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Warface: CoOp-Modus: Schön anspruchsvoll

Es klingt schon fast ein bisschen verrückt, wenn gerade Crytek, ein weltweit führender Hersteller von erfolgreichen Ego-Shootern, ein Free-2-Play-Game ankündigt und von der Zukunft des Online-Marktes spricht. Gut, so neu ist diese Einsicht, dass Geiz gleich geil ist, natürlich nicht. Bisher kannte man solche Projekte aber eher von kleineren Studios, denen der Sprung in den Marktkern leider verwehrt bleibt. Auch die Wahl des Publishers fiel mit Trion Worlds (RIFT, Defiance) zwar nicht schlecht, aber doch etwas ungewohnt aus, da das deutsche Unternehmen für gewöhnlich eher mit Marktgiganten wie EA oder Ubisoft zusammenarbeitet. Was erwarten wir also von Warface, dem neuen Online-Shooter der Crysis-Macher? Natürlich nicht weniger, als eine Revolution des ganzen Genres, zumindest im Free-2-Play-Onlinebereich. Wie finden wir heraus, ob dieses Unterfangen auch geglückt ist? Natürlich: Wir schultern unser Sturmgewehr und wagen uns aufs Schlachtfeld, um den Krieg in Warface hautnah zu erleben. Bleibt nur zu hoffen, dass aus der coolen Online-Ballerei keine heiße Luft wird.

Die Welt ist im Krieg

Irgendwo im Nahen Osten: Ein Helikopter setzt uns und unsere vier Team-Mitglieder inmitten einer zerstörten Stadt ab. Schon bevor er den Boden berührt, fallen die ersten Schüsse. Soldaten der privaten Blackwood-Armee fackeln nicht lange und eröffnen das Feuer auf uns. Die Ladeklappe des Helis öffnet sich, wir sprinten hinaus und suchen hinter ein paar nahe gelegenen Kisten Schutz, damit wir rasch den Gegenangriff starten können. Dabei gibt es schon erste Verwundete. Unseren Scharfschützen, eine von vier spielbaren Klassen, hat es erwischt und er ringt um sein Leben. Sein Glück: Wir haben einen Medic mit in der Party, der schnell zu ihm eilt, um ihn mittels Defibrillator zurück ins Leben zu holen. Diesen Luxus hat man nicht immer, da die Klassenwahl jedem selbst überlassen ist. Dabei ist gerade dieser taktische Aspekt am Anfang wichtig und entscheidend für den ganzen Einsatz.

Unsere Umwelt ist uns feindlich gesinnt und kennt kein Erbarmen. Wer hier ohne Absprache und vor allem ohne Heiler in den Krieg zieht, ist sich seiner Sache entweder sehr sicher oder einfach nur lebensmüde. Aber nicht nur die Gesundheit unserer Kameraden, die vom Medic ebenfalls wieder aufgefüllt werden kann, ist ein wichtiger Faktor. Auch Munition ist nur begrenzt vorhanden. Wer bei Warface darauf hofft, wie bei anderen Shootern die getöteten Gegner um ihre Kugeln zu erleichtern, irrt. Wenn das Magazin leer ist, wird die Sache mehr als problematisch. Da ist man gut beraten, wenn man einen Rifleman mit im Team hat, der einen während des Kampfes mit Munition versorgen kann. Da wir neben unseren Lebenspunkten auch noch eine Rüstung zum Schutz tragen, ist auch der Engineer, die vierte Klasse in Warface, recht nützlich, da dieser imstande ist, sie zu reparieren. Allerdings kann man auf diesen Posten auch verzichten, wenn man nicht gerade als menschliche Zielscheibe in jede Kugel rennt.

Auf unserem Weg durch die Stadt kämpfen wir uns von einem Checkpunkt zum nächsten und müssen dabei immer auf der Hut vor plötzlich auftauchenden Soldaten sein. Nicht immer kann ein Mitspieler ins Leben zurückgeholt werden. Wer ins Gras beißt, steigt erst nach dem Erreichen des Checkpoints wieder ein. Das klingt zwar leicht, ist beim knackigen Schwierigkeitsgrad der CoOp-Missionen aber alles andere als ein Zuckerschlecken. Kaum haben wir ein gutes Stück zurückgelegt, überrascht uns ein Heavy Gunner – eine Spezialeinheit, die über einen extrem dicken Schutzpanzer und durchschlagkräftige Waffen verfügt. Nur auf seiner Rückseite, an einem blauen Energiekern, können wir ihm Schaden zufügen. Doch selbst wenn wir genau treffen, hält der Bursche einiges aus und so zieht sich so ein Kampf schon gerne ein paar Minuten hin. Sind wir nicht erfolgreich, müssen wir die Mission komplett von vorne beginnen.

Knackiger Endboss

Ist der Heavy Gunner in den Dreck geschickt, geht der Kampf im zweiten Abschnitt der Mission weiter. Hier erwarten uns erneut Blackwood-Soldaten, die über eine kurze Strecke ausgeschaltet werden müssen, bevor der Endboss des Levels naht. Hier haben sich die Entwickler einige Szenarien einfallen lassen. Während uns als Zwischenboss immer der Heavy Gunner erwartet, ist der Kampf am Ende etwas flexibler, was die Gegnerauswahl angeht. So kann es zum Beispiel sein, dass wir es mit mehreren Wellen Soldaten aufnehmen müssen, die uns alles abverlangen. Oder eine riesige Mecha-Einheit, die in einem mehrphasigen Kampf mit Panzerfäusten beschossen werden muss. Da kann einem kurz vor Schluss noch die Puste ausgehen und die Mission scheitert.

Generell ist der Schwierigkeitsgrad der CoOp-Missionen nicht zu verachten. Schnelles Durchlaufen gibt es hier nicht. Zusammenspiel und Klassenwahl müssen einfach passen, da kleinste Fehler zu größeren Katastrophen führen können. Dabei geht es hier noch um den normalen Modus. Im Hardmode sieht die Sache noch mal ein wenig schlimmer aus. Hier ist man gut beraten, mit einer Stammgruppe auf Mission zu gehen. Eine Kette ist schließlich immer so stark, wie ihr schwächstes Glied. Dieser Umstand kommt bei Warface sehr schön zum Tragen und verleiht dem PvE einen erfrischend anspruchsvollen Kick, der zu nervenzerreißenden Partien einlädt. Wobei wir natürlich nicht übertreiben möchten. Mit ein wenig Übung sind die Abläufe schnell gepaukt und es stellt sich eine gewisse Routine ein. Da man allerdings nie sicher sein kann, dass seine Mitspieler über den gleichen Skills verfügen, kann jede Runde zu einer Herausforderung werden. Dies lädt natürlich wunderbar dazu ein, sich zu Stammgruppen zu formieren, was wir euch auch dringend ans Herz legen, wenn ihr Warface auf hohem Niveau spielen wollt.

Mehr als nur eine nette Beigabe: der CoOp-Modus

Die eben beschriebene Mission gehört natürlich zum CoOp-Segment von Warface und gibt dem Spiel auch seine Besonderheit. Während man die verdächtigen Genreklassiker wie Deathmatch, Capture-The-Flag oder Plant-The-Bomb auch in vielen anderen Titeln findet, fehlt es den meisten Online-Shootern an der nötigen Prise PvE, um sich vom Rest abzusetzen. Genau hier schreitet Crytek zur Tat und spendiert seinem Free-2-Play-Kind mehrere Karten, in denen ihr zusammen mit einem kleinen Trupp gegen unzählige KI-Gegner antretet. Dabei gliedert sich das Getümmel in drei verschiedene Schwierigkeiten: Practice, Normal und Hardmode. Letzteren kann man nur im Zusammenhang mit der Daily-Mission spielen, sobald man diese beendet hat. Jeden Tag wartet dort eine andere Map auf euch, die ihr für erhöhte Belohnungen abschließen könnt. Seid ihr damit erfolgreich, wartet eben genannter Hardmode auf dieser Karte, welcher euch nach Abschluss einen nochmals doppelten Bonus bietet – wenn man überhaupt so weit kommt.

Wie bereits erwähnt, ist der Schwierigkeitsgrad in Warface überdurchschnittlich hoch und verlangt vor allem eine gute Koordination. Habt ihr eine Mission bereits gespielt, könnt ihr sie, für eine geringere Belohnung, immer wieder bestreiten. Wer gerne noch etwas üben möchte, benutzt einfach den Practice-Mode. Allerdings muss auch dafür die Karte zuvor schon mal gespielt worden sein. Durch seinen geringeren Anspruch ist dieser Modus ideal, um darin neue Waffen oder Ähnliches auszuprobieren, ohne seinem Team dabei zur Last zu fallen. Eure Mitsoldaten findet ihr generell entweder über ein komfortables Matchmaking-System oder ihr erstellt einfach selbst einen Raum. Dabei gibt es aufgrund des Rankings keine privaten Server. Jedes Match wird über das Gface-Portal gehostet und fällt eurer Performance daher auch nicht ins Gewicht.

Bessere Waffen gibt es im Shop

Ist eine Runde abgeschlossen, erhaltet ihr neben Erfahrung auch Geld, mit dem ihr euch im Shop neue Waffen und Ausrüstungsteile kaufen könnt, welche ihr allerdings zuvor freispielen müsst. Dabei ist es egal, welche Klasse ihr derzeit aktiv spielt, da die Freischaltungen übergreifend sind und ihr nicht mit jeder Klasse von vorne anfangen müsst. Passend zu jeder Konfession gibt es, ähnlich einem MMO, verschiedene Rüstungsteile, die ihr anziehen könnt und von deren Boni, wie zum Beispiel vermindertem Eigenschaden, höherer Präzision oder verbesserter Geschwindigkeit, ihr profitiert. Neben den regulären Waffen können auch andere Teile eures Gears, wie zum Beispiel Messer oder Granaten, erneuert werden.

Eine etwas heikle Angelegenheit sind die sogenannten Crown-Points, oder einfach Kronen genannt, welche nur die besten Spieler erhalten. Gehört ihr nach Abschluss einer Mission zu den besten 10%, erhaltet ihr, je nach eurem Rang, eine bestimmte Anzahl dieser Punkte. Damit lassen sich dann spezielle Waffen und Rüstungen kaufen, die neben ihren guten Werten auch einen besonders schicken Look bieten. So fällt man auch ganz sicher auf. Ob das auf dem Schlachtfeld besonders gut ist?

Damit ihr euch aber nicht bis zum Lebensende mit diesen Dingern vollstopfen könnt, haben die Entwickler ein Ablaufdatum eingebaut. Crown-Items sind meist nur zwei Wochen gültig, danach muss neu gekauft werden. Dies ist auf jeden Fall ein guter Anreiz für ambitionierte Spieler, um sich von der Masse abzuheben.

Ecken und Kanten

Auch wenn unser bisheriger Eindruck von Warfaces CoOp-Modus durchaus positiv ist, gibt es leider auch ein paar Dinge zu bemängeln. Allem voraus die Anzahl und Abwechslung der Maps. Wie es bei fast allen Militär-Shootern leider zur Marotte geworden ist, spielen die Missionen in den armen Wüstenregionen dieser Welt und passen damit zwar super ins Feindbild des Terrorismus, aber dennoch wäre hier und da ein wenig Innovation wünschenswert. Den Nahen Osten hat man in den letzten Jahren schon etwas zu oft gesehen und gerade ein Titel, welcher in der Zukunft angesiedelt ist, könnte doch auch etwas urbanere oder tropische Gefilde mit ins Boot holen. Das schafft selbst Call of Duty. Leider spiegelt sich diese Eintönigkeit auch in der Fülle der Missionen wieder. Während Crytek zuvor ankündigte, dass es lange dauern würde, bis Spieler die gleiche Mission als Daily Mission erneut zu Gesicht bekämen, hatten wir in der Beta öfter das Vergnügen, uns mit bekannten Maps herumzuschlagen. Manchmal spielt man sie auch einfach nur rückwärts, das hat dann was von Content-Wiederverwertung. Wer also tief in das Spiel eintauchen und viel Zeit mit Warface verbringen möchte, kommt sich schnell wie in einem Karussell vor, das immer an den gleichen Gesichtern vorbeifährt.

Optisch seiner Konkurrenz voraus

Schaut man sich ein wenig auf dem Free-2-Play-Markt um, sieht man sehr schnell, wo gerne und oft gesparrt wird: Grafik. Da haben es die Entwickler bei Crytek natürlich sehr leicht, da man ja nicht umsonst einen absoluten Boliden auf diesem Gebiet selbst erschaffen hat: die CryEngine. Zwar nur in der Version 2.5, aber seiner Konkurrenz an einigen Stellen immer noch weit voraus, findet diese auch in Warface Einsatz. So viel Schönheit hat natürlich auch ihren Preis und der heißt Hardware. Ihr benötigt einen halbwegs modernen Rechner, um die Online-Ballerei mit allen Vorzügen zu genießen. Allerdings fehlt dabei die gewisse Feinheit, welche die CryEngine immer im punkto Skalierbarkeit hatte. Ihr könnt nämlich kaum etwas einstellen. Wer also darauf hofft mit einer alten Kiste und allen Reglern auf null auch mitspielen zu dürfen, wird leider sein blaues Wunder erleben.

Ähnlich wie auch Battlefield 3 benutzt Warface keinen vollständigen Client, sondern lagert seine Menüs auf eine Web-App aus. Diese erreicht ihr über das Gface-Portal. Hier könnt ihr euch auch mit euren Freunden verbinden, Matches erstellen oder im Shop surfen. Ideal, wenn man nicht die ganze Zeit im Vollbildmodus hängen möchte und nebenher noch andere Anwendungen bedient. Allerdings hatten wir hier und da auch ein paar Verbindungsabbrüche zu verzeichnen, was aber auch gut und gerne dem Beta-Status zugrunde liegt.

Hier und da etwas zu aufreizend – der Itemshop

Bevor wir die Beta verlassen, werfen wir natürlich noch einen Blick in den Shop und schauen, was man da so alles für gutes Geld erwerben kann. Neben den üblichen Verdächtigen, Boostern und Starterpaketen, finden sich zum Beispiel auch Wiederbelebungsmarken, die nur im Tausch gegen Euro erhältlich sind. Mit diesen könnt ihr euch, zum Glück ausschließlich nur im CoOp, an Ort und Stelle wiederbeleben, wenn ihr das Zeitliche segnet. Dies ist natürlich ein Vorteil gegenüber anderen, allerdings helft ihr damit auch der ganzen Gruppe. Wer ein paar Groschen übrig hat, kann sich also der Schmach des Todes entziehen und sich sein Leben erkaufen. Jeder muss selbst wissen, wie locker ihm die Kohle sitzt, dass er sich dies leisten kann und will. Nötig ist es bei entsprechender Spielweise allerdings nicht.

Interessant ist aber, dass alle normalen Waffen und Rüstungen für Gface-Währung erhältlich sind, was dem Ganzen natürlich einen kleinen Pay-2-Win-Faktor verleiht, da diese Gegenstände auch im PvP benutzt werden können. Allerdings sind diese nicht exklusiv, daher kann auch jeder andere Spieler in deren Genuss kommen. Beruhigenderweise gibt es keine Gegenstände, die ausschließlich für echtes Geld erworben werden können, mit Ausnahme der Wiederbelebungsmarken. Hier muss man einfach abwarten, inwiefern sich dies am Ende auf den Spielfluss auswirkt.

Fazit: Richtig schön schwer

Die Beta-Server von Warface sind heruntergefahren und wir verlassen sie mit einem positiven Eindruck. Ja, das Spiel macht Spaß. Auch wenn wir in diesem Bericht kaum ein Wort über die PvP-Inhalte von Warface verloren haben, lässt sich doch zusammenfassen, dass der gute Ruf von Cryteks Games auch auf die Onlineebene zutrifft. Dass die Grafik eines Spiels, welches auf der CryEngine 2 basiert, mehr als gut ist, müssen wir wohl nicht näher erläutern. Auch das Gameplay geht gut von der Hand, wenn das „Sliden“ auch deutlich zu oft vorkommt und mehr erheiternd als ernsthaft wirkt. Allerdings sollte sich Crytek bei aller Erhabenheit dringend die Fülle und Abwechslung der Maps noch mal durch den Kopf gehen lassen. Ein wenig mehr von beiden wäre definitiv wünschenswert, damit die Soldaten nicht immer nur durch trockenen Sand traben müssen.

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