Willkommen zur ersten Ausgabe unserer neuen Artikelserie, passend zum 10. Geburtstag von World of Warcraft. Obwohl das erfolgreichste MMORPG der Welt erst seit Februar 2005 in Europa gespielt werden konnte, erschien es schon knapp vier Monate zuvor in den USA. Mit einer Gesamtspielerzahl von über 100.000.000 Accounts ist WoW zwar nicht das Urgestein, aber das omnipräsenteste Aushängeschild für das komplette Genre der Online-Rollenspiele. Wir wollen nun mit euch zu den Anfängen von World of Warcraft zurückreisen und jede Etappe in einem einzelnen Artikel behandeln. Unser erster Stopp führt uns dabei ganz weit zurück an das Ende des letzten Jahrtausends und reicht bis zum Angriff der Brennenden Legion auf die Open Beta.
Ein MMORPG wird geboren
Obwohl viele MMO-Fans immer wieder betonen, dass World of Warcraft nicht das erste Online-Rollenspiel war (was natürlich stimmt), reicht seine Geschichte bis in die späten 1990er Jahre zurück. Auch wenn World of Warcraft der direkte Nachfolger von Warcraft 3 ist, wurde mit seiner Entwicklung schon viele Jahre vor der Veröffentlichung des Echtzeitstrategie-Klassikers begonnen; nämlich bereits 1999. Es gibt sogar zwei Screenshots aus dieser Zeit, die wir hier im Absatz für euch eingebunden haben. Darauf ist gut zu erkennen, wie sich das MMO sogar während seiner fünfjährigen Entwicklungszeit optisch verändert hat. Enthüllt wurde WoW dann zwei Jahre später auf der ECTS 2001, zum 10. Jahrestag des Warcraft-Franchise. Ursprünglich baute Blizzards MMO noch sehr stark auf der Grafik-Engine von Warcraft 3 auf, bis man sich in den Jahren der Entwicklung immer weiter davon löste.
Schon im allerersten Konzept war es der Plan von Blizzard, bei WoW den eigenen Charakter mittels Quests sowie dem Töten von Monstern aufzuleveln und viele Spieler in einer riesigen persistenten Welt unterzubringen. Daran hat sich in den Grundzügen bis heute nichts geändert, auch wenn diese Vorstellung gleichermaßen typisch für das Genre sowie alle seine Vertreter war und ist. Allerdings gab es einige markante Unterschiede zum heutigen Standpunkt. Zum einen waren zuerst lediglich vier Grundklassen (Krieger, Zauberer, Kundschafter und Heiler) geplant, die sich dann in Unterklassen entwickeln konnten. Außerdem sah das erste Konzept noch übergreifende Handlungen (Chat, Gruppen usw.) zwischen beiden Fraktionen vor. Zum Glück entschied man sich für die strikte Trennung von Allianz und Horde, damit das MMO besser zur Geschichte von Warcraft 3: The Frozen Throne passte, dessen Entwicklung ja erst später begann.
2001 erschien der offizielle Cinematic-Trailer und wurde erstmals auf der ECTS gezeigt. Darin sieht man zwar leider keine Spielszenen, aber dafür am Ende einen Drachen, die es zwar im fertigen Spiel gibt, aber dem im Trailer nicht ähnlich sehen werden.
Die ersten Gebiete, die für World of Warcraft entworfen worden, waren übrigens Stormwind, der Wald von Elwynn und Westfall. Vor der Küste Westfalls gab es sogar noch eine Insel, die aber nie verwirklicht wurde. Auch existieren Belege von anderen Design-Entscheidungen, die es nie ins fertige Spiel schafften. So war Ironforge (Eisenschmiede) unter anderem als größte Stadt geplant und die Instanz Scholomance war ursprünglich ein offenes Gebiet. Der erste, für Spieler verfügbare Zauber, war übrigens „Blizzard“ – wie treffend! Der Flächenzauber bleibt allerdings Magiern vorenthalten.
Der erste Gameplay-Trailer von World of Warcraft erschien ebenfalls 2001 und zeigte schon eine deutlich bessere Grafik, als auf dem Screenshot, und sogar Grundzüge des Kampfsystems. Auffällig ist auch, dass Blizzard bereits das Interface ausgetauscht hatte. Bis zum UI, wie wir es aus dem späteren Spiel kennen, war es aber noch ein weiter Weg.
Auf der CD von Warcraft 3: Reign of Chaos wurde, als Datei „WowGameplay.blz“), ein weiteres Gameplay-Video ausgeliefert, das den Stand des Spiels im Jahr 2002 zeigt. Darin zu sehen ist bereits die Stadt Stormwind sowie ein Bosskampf in der (vermutlich!) Gurubashi Arena.
2003 – es geht los: Die Alpha startet
Wirklich spannend wurde es um World of Warcraft erst im Jahr 2003, als die Alpha des MMOs ins Rollen kam. Zuerst natürlich nur für Mitarbeiter und Freunde von Blizzard, später dann auch für erste eingeladene Tester aus der Community. Ebenfalls zeigte man einen bandaktuellen Trailer, der weite Teile der Spielwelt präsentierte. Darunter Donnerfels, die Hauptstadt der Tauren oder Teldrassil, die Heimat der Nachelfen.
Auf vielen Screenshots aus dieser Zeit ist bereits zu erkennen, dass World of Warcraft schon eine komplett andere Aktionsleiste und Charaktermodelle besaß – das MMO also schon die Form annahm, in der wir es später zu Gesicht bekamen. Ein Platz in der Alpha war dieser Tage aber mit Gold aufzuwiegen und so schafften sich viele Fans, die Blizzards MMORPG mittlerweile schon um sich gescharrt hatte, eigene Wege ins Spiel.
Der Alpha-Client fand schnell seinen Weg auf verschiedene Filesharing-Plattformen und mittels spezieller selbst geschriebener Sandbox-Tools konnte man einen Server simulieren und sich in die Spielwelt einklinken – auch wenn diese wegen fehlender Datenbanken und Skripte komplett leer war. Aber man hatte so immerhin die Möglichkeit, sich schon ein recht fertiges Azeroth anzusehen, was für viele heißblütig wartende Spieler eine Offenbarung war.
Der alte Client und die Server-Software ist sogar noch im Netz zu finden. Einige Fans nutzen sie sogar weiterhin, um in Erinnerungen zu schwelgen. Am Konzept dieser primitiven Programme wurde auch weiter gearbeitet, denn daraus entstanden die späteren „Privat Server“ (Freeshards) und die Sandboxen zu den Betas der Erweiterungen.
(Der Screenshot stammt aus der Beta 0.7)
2004 – die heiße Phase: Die Beta startet
Im März 2004 brannte die Hütte, im wahrsten Sinne des Wortes, als Blizzard die Tore zur Closed Beta von World of Warcraft in den USA öffnete. Schon Wochen vorher konnten sich die Fans dafür registrieren und die Plätze waren, anders als heute, verdammt knapp. Im deutschen Fernsehen durften wir die Jungs von Giga Games damals auf ihren ersten Schritten beobachten. Zu dieser Zeit umfasste WoW schon einen Großteil des für den Release geplanten Contents. So gab es schon alle Charakterklassen, tausende Quests und sogar Dungeons.
Allerdings haben sich viele Details noch bis zur Veröffentlichung hin geändert. So konnten Zwerge damals Magier werden, was noch während der Beta entfernt wurde, und Jäger verfügten ursprünglich nur über Lebenspunkte – sie hatten weder Mana oder Fokus, was natürlich auch nicht so bleiben durfte. Jäger und Schurken sollten Schilde nutzen können und Priester eine Nahkampf- sowie Schamanen eine Tank-Spezialisierung bekommen. Hexenmeister waren sogar für das Tragen von Lederrüstung vorgesehen. Gnomeregan war noch eine normale Stadt und viele kleine Dunkle Portale dienten als Instanzeingänge. Auch lustig: Ursprünglich war der Beruf „Survival Skills“ (Überlebensfähigkeiten) geplant. Dieser war dazu da, Lagerfeuer zu errichten oder Fackeln zu halten (das Urspiel war nachts um einiges dunkler). Allerdings entschied man sich, auf diesen Nebenberuf zu verzichten. Lagerfeuer haben es aber dennoch ins Spiel geschafft!
Es ist aus heutiger Sicht schwer zu unterscheiden, welche Änderung zu welchem Entwicklungszeitraum zugeschrieben werden kann. Dennoch ist es interessant, was sich alles bis zur Version 1.0 hin getan hat. Im Internet findet ihr viele Auflistungen mit weiteren coolen Fakten dazu.
Auf der E3 2004 wurde ein weiterer Gameplay-Trailer präsentiert, der einen umfangreichen Überblick über die Spielwelt und einige PvE-Inhalte gab. PvP war damals auch schon im Spiel, es gab aber weder Arenen noch Schlachtfelder. Spieler-gegen-Spieler ging also nur über Duelle oder in der offenen Welt. Der offizielle PvP-Server wurde sogar erst zum Ende der Beta hinzugefügt.
Wenige Tage vor dem Release, am 23. November 2004 (dem 10. Jahrestag von Warcraft), wurde die Beta für alle Fans freigegeben und konnte als Open Beta für Testzwecke vor dem Kauf genutzt werden. Am Ende dieser Phase startete Blizzard ein sehr interessantes Event, um die Beta zu beenden. Man spawnte mehrere übergroße Dämonen in allen Hauptstädten, um so den erneuten Angriff der Brennenden Legion und das Ende allen Lebens zu feiern. Danach gingen die Server offline und alle Charaktere wurden gelöscht.
Hat euch dieser Ausflug in die Geschichte von World of Warcraft gefallen? In der nächsten Woche machen wir mit der Veröffentlichung von WoW in den USA und Europa weiter. Neben vielen großen Abenteuern gab es auch unzählige Probleme zu meistern. Wenn ihr noch tolle Erinnerungen an die Zeit bis zum Start von The Burning Crusade habt, schickt sie uns einfach per E-Mail. Vielleicht schafft ihr es ja in den Artikel!