Twitch hat ein riesiges Problem: Seit Wochen werden insbesondere Streams von Menschen, die marginalisierten Gruppen angehören, zum Ziel sogenannter Hate Raids. Das bedeutet, dass regelrechte Bot-Armeen die Chats der Streamer*innen mit rassistischen, homo- oder transfeindlichen Beleidigungen und ähnlichem fluten. Darum fordern viele Betroffene unter dem Hashtag #TwitchDoBetter, dass Twitch endlich passende Maßnahmen dagegen ergreift. Wie schwierig es für die Streamer*innen selbst ist, gegen die Hate Raids vorzugehen, zeigt dieses Video.
Twitch & Hate Raids: So schwierig ist es, alle Variationen eines Wortes zu sperren
Darum geht’s: Seit geraumer Zeit sorgen sogenannte Hate Raids auf Twitch für großen Ärger und Unmut. Von Nazi-Trollen und Menschenfeinden organisiert, greifen unzählige Bots die Kanäle von Streamer*innen an und verbreiten in deren Chats haufenweise ekelhafte Nachrichten. Von rassistischen Ausfällen über die übelsten Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen ist alles dabei – und Twitch lässt die Betroffenen weitestgehend mit der Problematik allein.
Was ist #TwitchDoBetter? Hinter diesem Hashtag verbirgt sich die Forderung vieler Streamer*innen und Zuschauenden, dass Twitch selbst als Plattform etwas gegen solche Hasskampagnen unternehmen muss. Die Argumentation beruht darauf, dass Twitch sich aus der Verantwortung und in erster Linie darauf zurückzieht, dass betroffene Streamer*innen selbst gegen die Hate Raids vorgehen müssten.
A Day Off Twitch: Aber weil das für einzelne Streamer (erst recht diejenigen mit wenig Ressourcen) so gut wie unmöglich ist, rufen viele Twitch-Stars nun dazu auf, am 1. September aus Protest gar nicht zu streamen. Der Boykott soll noch mehr Aufmerksamkeit auf die Problematik lenken und Twitch endlich dazu bewegen, ernsthafte Konsequenzen zu ziehen und etwas zu unternehmen, um den Hass-Bots Einhalt zu gebieten.
So schwierig ist die Sperrung: Um das Argument zu entkräften, Twitch würde den Betroffenen ausreichend Mittel und Wege zur Verfügung stellen, um gegen Hate Raids vorzugehen, sie müssten nur genutzt werden, hat Streamer Art for the Apocalypse ein beeindruckendes Video erstellt. Darin erklärt er, wie unglaublich schwierig es ist, wirklich alle Variationen eines bestimmten Wortes zur Liste geblockter Wörter hinzuzufügen.
Er nutzt als Beispiel das Wort „Jogger“ und startet einen Versuch, wirklich sämtliche Variationen davon zu blockieren, so dass sie gar nicht im Chat seines Channels auftauchen können. Viele der Bots nutzen Buchstaben aus anderen Sprachen, die ähnlich aussehen, um solche Sperrungen zu umgehen. So ergeben sich extrem viele verschiedene Schreibweisen, bei denen aber stets immer noch sehr deutlich wird, welches Wort gemeint ist. Der Twitch-Streamer Art for the Apocalypse lässt ein Skript alle möglichen Variationen des Wortes „Jogger“ bilden: Es sind 21,9 Millionen.
Dabei wurden allerdings nur die Buchstaben das lateinischen Alphabets benutzt. Twitch unterstützt aber auch kyrillische Schrift, hebräische und noch viele andere. Das heißt, dass es eigentlich noch sehr viel mehr Variationen gibt, die auf die Blockliste gehören. Und das alles nur, um ein einziges Wort samt seiner Variationen zu sperren.
Dann geht der Spaß aber erst so richtig los: Um diese vielen Variationen auch tatsächlich zu blockieren, müssen sie bei Twitch angegeben werden. Das geht aber nicht in Massen, sondern immer nur in Hunderterschritten, und das auch nur alle 30 Sekunden. Der Channel-Bot von Art for the Apocalypse müsste umgerechnet 76 Tage am Stück (24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche) die Blockliste füttern, nur um ein einziges Wort zu sperren und hätte immer noch nicht wirklich alle Variationen abgedeckt.
Der Twitch-Streamer bringt es am Schluss seines Videos auf den Punkt:
„Zu erwarten, dass Streamer*innen dieses Problem selbst lösen, ist nicht nur unfair, es ist technisch auch nicht möglich. Mach es besser, Twitch!“