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Spider-Man: Ein neues Universum: Warum Superhelden nicht nur weiß sein sollten

„Gezwungen? So what?“

Im Rahmen meiner Recherche zu diesem Thema bin ich auf Aiden V. gestoßen. Aiden ist 24 Jahre alt, Sohn von immigrierten Eltern, die noch vor seiner Geburt aus Libyen nach Deutschland hergezogen sind, und vor allem ist er großer Videospiel-Fan, und ein noch größerer Comic-Buch Nerd.

Ich treffe ihn bei sich zu Hause und es dauert nicht lange, ehe er vor seiner PS4 sitzt und Marvel’s Spider-Man eingelegt hat. Während er durch die Straßen New York’s schwingt, erzählt er mir, wie wichtig die Erscheinung von Miles Morales vor einigen Jahren für ihn war.

„Es war für mich wie Weihnachten. Spider-Man ist mein absoluter Lieblingssuperheld. Schon als Kind habe ich mich zu Halloween und Karneval ausschließlich als Spider-Man verkleidet und bin kostümiert durch die Nachbarschaft gelaufen. Viele meiner Schulkameraden haben mich ausgelacht. Ich sähe nicht aus wie Peter Parker. Ich sei ja schwarz, das würde überhaupt nicht passen.“

Er runzelt die Stirn, während er verschiedene Combos auf seinem Controller ausführt.

„Ich verstehe nicht wirklich, wo für viele da das Problem liegt. Die Welt war nie nur ausschließlich weiß, oder männlich. Auch wenn die Leute hinter der Kamera so aussehen und oft nur so Geschichten erzählt werden, heißt es nicht, dass nur ihnen ausschließlich die Medienwelt gehört. Und ja, viele sehen es oft als etwas Gezwungenes an, gewisse Charaktere eine andere Hautfarbe oder Geschlecht oder Sexualität zu geben. Aber so what? Veränderung braucht immer einen Ruck, und was jetzt noch als gezwungen und anders gesehen wird, ist in einigen Jahren dann normal. Und da ist dann auch keine politische Machenschaft hinter oder ein Zwang nach ‚social justice‘, die für viele ja scheinbar der Antichrist und Untergang der Welt ist.“

Er deutet auf sein Black Panther-Poster, das über seinem Bett hängt.

„Hätte man mir oder meinen Freunden vor zehn Jahren gesagt, ein Film wie Black Panther wäre einer der erfolgreichsten Superhelden Filme aller Zeiten, hätten wir diese Person ausgelacht. Ein vollständig schwarzer Cast, der afrikanische Kultur feiert und nicht als etwas Primitives oder Armes darstellt? Viele realisieren nicht, wie wichtig das für so viele Menschen auf der Welt ist, und dass er nicht einfach nur ein weiterer 0815-Marvel-Superheldenfilm ist.“

„Viele Leute streben als junge Menschen danach, was sie als Vorbilder in Film- und Fernsehen sehen. Als ich klein war, gab es nur den lustigen Schwarzen oder den Rapper. Jetzt gibt es zahlreiche Vorbilder, die meine Kinder später einmal haben werden. Wie kann man da nur gegen sein?“

Marvel’s Spider-ManSpider-Man: Das beste Superheldenspiel mit kleinen Abstrichen

Inklusion verlangt keine Exklusion

Vor allem Spider-Man: A New Universe wird für seine inklusive Story gefeiert, die den Zuschauern vermitteln will, dass Spider-Man mehr ist als nur eine Person hinter einer Maske. Es ist eine Idee, eine Berufung und der Drang danach, seinen Mitmenschen zu helfen und die Welt ein wenig besser zu machen.

Gefeiert werden nicht nur die außergewöhnlich auffallende Liebe zum Detail und die beeindruckenden Animationen, über die das neue Spiel und der animierte Film verfügen. Jeder kann Spider-(Wo)Man sein. Egal welche Hautfarbe, Geschlecht oder anderweitige Zugehörigkeit sie haben.

Repräsentation ist für viele noch immer ein Fremdwort, oder gar ein Dorn im Auge, vor allem für die, die es in dem Falle nicht einmal betrifft. Wir müssen lernen, dass Inklusion nicht bedeutet, dass eine andere Gruppe ausgeschlossen wird. Je diverser unsere Charaktere sind, umso originellere Geschichten und Perspektiven können sie erzählen. Unsere Welt ist und war nie eine rein homogene weiße Welt, auch wenn sie zum Großteil von dieser Herkunft regiert und gestaltet wurde.

Bevor ich Aiden in Ruhe weiterspielen lasse, frage ich ihn noch, was seine Hoffnungen zum Thema Inklusion sind. Er überlegt kurz und sagt dann mit einem Lächeln:

„Ich möchte einfach nur, dass alle verstehen, dass Inklusion keine Ausgrenzung von anderen bedeutet. Viele Jahre gab es meist nur ein Bild von einem Helden. Das heißt nicht, dass dieses Bild schlecht ist oder unberechtigt. Aber wenn man sein Leben lang nur ein Bild vor Augen hat, dann vergisst man manchmal, dass es eine ganze Vielfalt von Helden auf der Welt gibt, die nicht nur weiß oder männlich oder hetero sind.“

Natürlich sollte es in einer perfekten Welt egal sein, ob Spider-Man schwarz ist, Soldier 76 aus Overwatch homosexuell, oder Daenarys aus Game of Thrones eine starke Frau darstellt. Aber viele vergessen dabei, dass wir nicht in einer perfekten Welt leben. Wir müssen uns unsere eigenen Vorbilder kreieren, Normen immer wieder anzweifeln, Grenzen neu setzen und Geschichten vielleicht in eine gewisse Richtung schieben, die nicht immer unserer eigenen entspricht. Und wenn ein kleines Kind sich auf einem großen Plakat mit dem Lieblingssuperhelden verstanden und gesehen fühlt, was kann daran dann schon so falsch sein?

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