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The Last Duel: Matt Damon vs. Adam Driver im tödlichen Zweikampf – Filmkritik

Nach einer längeren, durch das Coronavirus verursachten Unterbrechung nimmt das Kinoprogramm langsam wieder richtig Fahrt auf und ein hochkarätiger Film nach dem anderen erblickt das Licht der Welt. Neben Dune von Denis Villeneuve und James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben von Cary Joji Fukunaga gesellt sich nun auch Ridley Scotts Monumentalwerk The Last Duel in das Angebot der Lichtspielhäuser.

Das Werk basiert auf Eric Jaegers Buch „The Last Duel: A True Story of Crime, Scandal and Trial by Combat in Medievil France“. Ein unnötig langer Name, zugegeben, aber auch ein recht passender für die zweieinhalbstündige Adaption des Historiendramas, das nicht eine, sondern gleich drei Geschichten erzählt, die erst im Zusammenspiel eine Ahnung davon geben, was damals wirklich vorgefallen sein könnte.

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The Last Duel: Zur Handlung

„The Last Duel“ präsentiert nacheinander drei Versionen der gleichen Geschichte, jedoch aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Jede dieser Passagen fügt Informationen hinzu, die lediglich eine der drei zentralen Figuren wissen konnte, und zeigt gleichzeitig Überschneidungen in den individuellen Wahrheiten, die sich in Detailfragen teileise stark voneinander unterscheiden.

Dreh- und Angelpunkt dieser Erzählungen ist der Vorwurf der Lady Marguerite de Carrouges (Jodie Cormer), der Junker Jacques Le Gris (Adam Driver) habe sie vergewaltigt. Damals eigentlich keine schwerwiegende Beschuldigung, denn solche Streitfragen klärten die betroffenen Männer meist unter sich und in der Regel dadurch, dass einige Münzen ihren Besitzer gewechselt haben.

Und auch wenn dieser Lösungsweg aus heutiger Sicht kaum nachzuvollziehen ist, war es für die damalige Zeit schon eine ungeheure Überraschung, als der Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon) die Sache einfach nicht gut sein lassen konnte und selbst das Urteil des zuständigen Fürsten, Pierre d’Alencon (Ben Affleck), ignorierte.

The Last Duel: Filmkritik zum Historienepos
©20th Century Studios.

Aufgrund persönlicher Dispute zwischen ihm und Le Gris, und der Überzeugung, immer wieder von seinem Fürsten unfair behandelt worden zu sein, zieht er die Streitfrage bis vor den jungen französischen König Charles VI (Alex Lather), der dem Ritter gestattet, die Sache in einem Duell auf Leben und Tod zu entscheiden.

Der Gewinner ist eindeutig im Recht, da Gott ihn ja ansonsten nicht hätte gewinnen lassen. Doch die Sache hat mehr als nur ein Problem mit dem gesunden Menschenverstand, denn verliert de Carrouges, bedeutet dies unweigerlich, dass seine Frau vor Gott gelogen hat. Und darauf gibt es nur eine Strafe: Tod auf dem Scheiterhaufen.

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The Last Duel: Eine Kritik

Die Art, wie die Handlung in „The Last Duel“ erzählt wird, ist natürlich nicht neu, doch beweist Regisseur Ridley Scott ein gutes Gespür dafür, wie man dreimal die gleiche Geschichte präsentiert, ohne die Zuschauer*innen zu langweilen und gleichzeitig dazu zu zwingen, auf jedes noch so kleine Detail zu achten.

Ihr seht in jeder Version nicht nur viele neue Szenen, die die Beweggründe des entsprechenden Charakters aufschlüsseln, sie zeigen zudem alternative Darstellungen bereits bekannter Gegebenheiten und wie unterschiedlich diese von den Figuren wahrgenommen wurden.

Kein Charakter ist dabei grob in Schwarz und Weiß einzuteilen, stattdessen haben sie alle ihre Stärken und Schwächen und auch wenn ihr euch wohl nicht mit jedem identifizieren werden könnt, erfahrt ihr doch genug über sie, um ihre Handlungen und Entscheidungen zu verstehen.

Um das große Ganze zu begreifen, müsst ihr alle drei Geschichten gehört haben, die mit der Version der Marguerite de Carrouges enden. Zu Beginn ihrer Darstellung wird suggeriert, dass wir nun die Wahrheit sehen.

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Dies geschieht jedoch eindeutig nicht daher, weil nur ihre Sichtweise die ultimative Wahrheit darstellt, sondern weil geneigte Kinogänger*innen erst nach ihrer Wahrnehmung der Ereignisse alle notwendigen Informationen zusammen haben, um sich wirklich eine Meinung bilden zu können. Ob wir dadurch tatsächlich alles ganz genau so gesehen haben, wie es wirklich geschehen ist, bleibt absichtlich bis zum Abspann offen.

Schließlich ist jede Variante nur die eigene Wahrheit, nicht mehr und nicht weniger. Sei es die von Jean de Carrouges, ein tapferer und kriegerischer Mann, der jedoch nicht sonderlich helle ist und ein Paradebeispiel für Männer seiner Zeit, oder die von Le Gris, einem cleveren Günstling des Fürsten, der nicht annähernd so ehrenhaft und ritterlich ist, wie er sich selbst sieht.

Und dann wäre da natürlich noch das Opfer dieser Tragödie, Marguerite. Eine kluge und liebenswerte Person, die aber ziemlich naiv ist und nicht so recht zu begreifen scheint, in was für einer Welt sie lebt und wie die Regeln dieser Realität aussehen.

The Last Duel: Filmkritik zum Historienepos
©20th Century Studios.

The Last Duel: Schwere, packende Kost

Ridley Scott erlaubt sich in seinem neuen Film kaum Fehltritte, lediglich einige wenige Szenen sind etwas zu lang geraten und einige Szenenübergänge überrumpeln Zuschauer*innen förmlich.

Jeder Schauspieler und jede Schauspielerin verkörpert die eigene Rolle recht einzigartig und absolut passend, sowohl die positiven als auch die negativen Seiten der entsprechenden Figur. Ihre überzeugende Schauspielkunst ist es, die bereits die Hälfte des Werks trägt.

Die andere Hälfte lebt von der durchaus spannenden Geschichte, die jedoch nur dann funktioniert, wenn Zuschauer*innen diese Art von schwerer Kost mögen und nicht den Fehler machen, das Gezeigte in unsere heutige Zeit zu versetzen und mit aktuellen Ereignissen zu vergleichen.

Abgerundet wird das Ganze schließlich durch die wenigen aber brachialen und höchst wirksamen Schlachtgetümmel-Szenen, die den Kinosaal zum Beben bringen. Und der Bonus obendrauf dürfte wohl das Finale sein, wenn sich die Streitparteien bis aufs Blut bekämpfen, beide überzeugt davon, im Recht zu sein und den Sieg verdient zu haben.

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Dass Scott viel offen lässt und den Zuschauer*innen gewährt, viele Detailfragen selbst zu interpretieren, mag ein gewagter, vielleicht sogar ein zweifelhafter Ansatz sein, doch er zahlt sich am Ende aus, denn eine klare und unanfechtbare Antwort hätte den finalen Effekt abgeschwächt und dem Publikum die Möglichkeit geraubt, die eigenen Gehirnwindungen arbeiten zu lassen.

Heiner Gumprecht

Roter Magier des Lebens und grauer Jedi unter den Gruftis. Liebt alle Formen von Spielen, allen voran JRPGs und Pen and Paper. Cineast mit starken Gefühlen für den Mainstream und Dr. Nova der Philosophie. Ewiger One-Piece-Fanboy.
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