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Resident Evil: Zeitloser Grusel-Blockbuster überzeugt erneut

Entwickler und Publisher Capcom hatte 1996 mit Resident Evil zwar das Genre des Survival-Horrors nicht erfunden, aber entscheidend geprägt. Sechs Jahre später brachte man den kultigen Mix aus Überlebenskampf, Rätseln und Zombiegrusel mit einem komplett neuen Look und einigen Bonusinhalten auf Nintendos GameCube sowie später noch einmal auf die Wii. Ab heute können PC-, PlayStation- und Xbox-Spieler mit Resident Evil Remaster HD ebenfalls in den Genuss dieses Klassikers kommen, der zusätzlich zum optisch beeindruckenden Remake auch noch auf 1080p und 16:9 poliert wurde. Wie sich der Tausendsassa im Jahr 2015 auf der PlayStation 4 anfühlt, haben wir für euch getestet.

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Ein paar Worte vorweg

Da sich wahrscheinlich nur die ganz harten Fans der Reihe extra eine GameCube oder eine Wii zugelegt hatten, um das Remake von Resident Evil zu spielen, beziehen wir uns im Review bei den Vergleichen direkt auf den Klassiker von 1996, den wohl die meisten unter euch gespielt haben werden. Im Grunde ist das HD Remaster nämlich nur eine technische Auffrischung des Remakes (also quasi eine Neuauflage der Neuauflage), weshalb sich inhaltlich zur Version von 2002 nur wenig verändert hat und wir den Teppich daher lieber noch einmal ganz aufrollen.

Der Horror nimmt seinen Anfang

Um ungeklärten und höchst seltsamen Todesfällen auf den Grund zu gehen, machen wir uns als Teil der S.T.A.R.S. (eine Spezialeinheit der Polizei) auf den Weg in ein schickes Herrenhaus bei den Wäldern der gemütlichen US-Metropole Raccoon City, in dem unsere Kameraden vom Alpha Team bei ihren Ermittlungen verschwunden sind. Was als Routineeinsatz beginnt, endet in einem Desaster: Von infernalen Hunden gejagt, flüchten wir uns in das sicher scheinende Haus. Doch erst jetzt beginnt der wahre Albtraum. Die Bewohner des Anwesens haben sich in schreckliche Zombies verwandelt und trachten nach unserem Fleisch. Nach einigen Ermittlungen erfahren wir, dass ein bösartiger Virus für die Katastrophe verantwortlich ist. Was geht da wirklich vor, in der Spencer-Villa?

Chris oder Jill, eine kapitale Frage

Bevor wir den sehr cool aufgemachten Introfilm überhaupt erst bewundern können, müssen wir uns zuvor für eine Spielfigur entscheiden. Entweder wählen wir den starken Chris Redfield oder die schöne Jill Valentine. Dabei ist es nicht egal, mit wem wir in den Horror ziehen. Grundlegend erleben beide zwar die gleiche Handlung, aber eben mit einigen Unterschieden. Chris hat zum Beispiel weniger Taschenplätze als Jill und startet ohne Pistole, dafür hält er aber mehr aus und bewegt sich flinker. Miss Valentine hingegen hält weniger aus, kann aber mehr Gegenstände bei sich tragen und hat zusätzlich einen Dietrich zur Hand, mit dem sie einige Schlösser öffnet.

Außerdem begegnet jeder von ihnen einem anderen Nebencharakter. Jill zum Beispiel trifft immer wieder auf Barry Burton, der ihr dann aus der Patsche hilft. Chris hingegen macht mit Rebecca Chambers, einem überlebenden Mitglied vom Bravo Team, Bekanntschaft. Auch einige Abläufe im Spiel unterscheiden sich, je nach Protagonist, alleine schon, weil Chris zwecks fehlendem Dietrich nicht alle Türen öffnen kann. Diese simple Mechanik gibt Resident Evil einen großen Wiederspielwert und motiviert zum Durchspielen, auch wenn man die Credits bereits einmal gesehen hat. Die 12 Spielenden, die erreicht werden können, sorgen dabei ebenfalls für jede Menge Langzeitmotivation.

In der Remaster HD Version steht uns von Anfang an für jeden Charakter noch ein weiteres Outfit zur Verfügung. So können Chris und Jill jeweils in ihre B.S.A.A.-Uniformen aus Resident Evil 5 schlüpfen.

Schießen, rätseln und überleben

Während wir in modernen Ablegern der Serie fast nur noch mit Ballern beschäftigt sind, spürt man schon in den ersten 20 Minuten den Charme des Urvaters. Mit dieser besonderen Kameraverfolgung, bei der man sich schon damals so vorkam, als würde man das Treiben im Spiel gar nicht als Spieler, sondern als Zuschauer verfolgen, und der immer präsenten Ressourcenknappheit, fühlt man sich sofort, als würde man mit dem Rücken zur Wand vor einer ganzen Zombiehorde stehen. Und genau so ist es eigentlich auch.

Nur spärlich sammeln wir uns einen Vorrat an Heilkräutern und Erste-Hilfe-Sprays an, die wir aber genauso schnell wieder aufbrauchen, wenn uns einer der untoten Hausbewohner mal erwischt. Ein Magazin für die Pistole bekommen wir nicht oft zu Gesicht und eine Ladung für das Schrotgewehr ist schon fast ein Highlight. Da muss jeder Schuss sitzen, denn sonst laufen wir geradewegs in ein Deadend.

Wer nun aber denkt, dass er einfach nach jedem Kampf absichern kann, der irrt sich mächtig. Resident Evil kannte damals keine automatische Speicherfunktion und kennt sie auch heute nicht. Wenn wir unseren Fortschritt sichern wollen, dann geht das nur über eine der Schreibmaschinen, für die wir oft quer durch das ganze Haus laufen müssen, um sie zu erreichen. Und selbst dann benötigt es jedes Mal ein Farbband, damit wir die Tippse überhaupt benutzen können – und die Dinger sind fast schon mit Gold aufzuwiegen. Sprich: Auch jeder Spielstand muss wohlüberlegt abgesichert werden.

Alleine diese Umstände sorgen schon für genug Gänsehaut, weil man eben ständig Angst hat zu sterben und dann alles wieder von vorne machen zu müssen. Hinzu kommt, dass die Zombies nicht gerade auf Spaß aus sind. Bei unserem Durchlauf mit Jill zogen wir oft den Kürzeren, wenn wir nach gerade einmal zwei oder drei Treffern das Zeitliche gesegnet haben.

Aber auch Ressourcenmanagement ist gefragt: Wie bereits erwähnt haben beide Helden nur eine bedingte Anzahl an Taschenplätzen und da auch Waffen sowie Munition mit hineingezählt werden und wir nur sehr selten Zugriff auf unseren Lagerplatz erhalten, müssen wir sehr gut mit unserem Hab und Gut haushalten. Sonst passiert es gerne mal, dass die Taschen voll sind und man ein neu gefundenes wichtiges Item nicht einstecken kann und daher erst mal minutenlang zur Truhe latschen muss, um Platz zu schaffen, nur um den minutenlangen Weg dann zu wiederholen. Wenn man dann auch noch ein Zimmer später merkt, dass man schon wieder etwas vergessen hat, möchte man am liebsten in sein Gamepad beißen.

Haben wir unser Inventar im Griff und einen guten Umgang mit dem Schießeisen, wartet die nächste Tücke auf uns: Die Rätsel. Wer generell mal einen der älteren Resident Evil-Teile gespielt hat, der weiß es; früher war alles besser! Auch wenn wir uns jedes Mal fragen, welcher Architekt so ein Haus entwirft, müssen wir genüsslich mit dem Umstand leben, dass Familie Spencer ihr Anwesen mit allerhand Kniffen versiegelt hat. So gilt es verschiedene Schlüssel, Symbole und anderen Schnack ausfindig zu machen, um uns nach und nach durch das Haus des Todes zu arbeiten. Besagte Gegenstände fallen uns dabei nicht einfach so in die Hand, sondern müssen mit streckenweise hirnschmelzenden Puzzles erarbeitet werden.

Dabei gibt uns das Spiel nur selten handfeste Tipps voraus und oft müssen wir verschiedenste, quer über das Haus verstreute, Einzelkomponenten miteinander verknüpfen. Vor die Füße wirft man uns höchstens nur die überschaubare Zahl an Zwischenbossen, die aber nicht sonderlich schwer ausfallen.

Neues Gameplay und ein Hauch von Open World

Eines der besonderen Merkmale von Resident Evil war und ist das unglaublich große und mit sehr viel Liebe zum Detail erstellte Herrenhaus, das auch bereits ein Stück weit „Open World“ innehatte. Grundlegend könnten wir schon von Anfang an alle Bereiche der Horrorvilla erreichen, wenn wir eben die nötigen Schlüssel haben. Resident Evil kennt hier keine Geradlinigkeit und so irren wir durch die Gänge und Zimmer, immer wieder auf der Suche nach der Lösung für eines der Rätsel. Dabei gleicht kaum ein Raum dem anderen und man bekommt einfach dieses wohlige Gefühl, dass Capcom jedes Zimmer mit Bedacht erstellt hat. Sinnlose Räume gibt es fast gar keine und auch die Verbindungen und Abkürzungen, die wir im Laufe der Geschichte freischalten, ergeben ein prächtiges Bild und sorgen für eine unglaubliche Atmosphäre.

Im Remake hatten die Entwickler das eh schon große Spencer-Haus nochmals um einige Ecken und Gänge erweitert, sogar einen weiteren Keller, einen Friedhof samt Gruselgruft sowie andere Räume hinzugefügt, wodurch die Terrorvilla noch viel umfangreicher wurde. Auch einige Rätsel wurden abgeändert oder gänzlich neu hinzugefügt. Das zählt auch für Dokumente und Charaktere. Selbst Veteranen und Profis des Urspiels werden hier an vielen Stellen verblüfft sein.

Ebenso verblüfft ist man über einen neuen Gameplay-Kniff: Die Verteidigungsgegenstände. Während unseres Horrortrips finden wir zum Beispiel Dolche, Blendgranaten und Elektroschocker, die wir einem Zombie entgegenhalten können, wenn er uns packt. Damit sparen wir Lebenskraft und bringen den Untoten kurz zu Fall. Genug Zeit also, um wegzulaufen oder das Feuer zu eröffnen.

Zusätzlich dazu finden wir an einigen Stellen Behälter mit Kerosin, das wir begrenzt in einen Kanister abfüllen können. Nicht alle Untoten bleiben nämlich am Boden, wenn wir sie umgenietet haben. Mit Sicherheit können wir die spezielleren Genossen dann nur töten, wenn wir sie anzünden. Doof ist dabei nur, dass wir maximal zwei Ladungen bei uns tragen können und auch der Brennstoff zum Nachfüllen nicht unendlich verfügbar ist.

Optisch überzeugt man auch 2015 noch fast problemlos

Der absolute Hingucker des Remakes war natürlich die damals schon hervorragende Grafik, die dank HD-Optimierung noch mal ordentlich aufgepumpt wurde. Vorbei sind also die Zeiten, in denen man diesen Spaß nur auf 4:3 genießen durfte. Dabei machen nicht nur die hochauflösenden Charaktere und Umgebungen Spaß, auch die vielen neuen Licht- und Schatteneffekte können sich sehen lassen und sorgen für noch mehr Gruselei. An einigen Ecken merkt man dafür aber deutlich, dass die Entwickler hochskalieren mussten und daher Texturmatsche zurückließen.

Auf der PlayStation 4 lief Resident Evil Remaster HD bei uns mit 1080p konstant flüssig, bei einer schnellen Framerate. Einzig nervig sind immer noch die Zwischensequenzen, wenn wir eine Tür öffnen. Die haben die Entwickler wohl aus Nostalgie nicht entfernt (früher waren das die „versteckten Ladebalken“). Bei den Stufen und Treppen bleibt uns das quälende Warten aber zum Glück erspart.

In Sachen Steuerung verlässt man sich auf das typische Gamepad-Layout, wobei das zwar für 2002 noch in Ordnung war, rund 13 Jahre später aber etwas altbacken und leicht fummelig wirkt. Vor allem durch die wechselnden Kameraperspektiven laufen wir schnell mal gegen Wände und schnelles Reagieren in Kämpfen ist schon eine ziemliche Gewöhnungssache. Allerdings kann man die Steuerung auch auf ein modernes Layout umstellen, was die Lage etwas verbessert.

Wie sieht es mit der Gruselstimmung aus?

Obwohl Resident Evil 1996 noch ziemlich umstritten war und der Nachfolger bei uns sogar indiziert (mittlerweile wieder verfügbar) wurde, kann das Remake in Sachen Horror nicht mit Schockspezialisten wie Alien: Isolation oder Outlast mithalten. Resident Evil ist eben alte Schule und setzt vor allem auf beklemmende Atmosphäre, die Angst vor dem Tod und einige wenige Überraschungen. So wirklich kalt lief es uns dabei aber nicht den Rücken herunter, eher so lauwarm. Das liegt mitunter auch daran, dass die Entwickler in Sachen Geräuschkulisse eher auf „weniger ist mehr“ gesetzt haben. Das eindringliche Ticken einer Uhr, das Schlurfen eines entfernten Zombies oder perfide Stille sorgen zwar für gute Stimmung, ziehen einem aber letztlich nicht mehr die Schuhe aus. Dafür punktet Resident Evil durch seine gut präsentierte Story und die vielen Geheimnisse.

Wirkliche Schockmomente, auf die sich neuere Titel mittlerweile spezialisiert haben, gibt es kaum bis gar nicht. Allerdings sollten ängstlichere Spieler dennoch das Licht anlassen!

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