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The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia: Die Sünden der Videospiel-Adaption: Nichts für Fans und Neueinsteiger

Vor wenigen Tagen erschien die offizielle Videospiel-Adaption von The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia, der ein Manga und Anime zugrunde liegt. Mit der Spielumsetzung möchten die Entwickler das Franchise weiter ausbauen. So konnte sich die Vorlage, Manga und Anime gleichermaßen, immerhin in kürzester Zeit einen Weg in die Herzen vieler Shōnen-Fans sichern. Da liegt eine Adaption für den weltweiten Gaming-Markt nur nahe. Doch für wen ist das Game eigentlich geeignet? Ist es ein Spiel für Fans? Und was sagen Neueinsteiger dazu? Wir haben einen Blick riskiert und würden tendenziell lieber die Finger davon lassen.

So viel vorab: In Zeiten, in denen ein Dragon Ball FighterZ einiges richtig zu machen scheint, obgleich auch dieser Titel nicht frei von Kritikpunkten daherkommt, wird es eine halbherzige Anime-Adaption erst recht nicht einfach haben, sich als ernstzunehmendes Videospiel behaupten zu können. Mal abgesehen davon, dass es vielleicht nicht die idealste Entscheidung sein dürfte, diese beiden Titel so zeitnah zu veröffentlichen. Denn dadurch, dass Dragon Ball FighterZ teils neue Maßstäbe für das Anime-Prügler-Genre setzt, sind die konträren Parallelen der Bandai-Titel nur noch deutlicher zu erkennen.

The Seven Deadly Sins vs. Dragon Ball FighterZ

Wie zeigt sich diese Diskrepanz in den Prügelumsetzungen also genau? Beide Spiele sind in ihren Grundfesten ein Kampfspiel. Der Vergleich liegt demnach mehr als nahe. Während Dragon Ball FighterZ mit einer eigens für das Spiel konzipierten Story daherkommt, spielen wir in The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia die Geschichte aus dem bekannten Anime/ Manga nach. An sich könnte das insbesondere für Spieler, die den Anime/ Manga nicht kennen, eine spannende Angelegenheit darstellen. Doch Vorsicht! Das Narrativ ist hier auf die fundamentalen Story-Ansätze beschränkt und das Gameplay wird durch unzählige Kampfeinlagen in die Länge gezogen, die wir nur allzu gern übersprungen hätten.

Letzteres entpuppt sich im simplen Verbund aus Haupt- und Nebenquests, wobei die Nebenquests zum Teil wichtig sind, um die Charaktere während des Story-Verlaufs über ein Sphärobrett-Äquivalent zu stärken. Da die Nebenquests nicht sonderlich abwechslungsreich sind und sich vom Grundprinzip durch den gesamten Story-Modus wiederholen, können wir dem Grindig-Prinzip hier nichts abverlangen und sind schon nach wenigen Stunden genervt von der Arbeit, die wir hier als Spieler aufbringen müssen.

Narratives Wackelkonstrukt

Die Geschichte wird in einem angemessenen Rahmen nacherzählt, doch die Twists zeigen aufgrund der Erzählweise nur kaum eine Wirkung. Insgesamt gibt es auch weniger humorvolle Momente als bei der Vorlage und die Figuren wirken leerer, da die Dialoge primär dazu angedacht sind, den Handlungsverlauf unzähliger Episoden in kürzester Zeit zu transportieren. Dabei geht der Charme des Animes zwar nicht gänzlich verloren, aber aus einer gewissen Perspektive ist es denkbar schade, dass die kraftvollen Charaktere an so viel Inhalt verlieren. Der Fokus liegt auf dem Gameplay, das euch in unzählige Kampfsituationen wirft, die sich ziehen wie ein alter Kaugummi. Zwischen den Kämpfen schreitet die Handlung voran. Durch prozentuale "Geredepunkte" erhaltet ihr weitere Hauptquests. Gerede in der Taverne der Sins aufzufangen und dem nachzugehen, ist zumindest ein sinnvoller Aspekt im Gameplay. Das ist genauso schön wie die Tatsache, dass ihr euch mit Meliodas, dem Anführer der sieben Todsünden, auf die Suche nach euren Gefährten begebt und euch auf einer Weltkarte mit eurem Wildschwein umherbewegt, auf dessen Rücken sich das entsprechende Gasthof befindet – alles originalgetreu wie im Anime/ Manga eben. Für Fanservice ist grundsätzlich gesorgt.

Todsünde der Adaptionen

Bei den Animationen während der Dialoge haben es sich die Entwickler unfassbar leicht gemacht und die Spieler bekommen lediglich eine Loop-Bewegung zu sehen, die teils zu auffällig lange in Szene gesetzt wird. Reden die Figuren gerade oder möchten sie mit den anderen tanzen? Das ist aufgrund des Loops nicht immer eindeutig zu unterscheiden. Charaktere, die zwar für den Story-Verlauf relevant sind, aber nicht als eigenständige Kämpfer fungieren, wurden von den Entwicklern nicht einmal erst animiert. Wenn sie sprechen und eigentlich gezeigt werden müssten, sehen wir lediglich die Sins oder Heiligen Ritter, die ihr auch spielen könnt respektive im Kampf zur Verfügung stehen. Zumindest sehen wir sie als kleine Grafik in der Untertitelbox. Bei einigen Charakteren werden nur Platzhalter-Modelle wie reguläre Fußsoldaten verwendet, obwohl die Figuren gänzlich anders aussehen. Allein dieser Umstand nimmt der Story ordentlich an Gewichtung. In Dragon Ball FighterZ durften wir uns nicht nur über zusätzliche Sprachpakete (neben japanisch) freuen, sondern auch über kontinuierliche Animationen im Story-Modus, die dem Anime Dragon Ball Z oder Dragon Ball Super in nichts nachstehen.

Ein Kontrast, der selbst für Neueinsteiger im Anime-Genre nicht zu übersehen ist. Ebenfalls nicht zu übersehen sind die Effekt-Feuerwerke, die in einzelnen Partien bis zur Unkenntlichkeit des Spiels aufkommen können. In Dragon Ball FighterZ wurde der Anime-Stil des Spiels so sehr auf die Höhe getrieben, dass wir selbst bei ausufernden Spezialattacken der Kämpfer die Übersicht behalten konnten, da sich die Animationen im scharfen Zeichenstil voneinander unterschieden. Hier hingegen verwischt die Anime-Stilistik mit dem 3D-Look der Hintergrundkulissen oftmals. 

Dazu kommen repetitive Schauplätze und die Kämpfe, die aufgrund des schwergängigen Bewegungssystems kaum Spaß machen. Insgesamt also ein schwaches Paket.

Für Anime-Veteranen oder Neueinsteiger?

Fans der Serie oder des Mangas bekommen jedoch alle wichtigen Hauptcharaktere geboten, mit denen sie sich auch im Zweikampf gegen ihre Freunde oder online messen können. Diese Kämper verfügen allesamt über individuelle Angriffe und Spezialattacken, frei nach dem Vorbild von Nakaba Suzuki. Die magischen Attacken und dämonischen Angriffe wurden hier zum Teil eins zu eins übernommen, was wir dem Spiel zwar positiv anrechnen können, aber auch eine Grundprämisse in solch einer Adaption darstellen sollte.

Ob Einsteiger oder Anime-Veteran, das Kampfsystem ist teilweise zu statisch. Hier ziehen wir noch einmal den Vergleich zu Dragon Ball FighterZ. Auch wenn es ein 2D-Beat’em-Up ist, hatten wir hier zu keiner Zeit das Gefühl, dass wir als Spieler keine Kontrolle über den Charakter und den Moment des Kampfes haben. In The Seven Deadly Sins: Knights of Britannia geben wir die Kontrolle gefühlt in unzähligen Momenten ab, wenn statische Kampfanimationen vorerst ausgeführt werden müssen, bevor es schließlich weiter gehen kann. Dazu kommen die spartanische Erzählweise und die Grindig-Aspekte im Story-Modus, was insgesamt kein rundes Gesamtbild ergibt.

Tendenziell könnte man also eher sagen, dass die schwächere Story-Umsetzung im Vergleich zum Original den Neueinsteigern des Franchises nicht so stark auffallen könnte, aber ist das die Intention der Entwickler? Wohl kaum, da sich die Zielgruppe mitunter auch an die Kenner und Fans richten sollte. Die erhalten zumindest eine auf der Vorlage basierende Kampfspiel-Umsetzung, in der sie in die Haut ihrer Lieblingscharaktere schlüpfen können. Doch das wars dann auch schon.

Wenn euch das am Ende nicht ausreicht, empfehlen wir lieber den Anime The Seven Deadly Sins mit zwei Staffeln auf Netflix, der für Abonnenten des Video-Streaming-Dienstes kostenlos zur Verfügung steht. Was das Videospiel betrifft: Vielleicht lernen die Entwickler bei Natsume Atari aus den Fehlern der ersten Spielumsetzung und der nächste Titel bietet ein stärkeres Gesamtpaket. Es bleibt abzuwarten.

Ben Brüninghaus

Hauptberuflicher Jedi-Meister, nebenbeschäftigt bei PlayCentral.de. Popkultur-Fetischist: Star Trek, Star Wars, alles mit „Star“, verspeist Spiele-OSTs zum Frühstück, Großmeister der Bärenschule. Inquisitor. Mag das Ende von Mass Effect.
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