Leisetreter dürfen sich mit Thief endlich wieder lautlos an Wachen vorbeischleichen, über die Dächer der Stadt turnen und sich auf Beutezug begeben. Zwar wirkt der Schleich-Shooter aus dem Hause Eidos Montreal an einigen Stellen ein wenig unfertig, die Atmosphäre sowie die Grafik lassen aber schnell in das Spiel eintauchen. Ob auch Serien-Veteranen auf ihre Kosten kommen werden, klären wir in unserem Test.
Die Dunkelheit ist dein Freund – die erste Lektion, die wir auf der Straße als Waise gelernt haben. Die Stadt mit ihren finsteren Seitengassen und ihren hohen Dächern. Früher haben wir gestohlen, um zu leben, doch nun leben wir dafür, zu stehlen. Es geht weniger um Gold, als vielmehr um den Reiz des Unüberwindbaren, Unmöglichen, Geheimnisvollen und Unbekannten. Wir folgen nur wenigen Regeln: Traue niemandem, arbeite allein und töte nur im äußersten Notfall. Wir sind der Meisterdieb Garrett.
In dem mittlerweile bereits vierten Teil der Thief-Serie schlüpfen wir erneut in die Rolle des Meisterdiebes Garrett und schleichen und stehlen uns durch eine Stadt zu Beginn der Industrialisierung. Schmutzig, düster und hart sind die Zeiten – nicht nur als Dieb.
Der Drang nach Fortschritt
Baron Northcrest treibt den Fortschritt und die Industrialisierung um jeden Preis und zumeist auf Kosten des Volkes immer weiter voran. Zwar scheint das Volk zu leiden, ein Problem hat der Baron damit allerdings wohl nicht. Nach der brutalen Abriegelung der Stadt besitzt der Diebesfänger General die gesamte Kontrolle über die Wache und somit über die gesamte Stadt. Dieser verfolgt jedoch hauptsächlich eigene Interessen und wird von Geldgier getrieben.
Zudem befällt die Bürger eine seltsame Krankheit, die nur als „Schwermut“ bezeichnet wird und Tod und Verderben herbeiruft.
Gemeinsam mit Erin, Garretts junger Schützling, begeben wir uns auf einen ganz besonderen Diebeszug. Schließlich stehen wir als Dieb auf Herausforderungen. Da kann auch Garrett nicht nein sagen, obwohl Erin einen Hang zur Aggressivität hat, der Garrett stets beunruhigt
Doch leider scheint unsere Praktikantin, die das Morden nicht sein lassen kann, dieses Mal ein klein wenig übermotiviert zu sein. Prompt geht der Plan schief, wir werden von den Wachen auf frischer Tat entdeckt und stürzen gemeinsam mit unserer ehemaligen Schülerin in eine bizarre Zeremonie, in Northcrest Manor, dem Haus des Barons.
Eine ziemlich blöde Situation. Als wir die Augen wieder öffnen, befinden wir uns auf einem Karren, der unterwegs zurück in die Stadt ist. Überall in den Straßen begegnen uns Tod und Unterdrückung. Zudem breitet sich die eben erwähnte Krankheit aus. Was während unserer offenbar längeren Abwesenheit passiert ist und ob Erin noch lebt, wissen wir nicht.
Unser erster Auftrag führt uns zu unserem Hehler Basso. Wir sollen einen Ring beschaffen. Kann ja nicht so schwer sein…
Ehe wir uns versehen stecken wir schon mitten in den Konflikten zwischen der Politik und dem Volk sowie einem Geheimnis, dass die Welt zu zerreißen droht.
Also tun wir, wie uns geheißen und schleichen in unseren Leisetreter-Schuhen, die wir von Splinter Cell-Agent Sam Fisher geliehen bekommen haben, durch die düstere Stadt. Besonders gut gefallen hat uns während unserer Streifzüge die Grafik sowie die düstere Atmosphäre. Hübsch sind auch die Lichteffekte beispielshalber von Wachen, die ahnungslos mit Fackeln ihre Runden ziehen. Trotzdem nerven gelegentlich grobkörnige Partikeleffekte und matschige Texturen. Da haben sich die Jungs von Eidos Montreal wohl gedacht, dass dies in den finsteren Level nicht weiter auffallen würde. Ein wenig mehr Feinschliff hätten auch die Gesichter der NPCs vertragen können. Wobei die Lippenbewegung meist nicht zu der deutschen Synchronisation passt und so oft zu eher unfreiwillig komischen Momenten führt, dafür aber von den emotionslosen Mimiken ablenkt.
Übrigens NPCs, die KI in Thief wird mit Sicherheit keinen Preis für besondere Leistungen gewinnen. Doch beginnen wir im Hauptmenü, denn nur da können wir den Schwierigkeitsgrad einstellen, später im Spiel haben wir dazu nämlich keine Möglichkeit mehr. Entscheiden dürfen wir uns zwischen Schurke, Dieb und Meister, wodurch Wachen aufmerksamer und Ressourcen teurer werden. Auf der letzten Stufe leert sich zudem die Fokusanzeige deutlich schneller und es ist uns verboten Zivilisten zu töten oder bewusstlos zu schlagen. Wer Thief an seine eigenen Vorstellungen anpassen möchte, der darf die Standardeinstellungen feinjustieren oder den Schwierigkeitsgrad früherer Spiele übernehmen. Absolute Veteranen und Vollprofis wählen übrigens „Ultimativer Dieb“, wodurch das Spiel bereits nach dem ersten Bildschirmtod vorbei ist. Zudem sind keine Upgrades, Knockouts oder Alarme der Wache zugelassen.
Doch auch auf der mittleren Stufe stellen die Gegner keine wirkliche Herausforderung dar. Wer mal genug vom ewigen Schleichen hat, der packt einfach seinen Schlagstock aus und wirft sich gemeinsam mit Garrett in den Nahkampf. Besonders eindrucksvoll oder gut umgesetzt wirken solche Nahkämpfe allerdings nicht. Wobei man fairerweise auch sagen muss, dass Thief natürlich nicht auf Nahkämpfe ausgelegt ist und es meist mehrere Wege und Vorgehensweisen gibt, solchen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen.
Leises Vorgehen zahlt sich aber sowieso viel eher aus. So bekommen wir gegen Ende einer jeden Mission eine Statistik präsentiert und werden in einen von drei Rängen eingeteilt. Waren wir als lautloser Geist, Opportunist oder eher als aggressiver Jäger unterwegs. Dabei ist das Spiel immer lösbar ohne einen einzigen Gegner zu töten oder Wachen auf uns aufmerksam zu machen.
Zudem dürfen wir zu jeder Zeit eine Mission wiederholen, während wir aktuelle Upgrades und Fähigkeiten behalten.
Selbstverständlich haben wir von denen als Meisterdieb und alter Hase im Diebesgeschäft eine ganze Menge. Aufgrund des Unfalls zu Beginn des Spiels, hat Garrett die Fähigkeit erworben Dinge zu fokussieren, was die Effektivität unserer Diebesfähigkeit deutlich steigert. So werden beispielshalber interaktive Elemente wie Beute in der Umgebung hervorgehoben. Bedrohungen und Fallen sind rot. Insgesamt dürfen wir die verschiedenen Kategorien Intuition, Geschicklichkeit, Schaftschütze, Sinne, Kampf, Geschwindigkeit, Effizienz und Tarnung in zwei Stufen ausbauen.
Besonders oft benutzt haben wir das Fokussieren allerdings nicht, zum einen, weil wir auch gut ohne ausgekommen sind und zum anderen, weil die Fähigkeit schlicht nicht in das Spiel passt und genau wie das Rangsystem aufgesetzt und überflüssig wirkt. Ein wenig übermächtig fanden wir die Fähigkeit des kurzen „Huschens“, wodurch wir schnell und beinahe lautlos an Gegnern vorbeisprinten können. Vor allem, da sich diese beliebig oft hintereinander anwenden lässt. So laufen wir Wachen regelmäßig einfach mal vor der Nase herum, nur um kurz darauf in der nächsten finsteren Seitengasse zu verschwinden.
Wobei die Dunkelheit in Thief als zentrales Spielelement oft einfach zu hell daherkommt. Im Grunde gibt es nur Dunkel oder Hell. Stehen wir im Hellen, werden wir innerhalb kurzer Zeit entdeckt. Erkennen können wir das, wenn der Fokusstein in der unteren linken Bildschirmecke aufleuchtet. Sobald wir in den Schatten treten, erkennt uns ein Gegner nicht einmal mehr, wenn sich dieser wenige Zentimeter von uns entfernt befindet und wir noch beste Sicht auf die vor uns liegende Stadt haben. Spielen wir Thief auf der PlayStation 4, leuchtet der Controller, werden wir gesehen, übrigens blau auf. Tatsächlich ein nützliches Feature, sollte man in einem dunklen Raum spielen.
Eine runde Sache
Auf technischer Seite unterscheiden sich die PC-, PS4- und Xbox One-Version in optischer Hinsicht nur kaum, wobei wir bei der PS4 in manchen Momenten den einen oder anderen Frameeinbruch beobachten konnten. Auf dem PC flimmerte Thief zu jeder Zeit flüssig über den Bildschirm. Zwar sieht der vierte Teil der Serie auch auf den Current-Gen-Konsolen PlayStation 3 und Xbox 360 schick aus, jedoch sieht man den entsprechenden Fassungen die Performance-Minderung deutlich an. Besonders Kantenglättung und Objektdetails können mit der PC- sowie den Versionen der Next-Gen-Konsolen- nicht mithalten.