In einem offiziellen Statement wehrte sich die Entertainment Software Association nun gegen die Planung der Weltgesundheitsorganisation, die Videospielsucht zukünftig zu den behandlungsbedürftigen psychischen Störungen zu zählen. Videospiele seien nicht suchtgefährdend und eine entsprechende Einstufung banalisiere "echte" psychische Erkrankungen, so die Argumentation der Gaming-Lobby.
Für allerlei Aufregung sorgte vor einigen Tagen die Ankündigung der Weltgesundheitsorganisation WHO, die sogenannte Gaming Disorder (umgangssprachlich in Deutschland auch Videospielsucht genannt) als neue Diagnose einzuführen. Genauer gesagt geht es dabei um die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, die alle anerkannten körperlichen und psychischen Krankheiten aufführt und noch in diesem Jahr in der neuesten Ausgabe erscheinen soll – samt Gaming Disorder.
Wer viel spielt, soll deshalb noch lange nicht als krank gelten
Während sich viele Fachkräfte erfreut über die Aufnahme der Gaming Disorder in das Diagnostik-Manual zeigten, äußerten sich einige Spieler besorgt, in Zukunft stigmatisiert und pauschal als süchtig bezeichnet zu werden. Dies mag auch mit der teils sehr oberflächlichen Berichterstattung zusammenhängen, denn die WHO spricht in ihrem Entwurf nicht über übermäßigen Spielkonsum, sondern nennt klare Kriterien für ungesunde Verhaltensweisen:
- Beeinträchtigte Kontrolle über das Spielen (beispielsweise Beginn, Häufigkeit, Intensität, Dauer, Abbruch, Kontext)
- Sich immer weiter erhöhende Priorität des Spielens bis hin zu dem Punkt, an dem es Vorrang vor anderen Lebensinteressen und täglichen Aktivitäten hat
- Weiterführung oder Eskalation des Spielens trotz des Auftretens negativer Konsequenzen
Außerdem müssen nach aktuellem Konzept Beeinträchtigungen im persönlichen, familiären, sozialen, erzieherischen oder beruflichen Umfeld zu finden sein, um die Diagnose der Gaming Disorder zu erfüllen. Kurz gesagt: Niemand soll als süchtig bezeichnet werden, nur weil er gerne und viel spielt.
Gaming Disorder sei keine echte Krankheit, so US-Gaming-Lobby
Trotzdem zeigt sich die Gaming-Community bisher eher kritisch und auch die Entertainment Software Association, eine Organisation der US-Gaming-Lobby, kritisierte die Einschätzung der WHO nun scharf:
"Genau wie begeisterte Sportfans und Konsumenten aller Arten von fesselnder Unterhaltung, gehen Gamer leidenschaftlich und hingebungsvoll mit ihrer Zeit um. Seit mehr als vier Dekaden faszinieren Videospiele bereits Spieler, mehr als zwei Milliarden Menschen rund um den Globus genießen sie.
Die Weltgesundheitsorganisation weiß, dass gesunder Menschenverstand und objektive Recherche ergeben, dass Videospiele nicht suchtgefährdend sind. Ihnen diesen Stempel aufzudrücken, banalisiert leichtsinnig echte psychische Gesundheitsprobleme wie Depression und soziale Angststörung – Krankheiten, die eine Behandlung und die volle Aufmerksamkeit der Medizin verdienen. Wir ermutigen die WHO deutlichst, die Richtung ihrer beabsichtigten Maßnahmen zu ändern."
Es ist nicht zu erwarten, dass sich die WHO von dem Widerstand beeindrucken lässt. Allerdings könnte die entstandene öffentliche Diskussion dazu beitragen, dass die derzeitige Definition der Gaming Disorder überarbeitet wird, um exzessives Gaming ohne Krankheitswert noch deutlicher von einer psychischen Störung abzugrenzen.