Das Pokémon-Sammelkartenspiel erlebt zurzeit einen nie dagewesenen Hype. Die Verkäufe für die Karten springen in die Höhe – aber das gilt auch für die Preise. Und genau darin liegt ein großes Problem.
Der neue Hype um das Pokémon TCG
In jüngerer Vergangenheit hatte das Pokémon TCG (Trading Card Game) noch mit einer schweren Krise zu kämpfen. Jahrelang interessierte sich kaum jemand für die Sammelkarten. Mit neuen Kartenversionen wie den GX- oder später den V-Karten, die nicht nur selten, sondern auch besonders stark sind, wurde versucht, neue Käufer anzulocken und das Spiel wieder attraktiv zu machen. Und tatsächlich, das Sammelkartenspiel erfreut sich heute einer so großen Beliebtheit wie noch nie.
Die Umsätze belegen dies: Allein im letzten Fiskaljahr, das von März 2020 bis März 2021 reicht, wurden 3,7 Milliarden Pokémon-Karten verkauft. Seit der Markteinführung des Pokémon TCG im Jahr 1996 in Japan (bzw. 1998 in Nordamerika) steigt die Zahl der verkauften Karten somit auf 34,1 Milliarden. Damit wurden 10 Prozent aller bislang hergestellten Pokémon-Karten allein im letzten Fiskaljahr verkauft
Das Pokémon-TCG ist im Hype – sogar weit über die Pokémon-Community hinaus. Der Grund liegt allerdings nicht nur an den begehrten Glitzerkarten an sich.
YouTuber packen aus und machen die Karten wertvoll
Besonders seitdem viele YouTuber wie Logan Paul auf den TCG-Zug aufsprangen und Unmengen an Booster-Packs und Boxen kaufen, um sie in Streams oder Videos zu öffnen, sind die Sammelkarten wieder im Rampenlicht. Dabei sind es vor allem die alten Klassiker wie das First Edition Glurak, die anschließend mit horrenden Summern beziffert werden, wovon man sich schon ein Haus kaufen könnte. Ein Eigenheim mit einer Pokémon-Karte bezahlen? Das klingt so verrückt, ist aber heutzutage wirklich vorstellbar. Pokémon-Karten sind zu richtigen Wertanlagen geworden.
Die Folge: Der Hype macht die Pokémon-Karten aktuell so wertvoll wie nie und das wird ausgenutzt.
Bei meiner Recherche schaute ich mich in einschlägigen Verkaufsplattformen um und entdeckte, wie überfüllt sie mit Angeboten von Pokémon-Karten sind. Selbst für ein altes Pikachu aus dem ersten Booster möchten manche Verkäufer mindestens 20 oder sogar 30 Euro. Handelt es sich dabei vielleicht um eine besondere Karte? Nein, in meiner Grundschulzeit hatten viele Kinder Dutzende von diesen Pikachu-Karten und haben manchmal welche für einen Schokoriegel getauscht. Preise für aktuelle Holo-Karten oder andere seltene Ausführungen sind nicht selten sogar mal im dreistelligen Bereich zu sehen.
Auf großen Auktionen werden Pokémon-Karten bisweilen für astronomische Summen verkauft. Berühmt geworden ist dabei das Feuer-Pokémon Glurak aus dem ersten Booster. Eine einwandfreie Version der Karte aus der 1. Auflage der Booster-Reihe gilt als eine der wertvollsten Pokémon-Karten überhaupt und wurde erst kürzlich für 312.000 US-Dollar verkauft.
Eine ungeöffnete Box der ersten Booster-Reihe wechselte sogar für 666.000 US-Dollar den Besitzer und stellt damit einen neuen Rekord auf. Der bereits erwähnte YouTuber Logan Paul, der mitverantwortlich für den aktuellen Pokémon-TCG-Hype ist, hat für sechs solcher Boxen 2 Millionen US-Dollar ausgegeben.
Alles wird leer gekauft
Die gestiegenen Preise haben vor allem in den letzten Monaten viele Leute dazu veranlasst, ebenfalls auf den Pokémon-TCG-Zug aufzuspringen. Nicht etwa, weil sie Pokémon-Fans sind, sondern schlicht aus dem Grund heraus, Profit aus den Sammelkarten zu schlagen.
Scalper und private Händler kaufen die Läden sowie Onlineshops leer und verkaufen die Booster, Boxen oder einzelne Karten wesentlich teurer weiter. An dieser Stelle verlinke ich ein Video aus einem US-amerikanischem Geschäft, das verdeutlich, wie groß der Andrang ist, wenn es um Pokémon-Karten geht. Einige Ladenketten haben die begehrten Pokémon-Karten anschließend aus Sicherheitsgründen zeitweise aus dem Sortiment genommen.
Ein Teenager hat es sogar geschafft, durch den privaten Verkauf beliebter Güter wie PS5-Konsolen, Grafikkarten und eben auch Pokémon-Karten reich zu werden.
Kinder leiden am meisten unter dem Hype
YouTuber, Scalper und private sowie kommerzielle Händler profitieren also vom Pokémon-Karten-Hype – genauso wie die Sammelkarten-Hersteller, The Pokémon Company und Nintendo. Aber wer leidet am meisten darunter? Mit Sicherheit die Kinder, die die Karten schlicht als Pokémon-Fans sammeln möchten.
McDonald’s hatte vor geraumer Zeit in ihrem Happy Meal Pokémon-Karten als Geschenk. Die Zielgruppe: Ganz klar Kinder. Sehr schnell sammelten sich jedoch die Schlagzeilen, dass Happy Meals reihenweise aufgekauft werden, nur damit die Leute an die Karten kommen. Viele davon rein aus der Ambition heraus, sie direkt auf Ebay und Co. teuer weiterverkaufen zu können. Das Essen? Wird sogar weggeworfen, wie berichtet wurde.
Noch krasser: Auf diesen Verkaufsplattformen finden sich sogar direkt ganze (noch neu verpackte) Lieferkartons mit den Karten-Zugaben, bei denen es einige geschafft haben, sie direkt von McDonald’s zu kaufen. Was heißt das für Kinder? Vielerorts waren die Karten ausverkauft und mitunter gingen die kleinen Fans leer aus.
Der Pokémon-Hype ist ein Problem
Der Pokémon-Hype hat seine Schattenseiten: Immens gestiegene Preise für Pokémon-Karten und leer gekaufte Läden. Gerade Kinder haben oft das Nachsehen, wenn es darum geht, vom eigenen Taschengeld Pokémon-Karten zu kaufen. Generell können sich Fans mit kleinerem Geldbeutel solche Karten aktuell immer weniger leisten. Somit wird das Kartenspiel wohl in erster Linie für die Leute unattraktiver, die es wirklich spielen möchten. Das kann den Spaß am Hobby wirklich verderben.
Viele sehen in den Pokémon-Karten immerhin nur ein Mittel, um Profit zu generieren und große YouTuber heizen den Hype zusätzlich an. Aber irgendwann dürfte sich auch dieser Aufschwung legen und die Pokémon-Karten werden früher oder später wieder bezahlbarer. Das würde vor allem die Kinder freuen. Für Nachschub an neuen Karten ist immerhin gesorgt. The Pokémon Company bringt regemäßig neue Booster-Reihen heraus und erweitert so das Sortiment.