Lassen sich Binge-Watch-Serien mit Weekly-Serien überhaupt vergleichen? Äpfel und Birnen?!
Vor einigen Tagen berichteten wir auf PlayCentral, dass sich „The Witcher“ in der Woche vom 22. bis 28. Dezember deutlich besser geschlagen hat als „The Mandalorian“. Laut Parrot Analytics sollen es bis zu 15 Millionen Zuschauer mehr gewesen sein, wobei sich diese Zahlen nur auf den US-Markt beziehen. An dieser Stelle vernachlässigen wir also die Tatsache, dass Disney Plus bisher nur in zwölf Länder erschienen ist. Auf Basis nackter Zahlen schneidet „The Witcher“ also deutlich besser ab. Bei Rotten Tomatoes hingegen erzielen sowohl „The Mandalorian“ als auch „The Witcher“ einen Audience Score von jeweils 93 Prozent (Stand 3. Januar 11:30). Mehr Views, aber gleicher Score – wieso wurde „The Witcher“ also als besser angepriesen und deutlich mehr geschaut?
„The Witcher“ erscheint ganzheitlich zu einer Zeit, in der die Menschen in den Staaten frei haben. Schon aus einer strukturellen Betrachtung hat dieser Vergleich zwischen beiden Serien also mit Problemen zu kämpfen. Die erste Folge von „The Mandalorian“ hat in der ersten Wochen nicht derart viele Zuschauer angelockt wie „The Witcher“, erschien dafür aber auch im Oktober. Eine Zeit, in der viele Menschen arbeiten, möglicherweise unter Stress stehen, oder, oder, oder. Es hat schon allein einen psychologischen Hintergrund, warum beispielsweise alle drei „Star Wars“-Filme der neuen Trilogie im Winter erschienen sind. Viele Menschen haben Urlaub, wollen Zeit mit ihrer Familie verbringen und gehen gemeinsam ins Kino. Warum also auch nicht gemeinsam die neue Serie auf Netflix schauen, deren Folgen komplett erschienen sind und die ich jetzt in meiner freien Zeit komplett am Stück genießen kann.
Es ist, als würde man einen Kurzsprint mit einem Marathon vergleichen, wobei der Marathon einige Zeit vor dem eigentlichen Sportevent gestartet ist, um es metaphorisch darzustellen. Selbstverständlich tendieren Zuschauer einer Serie dazu, alle Folgen durchzuschauen, wenn sie am Stück veröffentlicht werden – selbst wenn zwischendurch einige Zweifel beim Konsumenten aufkommen, ob die Serie doch jetzt wirklich so gut ist, schaue ich die Serie eventuell doch noch zu Ende. Mit extensiveren Pausen zwischen den Folgen, ist die Gefahr von Natur aus größer zwischen den Folgen abzuspringen, was die Gefahr einer solchen Serie wiederum für den Streamingdienst auch enorm erhöht. Am Beispiel von Disney Plus ist es eben dieser Trade-off, dass eine deutlich längere Kundenbindung geschaffen werden kann, die mit der Zeit aber mehr und mehr an Intensität verliert. Gleichzeitig bietet es im bereits beschriebenen digitalen Zeitalter der Meme-Hypes neuen Interessenten die Möglichkeit miteinzusteigen.
Wie gut eine Serie wirklich ist, sollte für den Endkonsumenten also stets auf Basis subjektiver Bewertung passieren. Jeder von uns hat seine eigene Meinung und kann daher von sich behaupten, dass er die eine oder andere Serie besser findet. In diesem Sinne macht es also auch Sinn, sich mit Freunden und Kollegen auszutauschen – die konnten sich schließlich auch ihre eigene Meinung bilden und können so wertvollen Input liefern. Sich beispielhaft nun aber nur für „The Witcher“ zu entscheiden, weil es die höheren Klickzahlen generiert hat, ist ein Trugschluss, wie auch die Bewertung bei Rotten Tomatoes zeigen. Rein objektiv gesehen sollten wir uns daher davor hüten, nackte Zahlen als bare Münze zu nehmen, auch wenn es genau jene Zahlen sind, die einem Studio das Signal geben, ob eine Serie funktioniert oder eben nicht.