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Sind Reactions überhaupt legal? Jetzt wissen wir es

Viele Influencer reagieren live auf Twitch oder anderen Streaming-Plattformen auf Inhalten von anderen Content-Creator*innen. Aber ist das eigentlich legal? Darf ich das tun oder bringe ich mich in rechtliche Schwierigkeiten, wenn ich mir den Content von anderen für mein Video schnappe?

Das ist eine Frage, die schon seit geraumer Zeit in den Köpfen vieler Kunstschaffenden geistert. Immerhin haben sich „Reactions“ mittlerweile zu einem gängigen Format entwickelt. Es wird reagiert und das nicht zu knapp!

Aber ihr solltet bei euren Reactions ein paar Dinge beachten und was das genau ist, können wir nun dank der Aufklärung von YouTube-Anwalt Christian Solmecke beantworten.

Wie kam es zu der Aufklärungsanfrage?

Reactions über Reactions: Ein Videokünstler reagiert auf ein Video, das er online gesehen hat, und dann kommt ein zweiter und reagiert auf die Reaktion. Nicht selten schalten sich dann sogar noch mehrere Parteien ein und es entsteht eine wahre Reactception im Nolan-Style.

Jetzt hat sich der YouTube-Rechtsanwalt Christian Solmecke endlich der Reaction-Frage angenommen, worauf schon viele wie Jan Böhmermann gewartet haben.

Im Rahmen eines Podcasts von Jan Böhmermann kam zunächst die Frage auf, ob das wirklich legal sei. Böhmermann fragt in seinem Podcast „Fest & Flauschig“ einmal ganz genau nach:

„Die Kacke ist am Dampfen, wenn Solmecke ein Video macht. Und dann soll der Solmecke mal ganz kurz erklären – hier kleiner Arbeitsauftrag. […] Lieber Rechtsanwalt Solmecke. Stichwort Reaction-Videos. Wie sieht es da urheberrechtlich aus? Ist das erlaubt, das zu machen?

Witzigerweise reagiert Christian Solmecke dann in seinem Video auf den Podcast-Ausschnitt, bevor er uns aufklärt. Er hat sich also dazu bereiterklärt, die Anfrage von Böhmermann zu beantworten und ein Video zu dem Thema zu machen, in dem er die Probleme bei den Reaction-Videos anspricht.

Sind Reactions rechtlich in Ordnung?

Solmecke erklärt, dass er in seinem Video zunächst einmal auf Premium-Content wie den von Jan Böhmermann reagiert. Er demonstriert uns, wie so eine Reaktion aussehen kann. Aber darf er das jetzt oder nicht?

Urheberrecht

Wichtig ist, dass jedes Video vom Urheber geschützt ist. Heißt, Bild und Ton von einem YouTube-Video zum Beispiel unterliegen einem Urheberrecht.

„Die Grundregel heißt, ohne Einwilligung darf man diese Sachen nicht verwenden. Aber bei uns Juristen kommt es natürlich darauf an, ob nicht eine Ausnahme greift.“

Diese Ausnahme finden wir unter § 51 des Urheberrechtsgesetz. Wir dürfen Inhalte anderer verwenden und das ohne eine Einwilligung, wenn der Zweck eines Zitats greift – und das Zitat darf nicht verändert werden (also einfach abspielen).

Wichtig sei zudem die Quellenangabe, die in die Beschreibung des Videos gehöre und wer „1000% safe sein will, schreibt die Quelle schon ins Video“, so Solmecke.

Das Problem mit dem Umfang

Es gibt also einen rechtlichen Rahmen, der Reactions in einem gewissen Maße eine Existenzgrundlage bietet. Doch die ganze Sache hat einen Haken und das ist der „angemessene Umfang“.

„Man darf nicht zu viel nehmen. Man muss so viel nehmen, wie der Zweck rechtfertigt.“

Solmecke erklärt es anhand seines Beispiels. Er hat nicht auf den ganzen Podcast reagiert, sondern nur auf einen kleinen Ausschnitt, diese 60 Sekunden eben.

Gute und schlechte Beispiele

Manchmal sei es aber schon erforderlich, sich die ganze Show anzusehen, da man auf „alle Elemente der Show reagiert“. Und was dann? Es bleibt eine Frage des Einzelfalls. Wir verlinken euch hier die Negativ- und Positiv-Beispiele von Christian Solmecke.

Heißt, die Negativ-Beispiele sind rechtlich schon recht kritisch, während die positiven Beispiele eher auf der sicheren Seite stehen:

  • Negativ von Filow – Frank Rosin-Reactions: Rosin hat selbst nichts gegen Reactions, aber die Rechte liegen hier womöglich bei Kabel 1.
    • Das Gute ist jedoch, dass Kabel 1 mit großer Sicherheit von den Reactions weiß und bewusst von der Reichweite profitiert. Deshalb gehen sie bis heute wohl noch nicht gegen Rosin-Reactions vor.
  • Negativ von xQc – xQc macht eine Reaction, verlässt aber seinen Stream und lässt das Video ohne Kommentar laufen. Restream ist eine klare Urheberrechtsverletzung.
  • Positiv von MontanaBlack – Monte reagiert auf Stern TV. Er schaut sich den Content zwar komplett an (10-Minuten-Reaction auf ein 3-Minuten-Video) aber mit „sehr eigener Wertung“.
  • Positiv von Jan Böhmermann – Jan reagiert auf dem ZDF Magazin Royale auf RTL-Content. Das ist ok, da es kleine Ausschnitte sind und alles mit Quellen belegt wird.
  • Positiv von Oliver Kalkofe – Kalkofes Matschscheibe fällt unter § 51a Urheberrechtsgesetz: „[…] Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches.“

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Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Wir bedanken uns bei Christian Solmecke für diese erhellende Aufklärung und empfehlen, euch das vollständige Video von Christian Solmecke auf dem YouTube-Kanal von WBS Legal anzusehen. Wenn ihr häufiger mit rechtlichen Fragen hadert, könnte sich zudem ein Abonnement bei dem Kanal lohnen.

Ben Brüninghaus

Hauptberuflicher Jedi-Meister, nebenbeschäftigt bei PlayCentral.de. Popkultur-Fetischist: Star Trek, Star Wars, alles mit „Star“, verspeist Spiele-OSTs zum Frühstück, Großmeister der Bärenschule. Inquisitor. Mag das Ende von Mass Effect.
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