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Phantastische Tierwesen 2: Warum der zweite Film keine gute Fortsetzung ist

Mit Mehrteilern ist es so eine Sache. Denn im Grunde erfüllen alle Parts, die zwischen dem ersten und letzten Film, Buch oder Game liegen, nur die Funktion von Klebstoff. Sie sollen Anfang und Ende zusammenpappen und wenn’s gut gelingt, sind sie unverzichtbarer Teil eines großen Ganzen. Ziel sollte dabei aber sein, dass sie trotz dieses Dazwischenseins eigenständig Spaß machen. Also nicht nur überbrücken, sondern neue Figuren etablieren, alte entwickeln und Konflikte verstricken oder weiterspinnen. Das ist die große Kunst des Mehrteilers, an dem schon einige Franchises gescheitert sind, etwa Peter Jacksons „Herr der Ringe“ oder Klassiker wie „Zurück in die Zukunft“ und „Indiana Jones“. Gerade bei Filmen scheint’s oft schwer, Anfang und Ende gekonnt zu kleben. Games haben’s etwas leichter, sie können – selbst wenn die Story dünn ist – Grafik und Gameplay optimieren. Filme hingegen werden nicht besser, nur weil die Optik poliert wurde. Dazu kommt, dass bei Fortsetzungen die Erwartungen oft ins Gigantische wachsen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Meinung/ Erfahrungsbericht von Eva Lill.

Als vor zwei Jahren J.K. Rowlings „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ ins Kino kam, wurde der Fantasyfilm belächelt. Ein Fünfteiler auf Basis eines 64-seitigen fiktiven Schulbuches? Klingt verdächtig nach Geldmache. Zwar reichte der Streifen mit Eddie Redmayne („Die Entdeckung der Unendlichkeit“) unter Regie von David Yates (auch: die letzten vier Filme der Original-Potter-Reihe) nicht an die Magie von Harrys Abenteuern heran, unterhielt aber mit Creature-Cuteness und starken Figuren – voran Redmayne als autistischer Koffer-Ghostbuster und Muggle-Sidekick Jacob Kowalski (Dan Fogler). Bei Rottentomatoes gab’s immerhin 74 Prozent und Kritiker lobten Einfallsreichtum und Frische der Story. Auch das Portmonee der Potter-Mama durfte sich freuen, allein in Deutschland spielte „… und wo sie zu finden sind“ etwa 34 Millionen Euro ein.

Nun ist der zweite Teil von geplanten fünf im Kino gestartet. Und wer an Vorzeichen glaubt, durfte schon vor dem Schauen gesunde Skepsis gegen Grindelwalds Verbrechen hegen. Denn in den vergangenen Monaten gab’s einige Aufreger bei Twitter und Co. Zum Beispiel ging’s darum, dass im Film eine junge Professor McGonagall über die Leinwand geistert, obwohl sie im Handlungsjahr 1927 noch gar nicht geboren ist. Auch lud David Yates Zorn auf sich, als er ankündigte, Hogwarts-Schulleiter Albus Dumbledore nicht als homosexuell zeigen zu wollen, obwohl mittlerweile jeder halbwegs Interessierte weiß, dass dieser in seinen Erzrivalen Grindelwald verliebt war. Zusätzlich kam die Besetzung der „Schlange“ Nagini mit der koreanischen Darstellerin Claudia Kim im Internet nicht gut an. Fans empörten sich über „erzwungene Diversität“.

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Dann noch die Sache mit Ex-Nerdliebling Johnny Depp, der sich nach Schlagzeilen über häusliche Gewalt und einigen eher peinlichen Rollen aus den Herzen der Branche gespielt hat. Und da’s in „Phantastische Tierwesen 2“ schon dem Titel nach vor allem um seinen Grindelwald geht, hatten sich einige im Vorfeld eine Umbesetzung gewünscht. Zum Glück gab’s die nicht, denn Johny Depp ist eine der wenigen Gründe, „Grindelwald“ gut zu finden.

Zur Story: Nachdem Newt (Redmayne) am Ende von „Phantastische Tierwesen“ halb New York in Schutt und Asche gezaubert hat, sitzt er in London fest. Das magische Ministerium hat ihm Reiseverbot erteilt. Blöd, zumal er gern seine Noch-Nicht-Liebhaberin Tina (Katherine Waterston) wiedersehen würde. Auch die übereifrigen Versuche seines Bruders Theseus (Callum Turner), ihn für einen Bürojob zu gewinnen, nerven Newt enorm. Als Oberfiesling Grindelwald (Depp) aus dem Zauberergewahrsam entkommt und Queenie (Alison Sudol) sowie Kowalski (Fogler) bei Newt daheim auftauchen, beginnt die Suche nach einem alten Bekannten: Credence (Ezra Miller). Dieser scheint der Schlüssel dafür zu sein, Grindelwald zu stoppen. Denn der verbreitet munter Rassenhass zwischen rein- und mischblütigen Magiern und Non-Mages. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt Albus Dumbledore (Jude Law), der einzige, der Grindelwald gewachsen ist. Auch Newts Schulschwarm Leta Lestrange (Zoe Kravitz), die nun mit Theseus liiert ist, will den Helden helfen.

Durfte der Zuschauer beim ersten Teil vor allem Newt beim Zähmen putziger Kreaturen auf die Finger gucken, erzählt die Fortsetzung gleich eine ganze Hand voll Geschichten. Das ist allerdings stellenweise so gehetzt und verstrickt, das bloß der Ultra-Harry-Potter-Nerd bei Namen und Bezügen durchblickt. Zumal es in „Grindelwalds Verbrechen“ die meiste Zeit um Verwandtschaftsverhältnisse geht. Gepaart mit sehnsuchtsvollen Schmachtblicken zwischen Newt und Tina, Leta und Newt, Theseus und Leta, Queenie und Kowalski, Dumbledore und Grindelwald und irgendwie auch Grindelwald und Credence fühlen sich die 134 Minuten an wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten – jetzt auch mit Zauberern“.

Zwischen all dem bleibt an sich interessanten Figuren zu wenig Raum, um sich zu entwickeln. Newt ist zwar weiterhin Herz der Reihe, darf aber bloß noch erschrocken gucken, Tina darf quasi gar nichts mehr und selbst Queenie und Kowalski verlieren durch nicht nachvollziehbare Story-Twists eine Menge ihres „Beauty & The Nerd“-Charmes. Gut, dass zumindest Johnny Depp eine erinnerungswürdige Figur abliefert und Leta Lestrange ein wenig Grau in die arg simple Schwarzweiß-Welt von „Phantastische Tierwesen“ bringt. Auch okay: Callum Turner könnte als Newts Bruder noch eine echte Bereicherung für die Reihe werden. Weniger leicht hat es Jude Law als Dumbledore. Er versucht zwar, angemessen väterlich-schräg und warmherzig herumzukauzen. Aber das hier und da geblinzelte Augenzwinkern täuscht nicht drüber hinweg: Law ist schlicht zu sehr Schönling, um die tattrige Liebswürdigkeit des späteren Schulleiters auch nur anklingen zu lassen.

Das Schlimme an „Grindelwald“ sind aber weder Figuren noch die Soap-Dialoge, sondern, dass der Film die zweite Hälfte seines Vorgängers quasi überflüssig macht. Credences Tod? Nö, nie passiert. Kowalskis Erinnerung weg? Nö, nie passiert. Die Auflösung von Cliffhangern derart zu vergeigen, ist nie eine gute Idee. Liebe Drehbuchschreiber, wann kapiert ihr das endlich?

Es gibt auch Gutes. Optisch ist der Streifen eine Wucht, wunderbar gefilmt, große Schlachten, bunt und fantasievoll. Aber ihm gelingt eben nichts von dem, was einen zumindest okayen Mehrteiler-Zwischenpart ausmacht. Für sich genommen baut er weder Spannung auf, noch ist die Handlung verständlich. Im Bezug zu Teil eins führt er die Konflikte nicht fort, sondern tut stattdessen so, als hätte es sie nie gegeben. Den Klebstoff, den „Grindelwalds Verbrechen“ auf die Rückseite von „…wo sie zu finden sind“ schmiert, hält also reichlich wenig. Es bleibt zu hoffen, dass die nächsten Teile besser zusammenpappen. Oder sogar mehr sind, als bloß Heißkleber fürs Harry-Potter-Universum.

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