Die Rundfunkkommission der Länder will die umstrittene Rundfunklizenz für Gaming-Streamer abschaffen. Dies geht aus dem veröffentlichten Entwurf zum nächsten Rundfunkstaatsvertrag hervor. Einige Punkte sorgen jedoch für Unklarheit.
Die vom Land Rheinland-Pfalz federführend koordinierte Rundfunkkommision hat ihren Entwurf zur Neufassung des nächsten Rundfunkstaatsvertrages veröffentlicht. Der soll an die Gegebenheiten des digitalen Zeitalters angepasst und zukünftig als „Medienstaatsvertrag“ gehandelt werden.
Der Medienstaatsvertrag nimmt sich dabei auch die Wünsche der Twitch– und YouTube-Streamer zu Herzen, die sich vorwiegend auf die Übertragung von Videospielen fokussiert haben. Die Rundfunkkommission will für diese die Notwendigkeit einer Rundfunklizenz abschaffen.
Der neue Medienstaatsvertrag
Im Zuge dessen wird der Paragraph § 20 b Hörfunk im Internet in den Paragraphen § 20 b Bagatellrundfunk umbenannt und neu definiert. Darin wird geregelt, welche Angebote keiner Zulassung bedürfen:
1. Rundfunkprogramme, die aufgrund ihrer geringen journalistisch-redaktionellen Gestaltung, ihrer begrenzten Dauer und Häufigkeit der Verbreitung, ihrer fehlenden Einbindung in einen auf Dauer angelegten Sendeplan oder aus anderen vergleichbaren Gründen nur geringe Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung entfalten,
2. Rundfunkprogramme, die jedenfalls weniger als 5000 Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden,
3. Rundfunkprogramme im Internet, die regelmäßig im Monatsdurchschnitt weniger als 20.000 Zuschauer erreichen [oder vorwiegend dem Vorführen und Kommentieren des Spielens eines virtuellen Spiels dienen].
Zu beachten ist, dass der in eckigen Klammern gefasste Bereich noch dem ersten Arbeitsentwurf entspricht. Hier ist der Kommission zufolge eine zusätzliche Abstimmung notwendig.
Die Ausnahme für Gaming-Streams
Um das Ganze mal zu erklären: Streams auf Twitch und YouTube sind – mit Ausnahmefällen wie den Rocketbeans – selten redaktionell geregelt und wie traditioneller Rundfunk organisiert. Die gesamtgesellschaftlich geringe Bedeutung ist also unbedenklich.
Wer über weniger als 5.000 Zuschauer gleichzeitig verfügt, müsste ebenfalls keine Rundfunklizenz beantragen. Dies ist auch der Fall, sollten im Monat weniger als 20.000 Zuschauer erreicht werden.
Und: Selbst wenn dies nicht der Fall ist, man sich aber auf Gaming-Streams fokussiert, ist man ausgenommen.
Fragen bleiben offen
Streamer fragen sich derzeit allerdings, ob sie nur einen der drei Punkte erfüllen müssen oder angesichts der Gaming-Ausnahme direkt aus dem Schneider wären. Verfügt man über keine Redaktion, spielt nur einige Spiele, aber erreicht mehr als 5.000 gleichzeitige Zuschauer – benötigt man dann dennoch eine Rundfunklizenz?
Wir haben diesbezüglich Kontakt mit dem Land Rheinland-Pfalz aufgenommen, um für Aufklärung zu sorgen. Wir bekamen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch keine Antwort.
Kritisiert wird zudem die damit verbundene Diskriminierung für andere Inhalte: Ein simples Beispiel wäre die Übertragung von Brettspielen. Hierbei handelt es sich offensichtlich nicht um „virtuelle Spiele“, eine Ausnahmeregelung würde also nicht zutreffen.
Selbstverantwortung ist gefragt
So oder so, im Endeffekt müssen sich Streamer dennoch selbst um eine vollständige Befreiung kümmern. Im Entwurf zum Medienstaatsvertrag wird folgendes aufgeführt:
„Die zuständige Landesmedienanstalt bestätigt die Zulassungsfreiheit auf Antrag durch Unbedenklichkeitsbescheinigung.“
Wer also auf der sicheren Seite sein will, sollte seine zuständige Landesmedienanstalt kontaktieren. Diese überprüft den Antrag und bestätigt dann den Sachverhalt.
Nordrhein-Westklagen
Über einen ersten Arbeitsentwurf für einen Medienstaatsvertrag wurde bereits am 13. Juni 2018 beraten. Neben der üblichen Regelungsvorschläge zu den Bereichen Zulassungspflicht und Streaming sowie der damit verbundenen Definition eines Rundfunkangebots wurden darin erstmals Social Media-Plattformen, Suchmaschinen und Videoportale aufgeführt.
Streamer wie Erik „Gronkh“ Range waren zuvor gezwungen, eine Rundfunklizenz zu beantragen oder andernfalls juristische Konsequenzen zu befürchten. Auch PietSmiet mussten einen Livestream-Kanal dank der Rundfunklizenz aufgeben.
Besonders aggressiv bei der Einforderung der Rundfunklizenz war die nordrhein-westfälische Landesmedienanstalt. Die 2017 neu gewählte Landesregierung erklärte jedoch, dass sie sich schleunigst für eine Modernisierung des Rundfunkstaatsvertrages einsetzen wolle, um entsprechende Fälle zu vermeiden.
Feedback erwünscht, Warten ist angesagt
Wie schon erwähnt, handelt es sich bei dem Dokument bislang lediglich um einen Entwurf. Bürgerinnen und Bürger, Vertreter öffentlich-rechtlicher oder privater Unternehmen, Einzelpersonen und Streamer sind deshalb bis zum 26. August 2018 dazu aufgefordert, auf dieser Website ihr Feedback abzugeben. Die Kommission will dann im Herbst über die Vorschläge beraten.
Der aktualisierte Medienstaatsvertrag tritt selbstverständlich nicht direkt in Kraft. Zunächst müssen die Ministerpräsidenten der einzelnen Bundesländer gemäß des Föderal-Prinzips diesen einstimmig beschließen. Allerdings besteht die Möglichkeit eines Vetos, um Nachbesserungen zu fordern.
Bis der Medienstaatsvertrag also gültig wird, könnte noch eine Weile vergehen. Das Treffen der Ministerpräsidenten zum Beschluss eines aktualisierten Rundfunkstaatsvertrages findet nämlich in der Regel alle fünf Jahre statt. Das letzte erfolgte 2015, man müsste also eventuell bis 2020 warten.