Von harten Panzerfahrern zu windigen Flugzeugakrobaten. Die bekannte Panzerschmiede Wargaming.net ist nun für ihren zweiten großen Streich bereit und will nach dem Millionenerfolg World of Tanks auch den Flugzeug-Shooter World of Warplanes in die luftigen Erfolgswinde heben. Nach einem halben Jahr Beta-Phase wurde das kostenlose Spiel nun endlich veröffentlicht. Ob die Fliegeraction auf die Erfolge der Panzer aufbauen kann oder ob es nach beherzten Flugversuchen doch ins Taumeln geraten wird, werdet ihr in unserem Test erfahren.
Flieger, grüß mir die Sonne
Mit World of Warplanes schickt Entwickler Wargaming seinen zweiten Kandidaten ins Rennen, der inhaltich exakt dasselbe Setting aufgreift, wie sein großer Bruder World of Tanks. Allerdings verlagert WoWP den Kampf diesmal in die Lüfte, da es in dem kostenlosen Onlinespiel darum geht, mit historischen Kampfflugzeugen in die Action zu starten. Dabei entpuppt sich der Titel als klassischer Multiplayer.
World of Wargaming?
Kommen wir direkt zum eigentlichen Spiel, denn dieses erscheint tatsächlich auf den ersten Blick wie ein World of Tanks (WoT) mit Flugzeugen. Die Oberfläche im Hauptmenü weist die gleichen Charakteristika auf, sodass sich alte Hasen schnell zurechtfinden werden. Zum Release stehen den Piloten exakt 100 Flugzeuge aus den fünf Nationen USA, Deutschland, Japan, Großbritannien und der Sowjetunion zur Verfügung. Dieses klingt zwar erst mal nach einer netten großen Auswahl, jedoch sollte man im Kopf behalten, dass WoT damals mit rund 150 Modellen gestartet ist.
Des Weiteren teilen sich die Flugzeuge in die drei Kategorien Jäger, schwerer Jäger und Schlachtflugzeug auf. Es gibt keine reinen Bomber und der Schwerpunkt liegt ganz klar auf den Jagdmaschinen. Zudem fällt dem geübten Auge auf, dass die Nationen nicht ausbalanciert sind und nicht alle Flugzeugklassen im Arsenal haben. Es leuchtet ja ein, dass Deutschland keine trägergestützten Jäger besitzt, aber das Japan als Flugzeugmacht im Pazifik nur ganze zehn Jäger zur Auswahl hat, kommt einem dann schon etwas komisch vor.
An dieser Stelle muss noch stark nachgebessert werden. Denn die einzelnen Länder sind dadurch zwar stark spezialisiert und können versuchen, ihre Stärken auszuspielen, aber sie sind ebenfalls in ihren Möglichkeiten sehr eingeschränkt und liefern teilweise keinerlei Gegenpart für einzelne Flugzeugklassen. Zudem lassen die Technologiebäume die bekannte Vielfalt und Wahlmöglichkeit aus WoT vermissen, sodass es tatsächlich sehr aufwendig ist, von einem russischen Schlachtflugzeug auf einen Jäger umzusteigen.
Einstieg für Dummies, das Dummies macht
Wie in fast jedem MMO startet die Karriere des Spielers im Tutorial, welches dieses Mal von Anfang an dabei sein wird. Es handelt sich dabei um drei recht kurze Einführungsmissionen. Die erste handelt von der rudimentären Steuerung und vom Abschießen feindlicher Flugzeuge. Die zweite erklärt euch den Kurvenkampf und den Angriff aus einem Sturzflug heraus („Boom and Zoom“). Die dritte Mission wirft euch dann einfach in ein Team-Gefecht mit Bots, in dem ihr alle Feinde abschießen müsst.
Das Einbauen eines Tutorials ist zwar immer eine gute Idee, jedoch hilft dieses euch hier kaum weiter. Falls jemand tatsächlich noch nie vorher hinter einem Steuerknüppel saß, kann es natürlich recht nützlich sein. Aber es erscheint doch etwas traurig, dass einem erklärt wird, dass man mit einem wendigen Flugzeug den Feind so lange kreisförmig verfolgen soll, bis man ihn im Visier hat. Wenn die Spieler im Gefecht tatsächlich dann solche einfachen Taktiken verwenden, sind uns so manch skurrile Momente in Erinnerung, in denen fünf oder mehr Flugzeuge im Kreis oder wahlweise auch in einer Spirale hintereinander her fliegen und versuchen sich abzuschießen. Diese Gefechtsaufstellung könnte dann eher unter die Kategorie „Flugzeug-Ballett“ fallen. Eine Einführung wie man einen Looping absolviert oder auch nur die Klappen zur besseren Steuerung verwendet, wäre hingegen definitiv notwendig, damit regelmäßig spannende „Dog-Fights“ ausgefochten werden.
Der Alltag des Piloten
Aber das Prunkstück jedes Wargaming-Titels sind ja bislang immer die automatischen Multiplayer-Gefechte gewesen. In diesen 15 Minuten langen Luftkämpfen treten zwei zufällige Teams gegeneinander an. Das Ziel hierbei ist es, alle Feindflieger abzuschießen oder den Luftraum zu dominieren. Durch zerstörte Bodenziele und Flugzeuge erhält das Team Punkte und solange man davon mehr als der Gegner hat, füllt sich eine Prozentleiste. Sobald diese voll ist oder der Feind keine Flugzeuge mehr besitzt, hat das Team gewonnen.
Das ist zumindest die Theorie, denn in der Praxis endet das Ganze meistens in einer wilden Hetzjagd, in der sich an markanten Stellen die Teams begegnen, wie ein Bienenschwarm herumwuseln und versuchen, sich abzuschießen. Dabei tummeln sich die Piloten meistens in einem sehr engen Raum, wodurch man das Gefühl bekommt, Flügel an Flügel zu kämpfen und keinen Raum mehr zum Manövrieren zu haben. So kommt es dabei sehr häufig zu Kollisionen mit den Verbündeten oder auch mit dem Feind. Schwere Jäger und Schlachtflugzeuge sind dafür eher ungeeignet und sollten lieber der Aufgabe nachgehen, Bodenziele zu zerstören. Obwohl diese Ziele gleichwertig mit Flugzeugen sind, erweist sich das als eine Sisyphusarbeit, denn bevor auch nur das anvisierte Ziel zerstört ist, sind bereits mehrere Flugzeuge abgeschossen. Die Bombenangriffe sind also in den meisten Fällen nur Bonus und entscheiden nicht wirklich den Ausgang der Schlacht. Zudem sind die Bombenziele auch noch über die gesamte Karte verteilt, dadurch ist es zwar einfacher, überhaupt mal Bodenziele anzugreifen, aber das ein einzelnes Lager irgendwo mitten im Nichts steht, erscheint dann wieder etwas unlogisch. Im krassen Gegensatz zu den recht taktischen Gefechten in World of Tanks stehen deshalb die Kämpfe in World of Warplanes. Es ist natürlich relativ kompliziert, mitten in einer Luftschlacht jederzeit die Übersicht zu behalten und dementsprechend dann auch zu reagieren, aber nichtsdestotrotz hat man im Spiel eher das Gefühl am Schießstand auf der Kirmes zu sein als in einem ernsthaften Onlinespiel. Hinzu kommt noch, dass sich das Ganze sehr schnell spielt und so die meisten Gefechte bereits nach fünf Minuten entschieden sind. Die eigenen Kameraden stören dabei meistens eher und schnappen die Ziele vor eurer Nase weg, und da am Ende ja sowieso eigentlich nur zählt, wer am meisten abgeschossen hat, ist der Egoismus meistens stärker als der Teamgeist.
Kann denn die Atmosphäre überzeugen?
Jein lautet leider auch hier die Antwort. Wie gewohnt sind die Flugzeugmodelle wieder sehr detailreich ausgefallen. Die Lichtstimmung, die weit über den Wolken natürlich sehr wichtig ist, überzeugt ebenfalls meistens, obwohl man auch diese schon besser gesehen hat. Nicht zu verachten sind natürlich auch die Luftkämpfe, die schön mit anzusehen sind, wenn ein Flugzeug auf sein Opfer hinabstürzt und dieses dann in tausend Teile zerbricht. Zudem gibt es viele unterschiedliche Karten, die auch mit reichlich Details geschmückt sind. Zur Auswahl stehen von einer Pazifikinsel bis zu einer sonnigen Alm fast alle bekannten Schauplätze des frühen 20. Jahrhunderts. Doch trotz Vielfalt und den Details mag sich eine Weltkriegs-Stimmung nicht wirklich einstellen und so hat man streckenweise eher das Gefühl, einen idyllischen Touristenrundflug zu veranstalten.
Einzig und allein das Donnern der KI-gesteuerten Flugabwehrgeschütze erinnert einen nämlich daran, dass man sich in einem Gefecht befindet. Abgesehen von diesen Flak-Geschützen tut sich aber erstaunlich wenig in der Welt. Auf Ozean-Karten tuckern wenigstens noch einige Schiffe umher, aber anstatt, dass diese die feindliche Flotte angreifen, begnügen sie sich damit, die Flieger unter Beschuss zu nehmen, während die zwei Schiffe friedlich aneinander vorbei schippern. Dabei ist auch fraglich, ob die KI-Schützen Zielwasser getrunken haben, da sowohl der Bordschütze als auch die Flak-Geschütze einen in den unmöglichsten Situationen noch treffen. Wer also zu lange in Bodennähe verweilt, kann so leicht vom Himmel geholt werden. Es kommt einem also so vor, als wollten die Entwickler, dass man sich lieber ganz auf das Gefecht konzentriere und nicht abgelenkt wird. Leider ist das aber nach einiger Zeit recht unspektakulär, da einem die Abwechslung fehlt.
Es gibt zurzeit nur einen Spielmodus und da dieser recht simpel ist, laufen alle Schlachten nach Schema F ab: Flieger finden, Flieger zerstören. Nach dem 50. Mal kann man das dann aus dem „FF“, aber Spaß und Abwechslung erfährt man dann nur noch selten.
Ausrüstung und Verbesserungen
Nach jedem Rundenende werden euch wie üblich Credits und Erfahrungspunkte gutgeschrieben, mit denen ihr dann bessere Ausrüstung und neue Flieger erwerben könnt. Hierbei hat Wargaming sehr gute Arbeit geleistet. Denn ebenso wie bei World of Tanks verbessert ihr zuerst euren Flieger, um schlussendlich neue Maschinen freizuschalten. Wer bereits das Panzerpondon gespielt hat, wird mit diesem System sofort gut zurechtkommen.
Und wie für Wargaming üblich, habt ihr wieder viele Verbesserungen zur Auswahl, sodass aus einer lahmen Krücke doch noch ein Überflieger werden kann. Besonders wichtig sind bei diesem Spiel natürlich auch die Sekundärbewaffnungen. So könnt ihr die meisten eurer Flugzeuge mit zusätzlichen Bomben oder ungelenkten Raketen ausstaffieren und diese dann wahlweise auch gegen eure Konkurrenten einsetzen.
Auch dieses Mal kann wieder Echtgeld zum Einsatz kommen. Damit könnt ihr euch Premium-Flugzeuge und Tarnfarben kaufen, womit ihr schlechter in Bodennähe zu erkennen seid. Auch in WoWP wird es wieder unterschiedliche Munitionsarten geben, die ihr etwa mit Credits oder Echtgeld bezahlen könnt. Dabei ist aber zu beachten, dass hierbei die verschiedene Munition nicht mehr so ausschlaggebend ist wie noch in WoT. Zwar sind panzerbrechende oder brennende Projektile immer noch recht praktisch, entscheiden sie aber nicht mehr den Ausgang eines Gefechts. Ein Flieger ist halt keine Festung und so schafft man es meistens immer, den Feind zu beschädigen. Natürlich hängt das dann aber auch wieder teilweise an den Flugskills der Piloten.
Die verflixte Steuerung!
Habt keine Sorge, ihr habt es hier nicht mit einem Flugsimulator aller War Thunder zu tun, denn Wargaming wies extra darauf hin, dass ihr Spiel keine solche Komplexität aufweisen wird und sich auch an Gelegenheitsspieler wendet. Nichtsdestotrotz stehen euch natürlich Joystick-, Gamepad- und Maussteuerung zur Verfügung, die ihr persönlich anpassen könnt. Besonders anzumerken ist, dass sich die Flugzeuge teilweise sehr unterschiedlich steuern, sodass man beim Umstieg von Doppeldeckern zu modernen Jagdflugzeugen doch plötzlich positiv vom neuen Handling überrascht wird. Nur erweist sich leider die Steuerung der Flieger als recht träge und zu grob. Mit der Maussteuerung, die sich nun mal an den Hauptteil der Spieler wendet, lassen sich diese Luftfahrzeuge nur rudimentär steuern und selbst nachdem man in der Tastenbelegung die Klappensteuerung gefunden hat, lassen sie sich immer noch nicht voll unter Kontrolle bekommen. Dieses ärgert einen am meisten, wenn man versucht, tollkühne schnelle Manöver zu fliegen und diese einem wegen der trägen Steuerung nicht gelingen. Ähnlich Kurioses kann einem widerfahren, wenn man versucht, eine Kurve zu fliegen und sich dann plötzlich in Bauchlage wiederfindet und dann auch so weiter fliegt, obwohl man doch das Flugzeug nur mal kurz nach rechts gezogen hat.
Für einen Spieler, der tatsächlich nur nach einem einfachen Flugzeug-Shooter sucht, ist diese normale Steuerung womöglich ausreichend, da es einem ja gelingt, Flieger vom Himmel zu holen. Wer aber eine präzise Flugzeugsteuerung gewohnt ist, wird sich nur schwer mit dieser zufriedengeben wollen. Zur Verfügung steht zwar in den Einstellungen die Möglichkeit, die Maussteuerung zu individualisieren, jedoch erweist sich das als sehr fummelig und höchst kompliziert.
Accounterstellung
Normalerweise würde ein Test-Artikel natürlich nicht detailliert auf die Accounterstellung eingehen, da diese immer gleich abläuft, aber begeisterte Wargaming-Fans wissen bereits, dass der Entwickler ein universelles Accountsystem eingeführt hat, wodurch World-of-Tanks-Spieler mit ihrem Account auch ohne Probleme World of Warplanes (WoWP) zocken können. Das erweist sich als sehr praktisch und ermöglicht es auch Premium-Spielern, ihre Vorteile in beiden Spielen zu nutzen. Zusätzlich sollen freie Erfahrungspunkte und Währungen zwischen den Spielen übertragen werden können. Dabei wird es sich aber nicht um riesige Beträge handeln, da freie Erfahrungspunkte meistens in den Spielen eher eine Mangelware sind und nicht in großen Mengen verfügbar sein werden, sodass tatsächlich ein riesiger Sprung in dem einem Spiel erzielt werden kann. Zudem könnte dieses Accountsystem bereits der erste Schritt auf dem Weg zur Zusammenlegung der drei Wargaming-Titel sein.