Octopath Traveler dürfte das bislang wichtigste Rollenspiel für die Nintendo Switch sein, das der Konsole bislang schmerzlichst gefehlt hat. Im Gegensatz zum wunderschönen Oldschool-Grafikstil ist das Gameplay jedoch alles andere als zweidimensional: Mit viel Spieltiefe und spaßigen Gameplay-Mechaniken täuscht Octopath Traveler über seine Story-Schwächen und repetitiven Sequenzen hinweg.
Alleine der Ansatz, den Octopath Traveler hier verfolgt, klingt so größenwahnsinnig, dass es nicht funktionieren kann. Acht völlig unterschiedliche Charaktere sollen ihre ganz eigene rund 4 bis 5 Stunden lange, gleichberechtigte, sie persönlich betreffende Geschichte mit jeweils vier Kapiteln bekommen, dabei zwischendurch aufeinandertreffen und sich gegenseitig kreuzen.
Allerdings gelingt dies nicht wirklich: Ein großes Ganzes existiert hier nicht. Jede Geschichte hat ihre eigenen Stärken und Schwächen und überwiegt Letzteres, würde man diesen Charakter gerne überspringen und nach hinten stellen. Das geht aber nicht: Beim ersten ausgewählten Charakter muss man die Geschichte abschließen.
Der Zwang einer Geschichte
Die Geschichte eines anderen Charakters kann man nämlich erst dann starten, wenn man ihn in einer Stadt antrifft. Bis dahin muss man aber erst einmal kommen. Was bedeutet, dass ihr euch in der Zwischenzeit durchquälen müsst. Habt ihr endlich die Geschichte eures Charakters abgeschlossen, dürft ihr einen anderen Anführer wählen und seid endlich erlöst. Gott sei Dank.
Allerdings seid ihr regelrecht gezwungen, zwischendurch eine andere Geschichte zu spielen. Viele Gebiete (mehr dazu später) erfordern ein „empfohlenes Mindestlevel“, das zwar angepasst werden kann, aber eine deutliche Barriere aufstellt. Und so springt ihr von Geschichte zu Geschichte, kehrt dann irgendwann wieder zurück und seid nun in der Lage, vielleicht doch irgendwie durch das Gebiet zu kommen. Wenn nicht, darf ordentlich gegrindet werden.
Die gesamte Truppe auf einen Blick
Schattenspiele
Darüber könnte ich noch hinwegsehen, wäre da nicht etwas, das meine Freude stark trübte: Die einzelnen Charaktere treffen zwar aufeinander, aber eine wirkliche Interaktion, eine gemeinsame Motivation, an ihr Ziel zu kommen, existiert nicht. Es gibt eigentlich keinen Grund dafür, dem jeweils anderen zu helfen.
Und so kommt es dazu, dass ihr zwar miteinander kämpft, aber nie wirklich miteinander redet. Als wärt ihr nur ein Schatten. Erst ganz am Ende gibt es zum Trost eine kleine Übereinstimmung zwischen den einzelnen Helden, auch wenn sie über den holprigen Weg nicht hinwegtäuscht.
Immer dasselbe
Und dann kommt auch noch der Ablauf jedes einzelnen Kapitels hinzu. Der besteht nämlich im Grunde genommen bei allen aus den folgenden Abschnitten: Ihr reist zu einer Stadt, bekommt dort dann erst einmal eine Cutscene zu sehen, dürft dann mit Leuten reden, dann mit noch mehr Leuten reden, einige weitere Cutscenes schauen, dann in einen Dungeon gehen und anschließend den Boss besiegen. Tada, fertig! Und jetzt noch ein paar weitere Male.
Schlüsselmomente sind grundsätzlich vertont, wenn auch nur in ziemlich gelungener englischer oder japanischer Sprachausgabe sowie deutschen Untertiteln. Abseits dessen müsst ihr euch allerdings mit dem Lesen des Textes begnügen und hört im Hintergrund die ewig gleichen „Seufzer“, „Haha“ oder „Och“, um den aktuellen Satz zu vertonen – ein ziemlicher Atmosphäre-Killer.
Nur wenig Synchronisation
Keine Erfahrungspunkte für Nebenquests
Abseits der Hauptgeschichte könnt ihr nahezu überall eine Nebenaufgabe finden, die meistens einfache Suche-das-Item-und-bring-es-mir-oder-töte-diese-eine-Person-Quests darstellen. Unerklärlicherweise bekommt ihr als Belohnung keine Erfahrungspunkte, sondern nur Gold oder Items.
Zum Lösen der Aufgaben benötigt ihr in der Regel eure Pfad-Fähigkeiten: Der eine ist ein exzellenter Dieb, die eine verführt gerne ihre Mitmenschen, der andere kann jeden zu einem Duell herausfordern.