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PS Vita: Mehr als ein unterschätzter Underdog?

Es ist wieder so weit: Seit spätestens Oktober werden wir wieder früher als erwünscht an das Ende des Jahres erinnert. Bereits seit Wochen werden wir an Supermarktkassen von Weihnachtsspekulatius belästigt und das anstehende Weihnachtsgeschäft setzt den meisten anthropologischen Wesen (wissenschaftlicher Teil des Artikels ist hiermit abgehakt, Vorschlag für den Pulitzer Preis ist erwünscht) in Deutschland eine imaginäre Pistole auf das Portemonnaie. Doch was schenkt man seiner liebsten Gamingfamilie zum Fest? Viele werden die diese Woche erscheinende Wii U auf dem Zettel haben, doch zurecht? Schließlich gab es bereits im Februar des Jahres mit der PSVita einen neuen Hardware-Release, der für ordentlich Aufsehen gesorgt hat. Da Nintendos neues Zugpferd in nächster Zeit sowieso die Medien dominieren wird, möchten wir auch SONY's mobilem System eine Plattform geben, denn die Vita kann der Wii U in manchen Dingen durchaus das Wasser reichen.

Wer sich ein wenig mit der Vergangenheit von SONY auseinandersetzt, der wird schnell feststellen, dass die Idee eines zweiten Bildschirms in der Hand hier bereits Einzug gehalten hat. Wer neben der PS3 eine PSP besaß, der durfte letztere als Rückspiegel in F1 Champions Edition nutzen. Natürlich waren weder ein Touchscreen implementiert, noch andere große Funktionen vorhanden, doch es war ein erster Versuch. Ein Versuch, den Nintendo jetzt mit eigenem Konzept aufgreift. Doch was oft vergessen wird, ist, dass auch die Vita als Nachfolger der PSP einige Fortschritte in die selbe Richtung unternimmt.

Tennisarm Olé

Ein Feature, mit dem Nintendo immer wieder protzt, ist der Bildschirmkontroller, der mit dem Bild auf dem Fernseher interagiert. Durch einfaches Zeigen auf den Bildschirm ergeben sich neue Ansichten, es wird gescannt, geschossen oder geprügelt. Ein Feature, das definitiv Aufsehen erregt, in unseren ersten Anspielsessions allerdings aufgrund der üppigen Kontrollermaße ordentlich die Arme strapazierte. Die im Vergleich nahezu filigrane Vita stand bisher bloß als mobile Konsole im Mittelpunkt, ist aber durchaus in der Lage, ähnliche Kunststückchen zu vollführen. Die auf Augmented Reality ausgelegte Kamera der kleinen Konsole ist durchaus imstande, Fernsehbilder zu erkennen und ihr eigenes Bild darauf zu synchronisieren. So wird es im neuen Sly Cooper möglich sein, die Gegend auf dem Bildschirm mithilfe der Vita nach versteckten Schätzen abzuscannen. Wenn von SONY und Third-Party-Entwicklern in Zukunft mehr Arbeit in dieses Gebiet gesteckt wird (es ist zu bedenken, dass die Vita nicht mal ein Jahr auf dem Markt verweilt und somit noch einige Jahre und Entwicklungspotenzial übrig hat), dann könnte die Vita durchaus in der Lage sein, die Wii U in den Schatten zu stellen, denn vergleicht man den Wii-Kontroller mit der Vita, werden die Unterschiede deutlich erkennbar. Die Vita hat einen zusätzlichen Touchscreen auf der Rückseite, ist hochwertiger verarbeitet und hat einen besseren Frontscreen. Fairerweise muss man allerdings auch anmerken, dass das Nintendo-Vergleichsstück „nur“ ein Kontroller ist und keine vollwertige Konsole. Wobei da auch wieder der nächste Knackpunkt liegt. Eine Vita kann man überall hin mitnehmen, ein Wii-Kontroller ohne Wii U ist hingegen wenig wert.

Das neue Zauberwort „cross“

Die neue Vita-Strategie setzt massiv auf Crossfeatures, namentlich Cross-Buy, Cross-Save und Cross-Play. Das Prinzip von Cross-Save existiert schon länger, es bedeutet, dass wir unsere Speicherstände der PS3 auf der PSP abrufen können. Dies bietet die Möglichkeit, ortsungebunden zu daddeln. Allerdings wird dieses Feature aktuell nur bei ausgewählten Spielen unterstützt und wir hoffen auf viele weitere Titel, die dieses Feature implementieren können. Aktuell ist dies bei Playstation Allstars: Battle Royal der Fall und auch bei dem nächsten Sly Cooper-Titel dürfen wir uns auf dieses Feature freuen.

 

Eine unausweichliche Frage, die dabei aber zwangsläufig aufgeworfen wird, ist, ob ein Titel für dieses Feature auch auf beiden Konsolen, der PS3 und der PSVita, verfügbar sein muss? Jein! Einige Downloadtitel beispielsweise unterstützen das Feature bereits und sind nach dem Download sowohl auf der Vita als auch der PS3 spielbar. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Metal Gear Solid HD-Collection. Bei Titeln, die nicht als Download für beide Systeme zur Verfügung stehen, geht SONY nun einen anderen Weg: Cross-Buy. Eben genanntes Battle Royal von SONY ist der erste Cross-Buy-Titel und bietet beim Kauf der PS3-Version einen kostenlosen Download für die Vita-Version an, ohne weitere Kosten zu verursachen. Ob das Cross-Buy-System allerdings Bestand hat oder ob in Zukunft zumindest kleine Beträge anfallen, um eine zweite Version zu bekommen, ist aktuell nicht klar. Sollte SONY diese Strategie allerdings konsequent fortsetzen, wäre zumindest eine gute Grundlage geschaffen, auf einem gleichen Level wie die Wii U Spiele anbieten zu können.

Den letzten Begriff Cross-Play werden sich die meisten bis zu diesem Punkt wahrscheinlich schon hergeleitet haben. Als einer der ersten Titel ist es bei Battle Royal möglich, mit der Vita gegen PS3-Spieler anzutreten. Ebenfalls ein Novum und eine wichtige Entwicklung, um die Vita mit der PS3 zu verknüpfen. Ebenfalls nicht unbeachtet bleiben darf zudem das Remote Play-Feature, das von ein paar Titeln unterstützt wird. Mit einer stabilen Internetverbindung können wir viele Titel aus der Ferne über die PS3 im Eigenheim starten und spielen. Das kann die Wii U zwar auch, ist dabei allerdings in der Reichweite begrenzt. Und was schließen wir daraus? – Wir hoffen, dass diese Features nicht nur Ausnahmen bleiben, denn mit einer ordentlichen Grundlage an Spielen fördert dies ein Spielerlebnis, das über das einer Wii U sogar hinausgehen könnte.

Spielverderber Handy

Das stetig und explosionsartige Wachstum des Smartphone- und Tabletsegments hat seine Spuren hinterlassen. Das meist gehörte Argument bei den letztlich suboptimalen Verkaufszahlen der Vita ist die billige Smartphone-Alternative. Doch ist das wirklich eine Alternative?

Natürlich bieten Smartphones Minispiele und die stellenweise gewünschte Kurzweil bei langen Auto- und Bahnfahrten, doch ist das letztendlich doch eigentlich wenig vergleichbar. Für die meisten Menschen reicht eine Runde Angry Birds auf dem Weg zur Arbeit, doch wer wirklich Tiefgang haben möchte, der bleibt in 95% der Fälle auf dem Smartphone unbefriedigt. Es ist als sei vergessen, wie wertvoll damals GameBoys waren und dass dieses Feeling heutzutage mitnichten von einem Smartphone rekonstruiert werden kann (OK, GameBoy-Emulatoren sind eine Ausnahme). Leider werden die aktuellen Entwicklungen vor allem eines erreichen: die Verdrängung von Spielekonsolen vom mobilen Markt. Selbst der Versuch eines Hybrids aus Konsole und Smartphone wurde vom freien Markt hart gestraft: Das Xperia Play von SONY floppte und ging gnadenlos unter. In der Hektik des Alltags muss anscheinend alles schnell gehen, Zeit nimmt sich heutzutage ja anscheinend keiner mehr.

Wii U oder Vita?

Natürlich ist die Vita (noch) kein wertiger Wii-U-Ersatz, dennoch hat das mobile Konsölchen genug Potenzial und, vor allem, noch genug Zeit, seinen Platz zu finden. Bei konsequenter Weiterentwicklung und Durchsetzung der Cross-Features, vor allem des Cross-Buy, könnte sich die Vita zumindest für PS3-Besitzer als lohnende Investition erweisen. Für 200 € wäre das zumindest eine günstigere Alternative zur Wii U. Vorteile und Nachteile sind hier individuell verschieden. Wer natürlich einen Mario-Fetisch hat, der wird mit der Vita nicht glücklich werden, im Gegensatz zu PlayStation-Jüngern. Wer sich unterwegs zudem gern die Zeit nimmt, um wirklich tief gehende Spielerfahrungen zu machen, der sollte sich die Vita noch einmal genauer angucken.

Wer letztendlich den Weihnachtswettkampf gewinnt, ist natürlich schon jetzt klar und wir verabschieden uns mit den Worten: Wir wollten es ja nur mal gesagt haben!

Redaktion PlayCentral

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