringen oder ob es das Kino und sein Erlebnis somit zu Nichte macht.
Mit Filmen wie „Roma“, die durch ein episches Bild und einer besonderen Soundkulisse leben, ist das Argument schon beständig, dass solche Projekte nicht unbedingt für unsere Bildschirme zu Hause gemacht sind. Doch auf welcher Seite der Diskussion man auch stehen mag, „Roma“ sollte, wo auch immer, unbedingt gesehen werden. Es ist vielleicht nicht der aufregendste Streifen, doch werdet ihr solch einen Film sicherlich noch nie zuvor gesehen haben. Und ob er euch schlussendlich gefällt oder nicht, „Roma“ hat in jedem Fall eine Chance verdient!