Die zwei Jahre Wartezeit seit dem Kinostart von Das Erwachen der Macht scheinen wie im Flug vergangen, als der Lauftext auf der Leinwand erscheint und das ikonische Thema von John Williams erklingt. Mit Star Wars: Die letzten Jedi musste Regisseur und Co-Autor Rian Johnson unter den wachsamen und erwartungsvollen Augen von mindestens zwei Generationen die Sternen-Saga fortsetzen. Ist es ihm gelungen?
Murphys Gesetz in Aktion
Die letzten Jedi setzt unmittelbar dort an, wo Das Erwachen der Macht aufgehört hat. Nachdem der Widerstand im letzten Film die Starkiller Base zerstört hat, holt die First Order zum Vergeltungsschlag gegen die Basis im Illeenium-System aus. Zur gleichen Zeit hat Rey endlich Luke Skywalker in seinem selbst auferlegten Exil ausfindig gemacht, damit er dem Widerstand beisteht.
Aber Luke ist nicht mehr der schillernde Held, der einst dem Imperator die Stirn bot und dabei half, den Frieden in der Galaxie wiederherzustellen. Stattdessen ist er kampfesmüde und zynisch, von seinem damaligen Optimismus ist keine Spur zu finden. Man könnte meinen, dass er über die Jahre zunehmend die Züge von Mark Hamills anderer großer Rolle angenommen hätte.
Wurde noch ein beträchtlicher Teil der Laufzeit des Vorgängers für die Einführung der neuen Protagonisten verwendet, kann Episode VIII sich stattdessen auf die Entwicklung der Charaktere konzentrieren. Kylo Ren hat immer noch mit seinem inneren Konflikt zu kämpfen, der ihn zwischen seiner Loyalität gegenüber Snoke und seinem Erbe als Sohn von Han und Leia hin- und herreißt.
Finn und seine neue Gefährtin Rose bekommen einen Subplot mit einer besonders wichtigen Mission spendiert, während Poe Dameron dafür im zweiten Drittel zunehmend in den Hintergrund gerät. Angesichts der Menge an wichtigen Charakteren ist es keine leichte Aufgabe, jedem von ihnen genug Zeit im Rampenlicht zu geben. Aufopferung und Versagen sind die zwei wichtigsten Leitmotive, die das Handeln der Hauptfiguren prägen.
Die letzten Jedi kommt weniger formularisch als Episode VII daher und die Macher spielen bewusst mit den Erwartungen der Fans. Plottwists werden durch weitere Twists auf den Kopf gestellt und mehr als einmal wähnt man den Abspann bereits in greifbarer Nähe. Auch tonal gibt es Unterschiede, vor allem in den Dialogen. Charaktere geben Einzeiler und Witze von sich, die man nicht von ihnen erwartet hätte.
In einem Universum ohne Han Solo müssen eben die restlichen Figuren diese Lücke füllen. Besonders im Hinblick auf das bedauernswerte Hinscheiden von Carrie Fisher ist es eine Wohltat, dass die von ihr gespielte Rolle genauso wichtig wie eh und je behandelt wird. Den Skywalker-Zwillingen sind einige der prägendsten Momente des Films vergönnt, die sie auch verdient haben
Der Stoff, aus dem Legenden gemacht sind
Visuell lebte Star Wars schon immer von seinen abwechslungsreichen Settings. Die letzten Jedi kann damit nicht mithalten und wirkt in seiner Machart fast schon klaustrophobisch, was die Schauplätze angeht. Die bereits erwähnte Mission von Finn und Rose vermittelt deswegen umso mehr den Eindruck, dass man noch eine weitere Kulisse in den Film einbauen wollte.
Die Effekte überzeugen zum Großteil, vor allem die Raumschlachten sind eine Augenweide. Weniger gelungen ist die Darstellung von Snoke, der dieses Mal nicht als Hologramm, sondern in Person zu sehen ist. Zu künstlich wirkt die Animation seiner Bewegungen und seiner Gesichtszüge, wodurch seine bedrohliche Aura untergraben wird. Der Auftritt eines anderen Charakters zeigt dafür umso mehr, dass praktische Effekte besser funktionieren können als MoCap-Aufnahmen. Die bereits in den Trailern zu sehenden Porgs kann man lieben oder hassen, zumindest besiegen sie keine besser ausgerüstete Streitmacht. Der Spoiler sei an dieser Stelle erlaubt.
Mehr als 30 Jahre nach der Schlacht von Yavin werden interstellare Massenvernichtungswaffen immer noch mit für den Gegner praktischen Schwachpunkten konstruiert. Haarspalter werden mit dem Film ihre Freude haben, dank diverser Plotlücken und Logikfehler. Ein wahrnehmbarer Ruck ging durch die Zuschauer, als Kylo Ren in den ersten zehn Minuten von Das Erwachen der Macht einen Blaster-Schuss in der Luft stoppte.
In Die letzten Jedi wird dies nicht nur getoppt, sondern es gibt gleich mehrere solcher Szenen. Stellenweise bekommt man den Eindruck – um eine Analogie aus dem Gaming-Bereich zu bemühen – als hätten die Charaktere den God Mode aktiviert. Kunststücke dieser Art kennt man eher aus dem Expanded Universe, im etablierten Kanon der bisherigen Filme stechen sie hingegen deutlich hervor.
Nach Das Erwachen der Macht und Rogue One beweist Lucasfilm mit Die letzten Jedi, dass man mit den neuen Filmen einen Plan verfolgt und sich der schwerwiegenden Aufgabe bewusst ist. Die achte Episode liefert Antworten auf manche offene Frage aus dem Vorgänger, andere bleiben weiter ein Geheimnis.
Rian Johnson leistet grundsolide Arbeit, wahrscheinlich sogar besser als J.J. Abrams und liefert neue "Wow!"-Momente und Diskussionsstoff für Fans. Wenn schließlich nach gut zweieinhalb Stunden Laufzeit die Credits laufen, verlässt man mit dem Verlangen nach Mehr den Kinosaal. Auf einmal wirken zwei Jahre Wartezeit wieder verdammt lang.