Battlefield 5, Anthem, FIFA 19 – doch der eigentliche Sieger bei EA Play ist alles andere als ein Blockbuster. Das deutsche Indie-Spiel Sea of Solitude stahl die Show, die Entwickler sind völlig überwältigt.
Ein kleines deutsches Indie-Studio betritt plötzlich die große Bühne von Electronic Arts. Aus Berlin stammend, stellte Jo-Mei Games ihr eigentlich bereits 2016 angekündigtes Adventure Sea of Solitude vor – doch erst jetzt kam das Interesse auf.
Cornelia Geppert hatte bei Electronic Arts ihren ersten großen Auftritt, die Nervosität war ihr anzusehen. Bevor sie loslegte, musste sie mehrmals aufatmen, um Worte ringen, sich für ihre eigene Aufregung entschuldigen. Die nahm ihr aber niemand übel. Ganz im Gegenteil, die Sympathien waren ihr sicher, denn die Leidenschaft für ihr Spiel sind ihr direkt anzusehen gewesen. Es erinnerte ein wenig an die Enthüllung von Unravel, als ein kleiner Indie-Entwickler mit einem selbstgestrickten Plüschtier auf der Bühne stand und minutenlang zitterte und den Tränen nahekam.
In einem fast schon klischeehaft deutschen Akzent erzählte sie von ihrer Vision – vor einem Millionenpublikum. Aufgeregt blickte sie in das Publikum, das zu dem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, was es erwartete. Der Druck? Ziemlich sicher sehr groß. Dafür dürfte auch ihre fast schon gigantische Rolle in ihrem Studio und die damit verbundene Verantwortung gesorgt haben: Geschäftsführerin, Autorin, Creative Director und obendrein noch der Kopf hinter dem Art-Design.
Ein Monster unter Monstern
Sea of Solitude will vor allem mit Emotionen überzeugen und legt den Fokus deshalb auf die Heldin Kay, die inmitten eines atemberaubend schönen Grafikstils auf ihrer Reise bedrückende Gefühle entwickelt, mit denen sie zuvor selbst nicht hätte rechnen können. Nicht die mächtig erscheinenden Kreaturen sind die Gefahr, sondern vor allem ihre alles andere als fröhliche Vergangenheit.
Diese war geprägt von purer Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit – mit üblen Folgen. Ihre emotionale Abschottung verwandelte sie zu einem Monster, was sich mittlerweile auch in ihrem Aussehen bemerkbar macht. In ihrer Welt muss sie sich nun mit anderen Monstern auseinandersetzen und dabei nach der tatsächlichen Bedrohung suchen, was auch immer sie ist.
Sea of Solitude ist – wie Unravel, Fe und A Way Out – Teil des EA Originals-Programms. Indie-Studios dürfen dem sonst so gigantischen Publisher ihre Spiele vorstellen, der wiederum unterstützt sie dann finanziell und marketingtechnisch. Sämtliche Profite, die dann anfallen, gehen komplett an die Entwickler. EA behält keinen einzigen Cent.
Ein großes wow
Wie gut ihr Spiel im Netz ankam, ist Geppert aktuell immer noch nicht ganz klargeworden.
„Für viele waren nicht Battlefield 5 oder Anthem die Highlights, sondern Unravel und Sea of Solitude.“ – „Was, also, wow, also wow…wirklich?“
Ihr Smartphone musste sie inzwischen ignorieren, auch aufgrund des plötzlichen Ansturms auf ihren Twitter-Account. Aus der ganzen Welt kamen Glückwünsche, begeisternde Worte und sogar Erwähnungen von großen YouTubern wie Gronkh im Sekundentakt hineingeflogen.
„Ich hab nur gesehen, wie Gronkh gerade darüber twitterte…ich…weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann gar nicht mehr auf Twitter schauen.“
Ein Rausch der Gefühle
Geppert befindet sich hinter den Kulissen in einem vollkommenen überwältigenden Rausch der vor wenigen Tagen noch unerwarteten Berühmtheit: Von Interview zu Interview hangelt sie sich, während sie ihren Auftritt selbst kaum noch fassen kann. Die (kaum überraschende) Aufregung ist ihr anzusehen, ein Dauerstrahlen zierte ihr Gesicht über Stunden.
„Können wir kurz ein Selfie machen?" – „Ja, aber..oh Gott, ich weiß gar nicht wie das geht, ich mache eigentlich nie Selfies!“
Die Aufmerksamkeit mag ihr gewiss sein. Auf dem Boden geblieben ist sie dennoch.
Sea of Solitude erscheint im Frühjahr 2019 für PS4, Xbox One und PC.