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Resident Evil 8: Village im Test – Schaurig schöner Horror unter der Lupe

Was wir nicht alles für euch tun. Da streifen wir nachts mutterseelenallein durch ein kaltes, ausgestorbenes Dorf und folgen Blutspuren, während nicht nur der Wind bedrohlich heult. Wir knacken Rätsel, von denen unser Überleben abhängt, während wir vor Kreaturen flüchten, die tausend und einem Alptraum entsprungen zu sein scheinen. Wir stellen uns der puren Verzweiflung und trotzen der Finsternis, obwohl sie zurück starrt, wenn wir in sie hinein blicken.

All das und noch viel mehr waren wir bereit für euch zu tun, nur damit wir euch am Ende detailliert und ehrlich sagen können, was Resident Evil 8 für euch bereit hält und ob der neue Titel von Capcom seine Münzen wert ist. Also entschuldigt bitte etwaige Aussetzer im Text und die digital retuschierte, krakelige Schrift, doch der Schrecken, den wir für diesen Test über uns haben ergehen lassen, steckt uns noch immer in den Knochen.

Resident Evil 8: VillageResident Evil 8 könnte deutlich brutaler als alle Vorgänger zuvor ausfallen

Resident Evil 8 im Test – Schaurig schön aber alles andere als perfekt

Sieben Jahre sind nun bereits ins Land gezogen, seit Ethan Winters eine äußerst unschöne Begegnung mit der Familie Bakers hatte, doch trotz der grausigen Ereignisse, die er damals miterleben musste, scheint das Glück ihn endlich eingeholt zu haben. Er und seine Frau Mia haben eine gemeinsame Tochter und für einen kurzen Moment zu Beginn von „Resident Evil 8: Village“ scheint es so, als könnte in Ethans Leben endlich Normalität eingekehrt sein.

Aber wo kämen wir denn dahin, wenn ein Protagonist aus der Resident-Evil-Reihe tatsächlich seinen Frieden finden würde und das auch noch zu Lebzeiten? Es kommt also wenig überraschend, dass ihn die Vergangenheit einholt und er sich nach einigen sehr unschönen Erlebnissen in einem Dorf wiederfindet, in dem es vorne, hinten und an allen Ecken nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Hölle ist in Ethans Leben zurückgekehrt und dieses Mal macht sie keine halben Sachen.

Resident Evil 8: Test (Hexe)
Resident Evil 8 im Test: Wer ist diese alte Dame nur? ©Capcom

Resident Evil 8 – Ein gruseliger B-Movie

Ich lehne mich an dieser frühen Stelle bereits aus dem Fenster und gehe die Gefahr ein, es mir mit der halben Fanwelt von Resident Evil zu verscherzen, wenn ich sage, dass die Spielreihe nicht unbedingt für ihre unglaublich raffinierten Geschichten berühmt ist. Die Welt von RE mag durchaus interessant sein, was die Details und manche Fragen der Logik angeht hat Capcom aber schon immer den Ball eher flach gehalten.

„Resident Evil 8“ macht da keine Ausnahme. Der Titel versorgt euch zwar mit allerlei Hintergrundinformationen zur Welt, ihren Figuren und den Ereignissen, die zu diesem Punkt in der Geschichte geführt haben, gibt sich dabei aber nicht sonderlich viel Mühe. An manch einer Stelle hätte ich gerne laut aufgeschrien, aber nicht, weil eine verrückte Alte mit Mutterkomplex mir die Hand abgehackt hat, sondern weil diese sich wieder ansetzen ließ … mitsamt der wundersam wieder zusammengenähten Jacke.

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Hinzu kommt, dass keine der Figuren, weder Ethan, noch irgendeines der Monster, die ihr bekämpfen müsst, sich sonderlich clever anstellt. Es ist wie bei einem Wettbewerb, wo jeder versucht etwas verplanter und umnachteter zu agieren als der jeweils nächste und ich muss ehrlich sein: es kann nerven. Gerade Ethan, der schon so viel im siebten Teil der Reihe erlebt hat, sollte eigentlich nicht reagieren wie der Seppel im Wald und doch stellt er sich kaum cleverer als der durchschnittliche Charakter in einem ebenso durchschnittlichen Horrorfilm an.

Aber wir sollten nicht über die erzählerischen Qualitäten eines Spiels streiten, das sowieso kaum jemand für seine Handlung spielt, sondern viel eher für seine Atmosphäre, seinen Horroranteil und die allgemeinen Spielmechaniken. Was für Resident Evil 8 von Vorteil ist, denn andernfalls müsste ich diesen Titel als B-Movie und reinen Fanservice bezeichnen. Was die Atmosphäre angeht, sieht die Sache aber schon ganz anders aus.

Resident Evil 8: Test (Rätsel)
Diese Rätsel dürfte vielen bereits aus der Demo bekannt sein. ©Capcom

Gänsehaut und abgeknabberte Fingernägel?

RE8 ist ein sehr bedrückendes Spiel und das meine ich im besten Sinne. Die Atmosphäre ist durchgehend stimmig, eine beinahe perfekte Mischung aus Geräuschkulisse, Musikuntermalung und dem Spiel aus Licht und Schatten. Selbst wenn man es locker angeht und bei Sonnenschein und mit guter Stimmung spielt, gibt es nicht wenige Passagen, die einem den kalten Schauer den Rücken runter jagen. Und manch ein Monster, das mit seiner Erscheinung unter die Haut kriecht und dort merkwürdige Gefühle auslöst.

Während die verschiedenen Level in dem Spiel optisch auf ganzer Linie überzeugen können und alle von ihrem ganz eigenen, verdrehten Charme leben, gibt es zu den eben gerade erwähnten Kreaturen aber widersprüchliche Beobachtungen. Hier stehen sich nämlich Erwartungen und Realität zu oft gegenüber und liefern unterschiedliche Ergebnisse ab. Manche Wesen aus dem Land über das wir nicht sprechen wollen sind definitiv gruselig, vielleicht sogar beängstigend, andere eher knapp an unbeabsichtigt komisch vorbeigeschrammt.

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Was ist gruseliger als ein Zombie mit einem Bohrer statt einem Arm? Ein Zombie mit zwei Bohrerprothesen. Was ist gruseliger als das? Ein Zombie mit zwei Bohrerarmen und einem Jetpack. Und einer Rüstung aus Metall. Und was ist noch gruseliger als der fliegende Blechmann? Ganz sicher nicht der Typ mit dem Propeller als Kopf, der sich selbst die Arme abgesäbelt hat. Und doch ist er es, der in einem Gebiet den Höhepunkt an Horror darstellt.

Bei dem Erzählstil, den Details und manch einem Monsterdesign können wir also sicher sein, dass nicht alles perfekt und rund läuft, doch zumindest die Stimmung bekommt Resi 8 gut hin und wenn wir mal ehrlich sind, ist das ja bereits die halbe Miete. Schade nur, dass das Spiel sehr schnell vergisst, dass es um Horror geht und mit jeder fortschreitenden Minute immer mehr zum Shooter avanciert.

Dieser Trend erreicht zwar nur für einen kurzen Moment einen unschönen Höhepunkt, nichtsdestoweniger gibt es bereits zuvor nicht wenige Stellen, an denen aufgrund der Darbietung die Frage aufkommen kann, ob dies ein Horrorspiel mit Shooter-Elementen ist oder ein Shooter mit Horror-Passagen. Wer ein bis zwei Augen zudrücken kann, sieht diese Stellen bestenfalls als Ausnahme von der Regel an, auch wenn dies in einem Spiel von knapp 12 bis 15 Stunden Spielzeit vielleicht ein paar Ausnahmen zu viel sind.

Resident Evil 8: Test (Märchengeschichte)
Die Einleitung von Resident Evil 8 beeindruckt durch einen wunderschöne Look. ©Capcom

Ein echter Hingucker beim Weggucken

Getestet wurde „Resident Evil 8“ von uns hauptsächlich auf der Playstation 4 Pro, doch wo manch einer nun vielleicht abwertend mit dem Kopf schütteln möchte, gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Die Ladezeiten sind auch auf der Old Gen verhältnismäßig kurz und zwischen den Passagen gibt es kaum Momente, in denen neue Inhalte erst von langer Hand vorbereitet werden müssen. Dadurch spielt sich RE8 durchgehend flott und lässt kaum Ärger aufgrund von Wartezeiten aufkommen.

Das Spiel läuft, selbst wenn die Einstellungen die Grafik präferieren sollen, weitgehend flüssig und macht sich nur selten durch gelegentliche Ruckler unbeliebt. Andersrum sieht „Resident Evil 8“ auch dann noch sehr gut aus, wenn ihr der technischen Leistung in den Optionen den Vorzug gebt und die Grafik hinten anstellt. Egal wie man es dreht und wendet, in diesem Bereich gibt es einfach nichts zu meckern.

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Natürlich handelt es sich hierbei nicht um eine allumfassende Antwort auf die Frage, ob Technik und Grafik begeistern können, schließlich gibt es immer mal wieder Stellen, die es jedem, der oder die es darauf anlegt, erlauben, mit der Brechstange der negativen Kritik anzusetzen, doch sind diese Momente so selten und fallen so wenig ins Gewicht, dass ich sie an dieser Stelle gar nicht erst erwähne.

Außerdem geraten sie sowieso schnell in Vergessenheit, wenn ihr euch während des Spielens einen Moment Zeit nehmt und mal etwas genauer hinseht. Klar, hier und da könnte ein Stück Schrott am Wegrand etwas hübscher sein. Und der sprichwörtliche Sack Reis in China könnte auch nicht umgefallen, sondern umgeschubst worden sein. Will sagen: RE8 sieht fantastisch aus und braucht sich in dieser Hinsicht nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil. Jeder sollte dieses Prachtstück gesehen haben.

Wie Spielt sich Resident Evil 8 auf der PS5? Während unser Redakteur Heiner Gumprecht „Resident Evil 8“ für seinen Test auf der PS4 Pro durchgespielt hat, habe ich (Patrik Hasberg) die Handlung komplett auf der PS5 in einer 4K-Auflösung gespielt und dabei einen genaueren Blick auf die Technik sowie die Next-Gen-Features der neuen Sony-Konsole geworfen. Dabei fällt vor allem auf, dass so gut wie gar keine Ladezeiten vorhanden sind. Ladet ihr einen beliebigen Spielstand vom Hauptmenü aus, vergehen höchstens wenige Sekunden, schon steht man in der Spielwelt. Genau so haben wir das gern!

Zwar nutzt Capcom weniger stark die Features des DualSense-Controllers, als es bei Returnal der Fall ist. Dennoch fühlt sich zum Beispiel eine Schrotflinte deutlich stärker und durchschlagskräftiger als eine Pistole an, da beim Schießen mehr Druck aufgewendet werden muss, um den hinteren Trigger komplett durchzudrücken.

Bei aktiviertem Raytracing ist die Framerate bei „Resident Evil 8“ auf der PS5 nicht mehr gelockt, weshalb es hier und da zu einigen kleineren Framedrops kommen kann. Deaktiviert ihr das Feature hingegen, dürft ihr euch so gut wie zu jeder Zeit auf butterweiche 60 fps freuen. Natürlich sieht der Titel mit der aktivierten Technologie zur realistischen Berechnung von Lichtstrahlen noch einmal ein gutes Stück realistischer sowie stimmungsvoller aus. Die der Xbox Series X scheint bei aktiviertem Raytracing noch einmal rund 10 Prozent mehr Leistung zu bieten. Da wir bislang aber keine Xbox-Version testen konnten, können wir solche Performance-Unterschiede zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigten.

Resident Evil 8: Test (Donnas Puppen)
©Capcom

Ethan läuft im Kreis

Leider täuscht diese verquer schaurige Schönheit nicht darüber hinweg, dass „Resident Evil 8“ trotz seines recht unterschiedlichen Leveldesigns und den teilweise interessanten Ideen sehr eintönig werden kann. Die meiste Zeit lauft ihr den gleichen Weg wieder und wieder ab, besorgt in einem Raum einen Gegenstand, den ihr im Nächsten benötigt, und lauft dann wieder zurück, um aus dem nächsten Raum etwas im Ersten anzuwenden. Ethan läuft hin, er läuft her, und vor allen Dingen läuft er im Kreis.

Dieses Prinzip gilt nicht nur für beinahe jedes Level, das ihr auf eurem Weg zum Finale vollenden müsst, sondern auch für die optionalen Erkundungen abseits der Theaterbühne. Meist erhaltet ihr in einem Gebiet einen Gegenstand, mit dem ihr in einem bereits erkundeten Teil der Karte einen neuen Bereich betreten könnt, der nur selten etwas wirklich Befriedigendes zu bieten hat. Ihr macht es nicht für den Spaß, sondern nur für die 100 Prozent. Und für vier Schuss Schrotmunition, die euch einen seltenen Dietrich gekostet hat.

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Aber gerade im Bereich der Erkundung gibt es noch ganz anderes Frustpotenzial, da euch das Spiel nie verrät, wann ihr einen neuen, optionalen Bereich erkunden könnt und ab wann der Zug dort abgefahren ist. Manche Gebiete lassen sich bis zum Schluss noch einmal besuchen, andere sind für immer versperrt, nachdem ihr an einer gewissen Stelle einen Schritt zu viel gemacht habt. Welche welche sind, wisst ihr leider erst hinterher. Auch eine Art den Wiederspielwert zu erhöhen. Aber eine recht Unschöne.

Den Vogel abgeschossen hat RE8 aber mit einer optionalen Aufgabe, die von Ethan verlangt, Tiere zu töten, um aus ihrem Fleisch verschiedene Gerichte zu zaubern, die seine Statuswerte dauerhaft erhöhen. Bevor ihr erfahrt, dass dies möglich ist, sagt euch das Spiel, dass ihr nichts mit den Zutaten anfangen könnt und sie einfach verkaufen sollt. Kaum habt ihr die wertvollsten Fleischbestände für bare Münze verhökert und seid etwas in der Story vorangekommen, kommt die böse Überraschung.

Denn dann wird klar, dass ihr die Gaben der Tiere durchaus noch verwenden könnt und eigentlich auch müsst, doch das Fleisch ist unwiederbringlich verloren, hat sich in kaltes Eisen verwandelt, von dem ihr nicht satt werdet. Die Tiere, die ihr bereits geschlachtet habt? Verloren. Der Bonus, den ihr durch die Zutaten bekommen hättet? Unerreichbar. Dies sind die Momente, wo der Fernseher einem Kuss mit dem Controller gefährlich nahe kommt. Und aus irgendeinem Grund steht dieser Moment für mich stellvertretend für halb „Resident Evil 8“.

Resident Evil 8: Test (Piano-Rätsel)
©Capcom

Kann man das noch Rätsel nennen?

Ich hätte die Rätsel in der Resident-Evil-Reihe nie als sonderlich schwer bezeichnet, eher als Krümel neben Rätsel-Torten wie Myst. Doch ob sich das, was in RE8 präsentiert wird, überhaupt noch als Rätsel bezeichnen lässt, ist eine Frage, die ich lieber nie hätte stellen müssen. Nun ist es aber leider so, dass es keine kniffligen Rätseleinlagen in dem Spiel gibt, zumindest nicht solche, die das Gehirn über Sparflamme hinaus in Anspruch nehmen.

Wenn ihr überhaupt ein Problem damit haben solltet, eine Rätselpassage in „Resident Evil 8“ zu überwinden, dann, weil ihr den Wald vor lauter Bäumen nicht seht. Und selbst diese Momente dürften rar sein, denn meist beschränkt sich die Rätselraterei darauf, euch am Ende eines Gangs einen Gegenstand aufheben zu lassen, den ihr am Anfang des gleichen Gangs verwenden müsst.

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Generell ist das anscheinend die bevorzugte Vorgehensweise in Capcoms neuestem Werk. Wenig Optionales, viele schlauchige Passagen und beinahe keine Möglichkeit sich zu verfranzen. Resi 8 spielt sich in unserem Test wie an einer Schnur gezogen. Und ist doch mal so etwas ähnliches wie ein Rätsel dabei, lässt es sich in einhundert Prozent der Fälle durch kurzes Rumprobieren lösen.

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Heiner Gumprecht

Roter Magier des Lebens und grauer Jedi unter den Gruftis. Liebt alle Formen von Spielen, allen voran JRPGs und Pen and Paper. Cineast mit starken Gefühlen für den Mainstream und Dr. Nova der Philosophie. Ewiger One-Piece-Fanboy.
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