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Sleeping Dogs: Härter, schmutziger und besser als GTA V?

Spätestens seit dem grandiosen Grand Theft Auto III steht fest, dass die wohl zugkräftigste Serie aus dem Portfolio von Publisher Take 2 die Messlatte für alle Herausforderer aus dem Sandbox-Genre darstellt. Eine Hürde, an der Driv3r und die The Getaway-Reihe kläglich gescheitert sind. Lediglich die True Crime-Titel aus dem Hause Activision galten als eine ganz akzeptable bis gute Alternative zu GTA. Mit der Entwicklung des dritten Teils bekam Activision jedoch kalte Füße und stampfte die Entwicklung ein, danach wurde das Projekt von dem Publisher Square Enix aufgekauft, unter dessen Flagge die Arbeit aus lizenzrechtlichen Gründen unter dem Namen Sleeping Dogs fortgeführt wird. Wir haben den Wolf im Hundepelz bei Square Enix in Form einer Demo angespielt und zeigen euch, was man dem Konkurrenten GTA V entgegen zu setzen hat.

Auf den Hund gekommen

Die Stadt Hongkong liegt schon lange in der Gewalt der Triaden, die sich mit illegalen Geschäften eine goldene Nase verdienen und berühmt berüchtigt für ihre brutalen Methoden sind. Unser Protagonist, Wei Shen, ist nicht etwa ein vom Schicksal gebeutelter Tunichtgut oder ein Kleinkrimineller mit großen Ambitionen, der in dieser Situation die Chance seines Lebens wittert, sondern Teil einer Spezialeinheit der Polizei, welche dem teuflischen Treiben der Triaden ein für alle Mal ein Ende bereiten soll. Er soll in die feindlichen Reihen eingeschleust werden, um die Verbrecherorganisation von innen heraus zu sabotieren und anschließend zu zerschlagen. Zu diesem Zweck absolviert der Spieler im Rahmen der Kampagne diverse Missionen, kann jedoch auch abseits vom eigentlichen Spielverlauf auf eigene Faust durch die Stadt touren und diverse Nebenmissionen in Angriff nehmen. In Sleeping Dogs wird die gesamte Stadt erkundbar sein, entweder zu Fuß oder hinterm Steuer eines Fahrzeugs. Wie in GTA kann jedes beliebige Auto oder Motorrad gekapert werden, als Polizist muss Wei sich nicht einmal dafür rechtfertigen, wenn er einem Passanten den Sportwagen unter der Nase wegklaut.

Im Rahmen der ersten Demomission, welche sich weit am Anfang des Spiels befindet, soll Wen einen Informanten ausfragen. Wir streifen durch ein chinesisches Einkaufsviertel, in dem gerade ein Straßenfest in vollem Gange ist. Aus Boxen dröhnt Musik, Menschen tanzen ausgelassen und die Händler loben lauthals ihre Waren. Für kleines Geld können Items wie Tee in Dosenform oder Instant-Nudelsuppen gekauft werden, die eure Statuswerte vorübergehend verbessern. Wenn also eure Gesundheitsleiste, welche sich unten links als Halbkreis neben der Minikarte befindet, dem Ende zuneigen sollte, könnt ihr einfach was futtern um die Energie wieder aufzutanken. Fortwährender Wohlstand wirkt sich auch auf das Heim von Wen aus. Sind seine vier Wände zu Spielbeginn noch eher spärlich eingerichtet, zieren seine Wohnung später ein dicker Flatscreen-TV und ein Whirlpool im Badezimmer, statt einer verwaschenen Jeans und einem schlabbernden T-Shirt trägt der Undercover-Cop dann einen maßgeschneiderten Anzug mit Krawatte. Mit den meisten Nutzobjekten zuhause kann Wen auch interagieren, es können Getränke aus dem Kühlschrank geholt und die Örtlichkeiten genutzt werden. Aber Sleeping Dogs ist in erster Linie ein Actionspiel und kein Die Sims, also zurück zu der bereits angesprochenen Mission.

Kennst Du ein China-Restaurant, kennst Du sie alle

Würde besagter Informant kooperativ handeln und ohne großes Federlesen seine Aufgabe verrichten, wäre die Mission ratzfatz vorbei. Und stinklangweilig. Deshalb nimmt der schmierige Geselle beim Anblick unserer Spielfigur Reißaus und ergreift die Flucht, er muss jetzt von uns geschnappt werden. Bei der Verfolgungsjagd legt Wen Parcours-Fähigkeiten an den Tag, die einen doch leicht an Assassin's Creed erinnern. Er kann über Marktstände schlittern und höher gelegene Kanten mittels kurzem Wandsprint erklimmen. Wichtig ist dabei, dass ihr im richtigen Moment den Sprint-Knopf drückt, denn dann wird das Hindernis in einer fließenden Bewegung überwunden, ohne dass ihr bei vollem Sprint ins Stocken kommt. Nach einer kurzen Hetzjagd ist der Spitzel eingeholt und ruft ein paar Handlanger zu Hilfe, die schon förmlich nach einer Abreibung schreien. Das Hand-to-Hand-Kampfsystem mit je einem Button für Angriffe und Konter erinnert doch stark an zwei Superhelden-Spiele von den Rocksteady Studios. Bei der Entwicklung arbeitet Developer United Front Games eng mit den Square Enix London Studios zusammen, die schon ein wachsames Auge auf die Entstehung von Batman: Arkham Asylum und Just Cause 2 hatten. Das dürfte dann auch erklären, warum Wei in voller Fahrt von einem Auto auf das nächste hüpfen und sich dann hinter das Steuer schwingen kann.

Zwar wirbelt Wei nicht so grazil wie der Fledermausmann quer über den Screen und benutzt allerlei nützliche Gadgets, dafür kann er seine Kontrahenten und rot markierte Objekte im Hintergrund in den Kampf mit einbeziehen. Einen Gegner über ein Geländer oder in eine Mülltonne zu schleudern, gehört dabei noch zu den milderen Möglichkeiten. Ein Müllhäcksler oder eine eingeschaltete Herdplatte sind da schon die Fahrkarte in eine ganz andere Welt des Schmerzes, die ausgesprochen saftige Ergebnisse auf den Bildschirm bringen, man fühlt sich fast an die Fatalities eines indizierten Beat'em-Ups erinnert. Square Enix bemüht sich auch in Deutschland eine ungekürzte Fassung auf den Markt zu bringen, aber bei solchen Szenen ist damit zu rechnen, dass die schlafenden Hunde vor dem Einflug in deutsche Gefilde kastriert werden müssen. Sobald die bösen Jungs dann ins Reich der Träume geschickt wurden, können wir endlich unseren Plausch führen und die Mission abhaken. Nach getaner Arbeit kehren wir in das China-Restaurant eines guten Freundes von Wei zurück, das als eine Art Zentrale für unsere Arbeit fungiert. Drinnen sieht es nicht anders aus als in den Restaurants, die man hier an jeder zweiten Ecke in der Innenstadt findet. Komplett mit Drehtischen und exotischen Fischen im Aquarium.

Hat Sleeping Dogs das Zeug zum Alpharüden?

Der Rest der von uns angespielten Demo wartet mit weiteren abwechslungsreichen Aufgaben auf. So verfolgen wir unter anderem mithilfe unseres Smartphones ein Signal des Ganoven Johnny the Ratface zurück, welcher den Sohn einer uns nahestehenden Dame auf dem Gewissen hat. Immer wieder geht der Fiesling uns durch die Lappen und lässt uns mit seinen bewaffneten Kumpanen allein. In Schießereien spielt sich Sleeping Dogs wie ein beliebiger Cover-Shooter. Aus der Deckung heraus werden Feinde anvisiert, unter Dauerbeschuss wegblätternde Holzverkleidungen und mit hochentzündlichem Gesöff gefüllte Fässer zwingen sowohl Spieler als auch KI nicht zu lange an einem Fleck zu verweilen. Die Gegner verfügen über Trefferzonen, effektiv ausnutzen lässt sich das, wenn ihr mit Wei über ein Hindernis schlittert und dann sofort die Waffe hebt. Dadurch wird eine kurze Bullet Time aktiviert, die euch zwar präzisere Schüsse erlaubt, aber insgesamt doch in einem etwas zu kurzen Zeitfenster abläuft. Nach einer actiongeladenen Hetzjagd liefern wir den Mörder in unserem China-Restaurant ab. Was dort mit ihm angestellt wird, kann uns egal sein. Am Ende jeder Mission werden XP in drei verschiedenen Kategorien ausgezahlt: Face, Police und Triad. Während Face für das allgemeine Ansehen von Wei steht, zeigen die anderen beiden Werte an, in welcher Gunst er bei der jeweiligen Fraktion steht. Auswirkungen auf die Story wie in Splinter Cell: Double Agent hat dieses System jedoch (noch) nicht.

Auch die Rennspiel-Komponente wird nicht zu kurz kommen, die Demo enthielt auch ein nächtliches Straßenrennen, in dem man sich gegen eine Vielzahl von Kontrahenten durchsetzen musste. Nitro-Boost und eine Rückspiegelansicht sollen in der fertigen Version integriert sein, bereits jetzt überzeugt die Fahrphysik und fühlt sich sehr angenehm an. Bei der ersten Spritztour mag man sich noch wundern, warum denn so viele Geisterfahrer unterwegs sind. Aber bekanntlich herrscht in Hongkong das Linksfahrgebot, dementsprechend ordnet sich ein umsichtiger Verkehrsteilnehmer auch auf der linken Straßenhälfte ein. Sowohl beim Fahren als auch in den zu Fuß bestrittenen Abschnitten waren in der Demo Kinderkrankheiten wie häufiges Tearing und Popup zu beobachten, die noch in den nächsten Monaten ausgebügelt werden dürften. Schon in dieser frühen Fassung weiß die Grafik zu gefallen. Die asiatische Metropole wirkt sehr belebt und besonders dicht besuchte Plätze wie Straßenfeste und Marktplätze vermitteln das geschäftige Treiben einer solchen Großstadt. Auch bei der Soundkulisse stimmt alles, besonders die Soundeffekte wenn der Kopf des Gegners gegen einen Toilettensitz oder eine Bratpfanne kracht, sorgen beim Zocker für Schmunzler. Gesprochen wird sowohl auf Englisch als auch Kantonesisch, Untertitel sollen Verständnisproblemen vorbeugen. Als Insider-Gag seitens der Entwickler haben die meisten Hauptcharaktere übrigens einen westlich angehauchten Vornamen wie Michael oder Vincent, während die Nachnamen typisch asiatisch klingen. Im Sommer wird Sleeping Dogs der Konkurrenz dann zeigen, wer der Boss in der Hundehütte ist.

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