Die Verfügbarkeit von Grafikkarten, Spielekonsolen und Co. war wohl noch nie so schlecht wie es aktuell der Fall ist. Schuld für die Produktengpässe ist allerdings nicht ausschließlich die COVID-19-Pandemie, in der wir uns derzeit befinden. Zwar sorgte die Schließung vieler Fabriken zu Beginn der Pandemie für eine vorübergehende Verzögerung der Versorgung, mittlerweile läuft die Produktion allerdings wieder auf einem normalen Niveau.
Die Gewohnheiten der Menschen haben sich verändert
Aufgrund der Pandemie haben sich jedoch generell und sehr wahrscheinlich auch langfristig die Gewohnheiten der Menschen verändert, wodurch die Nachfrage nach Elektronikprodukten weiterhin ansteigt. Mittlerweile befinden wir uns deshalb an einem kritischen Punkt, an dem ein weltweiter Mangel an Computerchips herrscht, der nicht ausreichend bedient werden kann.
„Chips sind alles“, sagt Neil Campling, Medien- und Technologieanalyst bei Mirabaud. „Hier herrscht ein perfekter Sturm von Angebots- und Nachfragefaktoren. Aber im Grunde gibt es ein neues Level der Nachfrage, mit der man nicht Schritt halten kann, jeder steckt in der Krise und es wird schlimmer.“
Betroffen ist auch die Autoindustrie, weshalb derzeit einige Fabriken nur noch im Leerlauf betrieben werden können. Im vergangenen Monat gab Sony mit weiteren Konsolenherstellern bekannt, dass die Verkaufsziele der PS5 in diesem Jahr aufgrund der Versorgungsprobleme mit Halbleitern möglicherweise nicht erreicht werden. Microsoft kündigte an, dass die Lieferprobleme mindestens bis zur zweiten Jahreshälfte anhalten werden.
Es herrscht ein großer Mangel an Computerchips
Wie groß der Mangel an Halbleitern aktuell ist, zeigt das Beispiel Samsung recht anschaulich. Das Unternehmen gehört nach Apple zum weltweit zweitgrößten Abnehmer von Chips für die eigenen Produkte. Anfang dieser Woche gab Samsung bekannt, dass die Einführung des neuen High-End-Smartphones aufgrund des Mangels möglicherweise verschoben werden muss, obwohl es sich bei dem Unternehmen zugleich um den zweitgrößten Chiphersteller der Welt handelt.
„Es ist unglaublich, dass Samsung Halbleiter im Wert von 56 Milliarden US-Dollar an andere verkauft und Halbleiter im Wert von 36 Milliarden US-Dollar selbst benötigt. Möglicherweise muss Samsung die Einführung eines seiner eigenen Produkte verzögern“, so Campling.
Laut Koh Dong-jin, Geschäftsführer von Samsung, gibt es ein wichtiges Problem. So bestehe ein „ernstes Ungleichgewicht“ in der Hackordnung, wer die begrenzten Vorräte an Chips erhält. Autohersteller stehen hier zum Beispiel ganz hinten auf der Liste, da die gesamte Autoindustrie „nur“ Chips im Wert von 37 Milliarden US-Dollar kauft. Zu den größten Unternehmen gehören hier Toyota und Volkswagen, die jeweils mehr als 4 Milliarden US-Dollar ausgeben. Dies macht sie zu relativ kleinen Unternehmen für Halbleiterlieferanten.
„Am schlimmsten betroffen waren Autos, weil sie die letzten auf der Party waren. Wenn Apple 56 Milliarden US-Dollar pro Jahr ausgibt und wächst, an wen werden Sie dann zuerst die Vorräte liefern?“ sagt Campling.
Wie sieht die Zukunft aus?
Doch wann kann der gestiegene Bedarf endlich ausreichend bedient werden? Es dürfte wohl noch bis zu zwei Jahre dauern, ehe komplexe Halbleiterfabriken in Betrieb genommen werden. In der Zwischenzeit werden Hersteller die Preise zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr erheblich erhöhen.
„Es gibt keine Anzeichen dafür, dass das Angebot aufholt oder die Nachfrage sinkt, während die Preise in der gesamten Kette steigen“, sagt Campling. „Dies wird auf die Menschen auf der Straße übergehen. Erwarten Sie, dass Autos mehr kosten, Telefone mehr. Das diesjährige iPhone wird nicht billiger sein als letztes Jahr. „